"Wir zwingen nicht - wir überzeugen"

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Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Josef Fill über erfolgreiche Beschäftigungspolitik und die Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt.

Mit 4,7 Prozent hatte Oberösterreich im Jahr 2002 die mit Abstand niedrigste Arbeitslosenrate aller Bundesländer. Was ist das Geheimnis dieses Beschäftigungserfolges?

Josef Fill: Für diesen Erfolg gibt es eigentlich kein Geheimnis. Was zählt, sind ein gutes Umfeld für die Unternehmen im Land - Stichwort Technologienetzwerk und aktives Standortmarketing für neue Betriebe und solche, die erweitern möchten - und aktives Zusammenwirken von Land, AMS und den Sozialpartnern. In Oberösterreich besteht seit vielen Jahren das "Forum Aktive Arbeitsmarktpolitik", in dem die Entscheidungsträger sachlich miteinander alle Facetten der Arbeitsmarktpolitik diskutieren und Lösungen suchen. Als wesentlichen Bestandteil des Erfolgs betrachte ich auch den Mitteleinsatz des Landes Oberösterreich für arbeitslose Personen, aber auch für nicht arbeitslose und qualifizierungswillige Personen. Dadurch sichern wir unserem Wirtschaftsstandort die entsprechenden Fachkräfte und erhalten die Attraktivität Oberösterreichs.

Das Land Oberösterreich hat schon vor Beginn des heurigen "Jahrs der Menschen mit Behinderung" gemeinsam mit der oberösterreichischen Wirtschaftskammer die Initiative "Einstellung, die sich lohnt" ins Leben gerufen. Inwiefern lohnt sich die Einstellung behinderter Menschen für Betriebe?

Josef Fill: Es gibt Meinungen, die davon ausgehen, dass Betriebe behinderte Personen auf Grund der Lohnkostenförderungen aufnehmen. Ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Betriebe dies nicht als den wesentlichen Anreiz sehen, was auch eine Studie der Universität Linz im Auftrag des Landes Oberösterreich bestätigte. Vielmehr wissen die Betriebe, dass auch oder gerade behinderte Personen ihre Aufgaben verlässlich erfüllen. Der entscheidende Beweggrund für die Betriebe ist, dass sie diesen Menschen die Chance geben, sich zu beweisen und für ihren Unterhalt selbst aufzukommen.

Bei dieser anonymen Befragung von Betrieben durch die Uni Linz hat sich gezeigt, dass 13 Prozent der Unternehmen die gesetzlich vorgegebene Quote sogar übererfüllen, viele dies aber noch nicht erreichen. Welche Anreize gibt das Land Oberösterreich, um bei diesen Betrieben ein Umdenken herbeizuführen?

Josef Fill: Wir haben gemeinsam mit dem AMS Oberösterreich die Implacementstiftung für Behinderte gestartet. In einer Kurzbeschreibung ausgedrückt geht es darum, dass für behinderte Personen ein Betrieb gefunden wird, bei dem sie Praxis sammeln können und nebenbei noch eine Theorieausbildung absolvieren. Dazwischen haben wir mit dem Verein Integratio (Land Oberösterreich und Wirtschaftskammer Oberösterreich) eine Einrichtung, die sowohl dem Betrieb als auch dem Auszubildenden stets beratend zur Seite steht. Wir wollen sicher nicht mit verstärkten Förderungen eine Beschäftigung "erzwingen", sondern mit Überzeugungsarbeit und guten Modellen.

Laut der Linzer Studie wird von den Betrieben der strenge Kündigungsschutz als größte Beschäftigungsbarriere empfunden. Soll es zu einer Lockerung kommen?

Josef Fill: Dies ist ein heikles Thema: Grundsätzlich sollen Menschen mit Beeinträchtigungen natürlich einen gewissen Schutz haben, andererseits meine ich, dass die Betriebsverantwortlichen sehr wohl sehr sorgfältig bei ihren Entscheidungen vorgehen und niemanden mutwillig entlassen.

Sie haben angeregt, Positivbeispiele der Integration behinderter Menschen in das Erwerbsleben vor den Vorhang zu holen. Gibt es einen Betrieb, der für Sie besonderen Vorbildcharakter besitzt?

Josef Fill: Es gibt jede Menge Positivbeispiele - jeder Betrieb, der mithilft, diesen Menschen eine Arbeit zu geben, ist ein solches. Mit dem Sonderpreis des Landes Oberösterreich im Rahmen von "Pegasus 2003" im Juni wird ein Best-Practice-Betrieb hervorgehoben. Dies aber vor allem deshalb, um andere anzuspornen.

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