Zu wenig Politik-Streit in Berlin

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Dort kommen sie gerne hin, weil ihnen Beifall sicher ist - so wurden die zahlreichen Auftritte von Politikern und Politikerinnen am Ökumenischen Kirchentag kommentiert. In der Tat: Unter den vielen Veranstaltungen in Berlin fand sich eine ganze Reihe mit Gästen aus der Politik. Angela Merkel legte die Bibel aus, Wolfgang Thierse begeisterte die Zuhörer mit seinem Konzept für eine Demokratiereform, Kanzler Schröder blieb trotz diverser Gipfelverpflichtungen und Sonderparteitag länger als geplant und genoss in lockerer Stimmung die Auseinandersetzung mit jungen Leuten zum Thema Europa.

Gerade er hatte allerdings Grund, den Auftritt am Kirchentag zu genießen: Sowohl der Ratsvorsitzende der EKD, Manfred Kock, wie der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, hatten ihm offen für die Agenda 2010 den Rücken gestärkt.

Dieses freundliche Miteinander von Kirchentag und Politik war nicht immer so. Ich erinnere an den Kirchentag 1981 in Hamburg, der vom NATO-Doppelbeschluss geprägt war. Die damaligen Auftritte von Politikern konnten nur unter massivem Einsatz der Sicherheitskräften über die Bühne gehen. Der Kirchentag wandelte sich zur ersten großen Demonstration gegen Pershing und Cruise Missiles.

"Zeitansage", das war das Schlüsselwort für die Funktion eines Kirchentages. Bischöfin Margot Käßmann stellt bedauernd fest, dass es in Berlin nicht dazu gekommen ist. Warum? Hat es dafür nach dem Ende des Irak-Krieges kein Thema mehr gegeben? Ist alle Energie bei der Premiere eines ökumenischen Kirchentages in die dominante Frage des gemeinsamen Abendmahles geflossen? Das würde bedeuten, dass Stillstand in der theologischen Lehrauseinandersetzung sich auf das gemeinsame Handeln der Kirchen in der Welt lähmend auswirkt.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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