6734439-1966_14_08.jpg
Digital In Arbeit

„Zornige junge Mönche“ (II)

Werbung
Werbung
Werbung

Ein Hauptproblem, das unsere klösterliche Jugend beschäftigt, isrt der Gegensatz zwischen den Anforderungen des Klosterlebens und der Arbeit, die getan werden muß, Apostolat! Das Volk braucht uns! Unsere Klöster müssen priesterliche Arbeitsteams werden! In anderen Orden wieder verschlingt der aufreibende Schulbetrieb alle Kräfte. Man möchte daneben, wie bei der Seelsorge, das Klosterleben mehr als Entspannung sehen (wie der Familienvater seinen Feierabend), nicht als neue Belastung! Der Erhaltung der Schaffenskraft wie auch der Stimmung wäre dies sehr zuträglich.

Hören wir wieder die Kritik unserer Jugend: Warum so furchtbar früh aufstehen, bei nachtschlafender Zeit? Wozu eine eigene Betrachtung, wozu Partikularexamen und Gewissenserforschung … wäre es nicht besser, dies alles dem Ermessen des einzelnen zu überlassen, statt Zwangsjacken anzulegen und Gewissensnöte zu schaffen? Warum abends die Komplet so früh — das raubt unserer Klosterfamilie die Gemütlichkeit der Abendstunde, es bricht immer wieder unerbittlich ein gerade in Schwung gekommenes Zusammensein ab, weil „es Zeit ist“! Unsere mittelalterlichen Ordensregeln nehmen keine Rücksicht darauf, daß es Morgen- und Abendmenschen gibt.

Schon früher gab es solche Kritik in den Klöstern. Man bezeichnete sie als unberechtigte „murmuratio“ und bestrafte sie. Heute hört man endlich darauf und sucht das Falsche vom Richtigen zu scheiden. In mancher Hinsicht sind die vorgebrachten Ansichten einseitig, überspitzt, wohl auch mitunter übertrieben und unberechtigt. Eine Reaktion ins andere Extrem. Aber in vieler Hinsicht haben sie ohne Zweifel Recht und sind sehr ernst zu nehmen. Ein großer Teil dieser Ideen, die seit langer Zeit schon bei Visitationen mehr oder weniger bescheiden vorgetragen i wurden, werden. sich allmählich durchsetzen.

Das Kloster der Zukunft

, Es besteht allerdings bei all diesen Ideen die Gefahr, daß man übers Ziel hinausschießt, sich möglichst von jeder Form und Bindung losmachen will und einen Extremismus vertritt, der das Ende vieler Ordensformen bedeuten würde.

Hat ein Priesterorden, bei dem die Seelsorge nicht für alle an erster Stelle steht, wirklich keinen Sinn mehr? Kann das Klosterleben nicht unter Umständen auch Hauptziel, das Priestertum nur Nebeniaufgabe sein? Es gibt manchen Ordenspriester, der im Klosterleben, in der Wissenschaft, im Unterricht und dergleichen seine ganze Erfüllung findet, der aber auch die gelegentliche Apostolatsarbeit, die er auf sonntäglichen Aushilfen zu erfüllen hat, sehr schätzt und keineswegs auf sie verzichten möchte. Das viele Gute, das er dabei leistet, ist sicher nicht umsonst. Soll man wirklich radikal trennen: Was Laien tun können, sollen Laien tun, Priester sollen sich ausschließlich ihrer Arbeit widmen?

Dieses einseitige Überbetonen des seelsorglichen Charakters des Priestertums geht so weit, daß die jun-

gen Stürmer in alten Seelsorgs- orden selbst die Choralämter aibge- schafft und das Chorgebet stark reduziert wissen wollen. Nur mit dem Volk Gottes hat das alles Sinn, sagen sie, ohne es ist es Klerikalis- mus und daher hinderlich. Im Strei-

chen und Abschaffen finden sie kein Ende. Wenn man die Ideen, die diese jungen Extremisten auskochen, logisch zu Ende denkt, kommt etwa folgendes Bild eines Klosters heraus:

Man lebt in einer Arbeiterbaracke oder in einem Bungalow, je nachdem die Regierung östlich oder westlich ist. Man trägt keinen Habit, sondern Zivil, nach Möglichkeit einen Arbeiterkittel. Es gibt keinen Ordensnamen. Der Obere ist Kamerad unter Brüdern. Morgens hat man eine Andeutung von gemeinsamem Chorgebet auf deutsch, darnach eine kon- zelebrierte Messe mit dem Volke Gottes. Nach dem Frühstück besteigt jeder sein Fahrzeug und begibt sich an irgendeine Arbeit, entweder gemeinsam oder einzeln: in der Seelsorge, in der Schule, in einem Betrieb. Zum Essen kommt man nur zusammen, wenn man Zeit hat, einen Abend in der Woche hält man sich für die Gemeinschaft frei, da bespricht man dann gemütlich alle Berufsfragen. Als Ordensregel gilt in der Hauptsache das Evangelium und die Liebe Christi. Je weniger Bindungen, desto besser.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung