Wird Ulster erneut bluten?

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Die Zeichen stehen wieder auf Sturm in Belfast. Am Sonntag wurde in einem dicht belebten Viertel der nord-irischen Hauptstadt ein Sprengsatz unter einem Polizeiauto entdeckt. Kurz davor hatten katholische Abgeordnete der Sinn Fein Partei und der gemäßigte Alliance-Party des Stadtparlaments "Weihnachtsgrüße“ protestantischer Extremisten erhalten. Pakete mit Schusswaffen-Patronen. Es sind dies die ersten massiven Drohungen seitdem 1998 im Karfreitagsabkommen ein Friedensschluss zwischen den verfeindeten Parteien der Katholiken und Protestanten gelungen war.

Doch nach Jahren der Ruhe zeigen sich Risse in dem notdürftig mit Kompromissen geflickten Frieden der halbautonomen Provinz. Auch scheinbar veraltete Auseinandersetzungen um die Frage von religiösen und nationalen Symbolen können Auslöser von Unruhen werden. Im Konkreten geht es um einen Beschluss des Stadtrates, den britischen Union Jack nicht mehr täglich auf dem Rathaus zu hissen, sondern nur noch an maximal 17 Tagen im Jahr. Anfang Dezember kam es deshalb zu schweren, politisch gesteuerten, Ausschreitungen von Sympathisanten der protestantischen Loyalisten.

Verzweifelte Appelle

Nachdem bei den Straßenschlachten mindestens acht Polizisten zum Teil schwer verletzt worden waren, appellierte der sichtlich schockierte Polizeipräsident Belfasts Will Kerr an die Organisatoren: "Politiker und alle Menschen mit Einfluss müssen alles tun, um die Gewalt des Mobs zu beenden.“

Doch nichts dergleichen scheint zu geschehen. Trotz der Versuche des protestantischen Parteiführers Mike Nesbitt, die Gewalt einzustellen, kommt es immer wieder zu lokalen Unruhen und Überfällen auf nordirische Polizisten. Insgesamt 40 wurden in den vergangenen Tagen Ziel von Angriffen und Anschlägen. Insgesamt drei Sprengstoffattentate verhinderte die nordirische Polizei in letzter Minute. So wurden sechs radikale Unionisten verhaftet, als sie mehrere Sprengsätze in der Stadt Londonderry verteilen wollten.

Doch auch die Katholiken haben ihren Teil zur Verschärfung der Lage beigetragen. Die "Neue Irisch republikanische Armee“ ist offenbar dabei, ihre terroristischen Aktionen wieder aufzunehmen. Schon im November erschossen Unbekannte einen Wachmann, der im Strafvollzug des Hochsichheitsgefängnisses von Maghaberry gearbeitetet hatte. In dem Gefängnis sind auch 40 Mitglieder der Untergrundorganisation inhaftiert. Die neuen Unruhen in der mühsam befriedeten Provinz geben selbst den USA zu denken. Außenministerin Hillary Clinton sah sich veranlasst, persönlich die Morddrohung gegen die Parteiführerin der moderaten Alliance-Party Naomi Long zu verurteilen (Long hatte sich für die Union-Jack-Reduzierung ausgesprochen) und die Parteien zu erinnern: "Demokratie verlangt Dialog, Kompromisse und den Einsatz aller, die Rechte aller zu verteidigen.“ (tan)

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