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Nicht nur in der römisch-katholischen, auch in der altkatholischen Kirche ist die Zulassung von Frauen zum Priesteramt umstritten.

Nein, "Spaltung" sei sicher nicht das richtige Wort, sagt der eine Bischof. Es handle sich um eine "Krise", sagt der andere. Und der dritte findet schließlich das Zauberwort, das alle drei Bischöfe im Gespräch mit der Furche erleichtert aufgreifen: Eine "Herausforderung" sei es, was sich derzeit in der altkatholischen Kirche bezüglich der Frauenordination abspiele.

Wie immer man es nun nennen will - eines ist klar: Auch in der altkatholischen Kirche scheiden sich die Geister an der Frauenfrage.

Als am Pfingstmontag 1996 in Deutschland die beiden ersten altkatholischen Priesterinnen geweiht wurden, brach die Polish National Catholic Church (PNCC) in den USA die Kirchen- und Kommuniongemeinschaft mit der altkatholischen Schwesterkirche. Dasselbe geschah zwei Jahre später anlässlich der Priesterinnenweihe in Österreich. Die PNCC gehört wie die altkatholischen Kirchen Deutschlands und Österreich zur Utrechter Union, einem Zusammenschluss verschiedener selbständiger Kirchen Europas und Nordamerikas. Die Utrechter Union, gegründet 1889, ist damit zur Zeit keine volle Sakraments- und Kirchengemeinschaft mehr.

Schadensbegrenzung

Bei der Tagung der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz (IBK) der Utrechter Union letzte Woche in St. Gabriel/Mödling bemühten sich 13 Bischöfe aus aller Welt um Schadensbegrenzung. "Ja, wir sind bezüglich Frauenordination in einer Krise, für deren Lösung wir viel Geduld brauchen", sagt Joris Vercammen, Erzbischof von Utrecht/Niederlande und Ehrenvorsitzender der IBK. Derzeit existierten drei Lager in der altkatholischen Kirche: Eine Gruppe - allen voran die Niederlande, Deutschland, Österreich und die Schweiz - würde die Frauenordination akzeptieren; in Polen und Tschechien würde derzeit noch über die Frage diskutiert; nur die PNCC lehne Priesterinnen ab. Für sie sei die Frauenordination keine Frage kirchlicher Disziplin, sondern Glaubensangelegenheit. "Die Apostel waren nun einmal keine Frauen!" gibt sich der Vertreter der PNCC, Bischof Robert Nemkovich aus Chicago, kurz angebunden. "Wir können daran nichts ändern, auch wenn die Leute das wollen." Eine knappe Handbewegung unterstreicht: Da gibt es nichts zu diskutieren.

Zum gern gepflegten Image von der stets toleranten und diskussionsbereiten altkatholischen Kirche will ein solches Auftreten nicht recht passen. Und so übt Joris Vercammen sich in Kirchendiplomatie: "Wir müssen lernen, diese Unterschiede auszuhalten und auf respektvolle Weise zu akzeptieren." Und vage fügt er hinzu: "Wir suchen nach einem neuen Haus, nach einem Konsens im Dissens."

Wie auch immer der aussehen soll - den römisch-katholischen Weg gehen will man nicht. "Es gibt im Leben der altkatholischen Kirche Spannungen: Auf der einen Seite laufen an der Basis demokratische Prozesse unabhängig voneinander ab. Auf der anderen Seite müssen die Bischöfe die Einheit wahren", sagt Vercammen. "Rom hat dieses Problem durch eine starke Zentralisierung gelöst. Das Motto lautet: Geht auf Linie, macht den Laden dicht! Mit diesem Kurs ist die römisch-katholische Kirche eine große Kirche geworden. Doch vielfach nimmt sie die Realität mit ihren Konflikten gar nicht mehr wahr. Wir dagegen meinen, dass Spannungen ausgehalten werden müssen. Das ist Menschenpflicht und eine riesige Herausforderung!" Angesichts solch freundlicher diplomatischer Vorgaben ringt sich auch Bischof Robert Nemkovich ein "We will see, if it's of God" ab.

Bis ein ökumenisches Weltkonzil die Frage der Frauenordination endgültig geklärt hat, sind in der altkatholischen Kirche die Regionalsynoden am Zug. Rein zahlenmäßig ist noch keine ernsthafte Gefährdung der Männerbastion in Sicht. In Österreich wirken heute zwei altkatholische Priesterinnen, in der Schweiz eine, in Deutschland zwei. Joachim Vobbe, Bischof der Altkatholiken in Deutschland, hat dennoch den Eindruck, dass der Damm gebrochen ist. Die PNCC mit ihrer Position habe sich "ein Stück weit isoliert", sagt Vobbe vorsichtig. Sein Schweizer Kollege, der christkatholische Bischof Fritz Renè Müller, berichtet von "unverblümten Diskussionen" und "roten Köpfen". Letztere habe es vor allem bei der Frage nach der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gegeben - eine Diskussion, die von den amerikanischen Kollegen schon im Keim erstickt worden sei.

Verständnis für Frauen

Wie beurteilen die altkatholischen Bischöfe die aktuellen Diskussionen um das Frauenpriestertum anlässlich der Priesterinnenweihe vergangenen Samstag? "Ich habe immer noch die Hoffnung, dass sich auch in der römisch-katholischen Kirche namhafte Kreise für die Frauenordination aussprechen", sagt Müller. "Ich glaube, dass sich manche hinter dem Argument, die Frauenordination sei reine Glaubensangelegenheit, verschanzen. Das Priesteramt hat doch mit dem Geschlecht nicht viel zu tun. Ein Mensch steht in erster Linie der Gemeinde vor, nicht ein Mann. Jesus hat kein Wort zu dieser Angelegenheit gesagt. Insofern habe ich Verständnis, wenn Frauen gegen Ungleichbehandlung protestieren."

So sehr ihm seine niederländischen, österreichischen und deutschen Kollegen auch beipflichten, so einhelliges Kopfschütteln herrscht angesichts der Art und Weise, in der am Samstag die Priesterinnenweihe von Christine Mayr-Lumetzberger und sechs weiteren Frauen vonstatten ging (siehe Interview links). "Für mich ist das Amtsverständnis dieser Frauen sehr problematisch", sagt Joris Vercammen. "Wie kann man eine Priesterin weihen ohne eine Gemeinde? Eine priesterliche Berufung ist nicht nur eine Frage der persönlichen Sehnsucht, sondern bedarf der Akzeptanz der Kirche. Diese Frauen suchen nicht nach der Lösung von Problemen, sondern erzeugen nur neue Spannungen und Konflikte. Auf diesem Weg und mit diesem Amtsverständnis werden sie die Kirche nicht erneuern!"

Und dennoch: "Die Frage der Frauenpriesterweihe ist wie ein Ball, den man unters Wasser zu drücken versucht", bringt es Bernhard Heitz, Bischof der Altkatholiken Österreichs auf den Punkt. "Er springt immer wieder nach oben!"

Interview "Und Jesus hat Frauen geschickt!" Das Rätselraten um die Priesterinnenweihe ist vorbei. Am 29. Juni hat der episcopus vagans, Romulo Braschi, sieben Frauen auf einem Donauschiff zu Priesterinnen geweiht. Die Furche bat ihre Sprecherin, Christine Mayr-Lumetzberger, zum Interview.

Die Furche: Die Priesterinnenweihe ist vorbei. Werden Sie jetzt öffentlich den Primiziantinnensegen spenden?

Mayr-Lumetzberger: Nein, nein! Ich will öffentliche Provokationen und Eklats vermeiden. Ich habe schon immer ein priesterliches Leben geführt, war immer schon mit den Menschen unterwegs zu Gott. Wenn mich jemand um meinen Segen bittet, erteile ich ihm den Segen wie bisher auch.

Die Furche: Ihre Weihe ist laut Kirchenrecht ungültig. Sowohl der Bischof, der jemand ohne päpstlichen Auftrag weiht, als auch Sie, die Geweihte selbst, ziehen sich die Strafe der Exkommunikation zu.

Mayr-Lumetzberger: Das weise ich entschieden zurück. Wenn Männer ungerechtes Recht über Frauen verkünden, das nicht demokratisch legitimiert und sexistisch ist, ist dieses Recht nicht bindend. Wir sind nicht exkommuniziert!

Die Furche: Stört es Sie nicht, dass Romulo Braschi und seine "Katholisch-Apostolisch Charismatische Kirche Jesus König" in der Schweiz in Verbindung mit reichlich ominösen Exorzismen und sektiererischer Esoterik gebracht wird?

Mayr-Lumetzberger: Das sind infame Verleumdungen! Romulo Braschi gehört der charismatischen Kirche an, aber das ist ja nichts Schlechtes. Er steht in apostolischer Sukzession und ist untadelig. Alle Vorwürfe haben sich bei näherer Betrachtung in Luft aufgelöst. Im Übrigen hätte uns die Kirche ja einen besseren Bischof schicken können!

Die Furche: Wieso sind Sie nicht zur altkatholischen Kirche Österreichs übergetreten?

Mayr-Lumetzberger: Weil sich dann für eine halbe Milliarde Katholikinnen nichts bewegen würde. Wir sind dankbar für die Vorkämpferinnen der Frauenordination in der altkatholischen und anglikanischen Kirche, aber wir sind und bleiben römisch-katholisch.

Die Furche: Kardinal Christoph Schönborn hat bei der Priesterweihe vergangenen Samstag im Wiener Stephansdom einen eindringlichen Appell nach mehr Priesterberufungen an die Gläubigen gerichtet.

Mayr-Lumetzberger: Man kann dem Heiligen Geist nicht vorschreiben, wen er beruft. Sie haben um Priester gebeten. Und Jesus hat Frauen geschickt!

Das Interview führte Angelika Walser.

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