Zum ora das labora geben

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Zehn Jahre nach Erscheinen des Sozialhirtenbriefs startet das Projekt Sozialwort. Absolutes Novum daran: 14 christliche Kirchen in Österreich erheben gemeinsam die soziale Lage.

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Zehn Jahre nach Erscheinen des Sozialhirtenbriefs startet das Projekt Sozialwort. Absolutes Novum daran: 14 christliche Kirchen in Österreich erheben gemeinsam die soziale Lage.

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Zum ora komme nun auch das labora dazu, stellte der Metropolit der Griechisch-Orthodoxen Kirche in Österreich, Michael Staikos, bei der Präsentation des Projekts Sozialwort fest. Die gemeinsame Erstellung eines Berichts über die soziale Lage in den verschiedenen christlichen Kirchen und in der Gesellschaft ist für Staikos nicht nur ein "konkreter Schritt auf dem Weg zur Einheit" und ein "Zeichen, das die Kirchen der Gesellschaft schulden", sondern auch eine überzeugende Antwort auf jene Vorwürfe, die der Ökumene "nur ein gemeinsames Beten und Singen" zugestehen.

Etwas Anachronistisches hatte die Pressekonferenz zum Start des Projekts Sozialwort Mitte vergangener Woche allerdings schon an sich. Während Vertreterinnen und Vertreter von 14 christlichen Kirchen ihr Vorhaben präsentieren, in sozialen Fragen mit einer Stimme zu sprechen, kreist die von Rom ausgelöste Debatte noch um die grundsätzliche Frage, ob einige der beteiligten Kirchen sich überhaupt Kirchen nennen dürfen. "Störungen haben Vorrang", wusste die Vorsitzende im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), die Katholikin Christine Gleixner, und stellte deswegen zu Anfang der Präsentation unmissverständlich klar, dass die Zusammenarbeit der Mitgliedskirchen des ÖRKÖ "in bewährter Weise fortgesetzt" werde. Dabei wollte man mit der Verschiebung des ursprünglich in der Fastenzeit geplanten Projektstarts schon einmal der ungünstigen Großwetterlage - damals den politischen Turbulenzen im Land - ausweichen. Dass dem politischen Wolkenbruch ein kirchlicher Schauer folgen würde, konnte aber niemand voraussehen.

Geben die Kirchen die richtigen Antworten?

Das Projekt Sozialwort gliedert sich in drei Phasen. In Phase eins, wird eine Standortbestimmung unternommen. Bei sich selbst anfangen, lautet die Devise mit der die sozialen Einrichtungen und Initiativen der Kirchen zu einer kritischen Überprüfung ihrer Praxis eingeladen werden. Sich selbst fragen, ob die Kirchen im Stande sind, die richtigen Antworten auf die brennenden sozialen Fragen von Heute zu geben, nennt Michael Chalupka von der evangelischen Diakonie Österreichs die Bedeutung des ersten Projektschritts. Wobei für Chalupka "evangeliumsgemäßes Qualitätsmanagement" das Kriterium für die Praxis der Kirchen ist. Erst wenn dieses erhoben und gesichert ist, können die Kirchen für die Sozialpolitik kritischer und kompetenter Gesprächspartner sein.

Phase zwei stellt die Zusammenfassung der Ergebnisse zu einem Sozialbericht dar, der in der dritten Phase die Grundlage des Sozialworts bietet. Zurück zu Phase eins: Mit Fragebögen wird die soziale Praxis der Kirchen erhoben. Was soziale Gruppen, Initiativen, Einrichtungen und Gemeinden leisten, welche Probleme sie bei ihrer Arbeit haben, ihre Forderungen und Wünsche werden bis Mitte Jänner kommenden Jahres gesammelt und in weiterer Folge in Form des Sozialberichts beziehungsweise des abschließenden Sozialworts an Gesellschaft, Politik und Kirchenleitung weitergegeben.

"In einer Zeit, da eine wachsende Zahl von Menschen ausgegrenzt und überhört wird", wie es der Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern während der Pressekonferenz beschrieben hat, belässt es der ÖRKÖ aber nicht bei der Erstellung des Sozialworts, sondern plant darüber hinaus die Einrichtung eines "ökumenisches Monitoring". Ziel des ökumenischen Begleitvorgangs - wie der ÖRKÖ Monitoring ziemlich harmlos übersetzt - ist es, die prophetische Aufgabe der Kirche wahrzunehmen. Nicht Zensuren will man verteilen, noch in irgend einer Weise parteipolitisch ausgerichtet sein, sondern die politische Urteilskraft schärfen. Andererseits heißt Monitoring aber auch überwachen und prüfen, oder wie Metropolit Staikos sich ausdrückte, "Richtlinien zu geben, was christliche Prinzipien sind."

Infos unter: www.sozialwort.at Oder: Kath. Sozialakademie Österreich, Schottenring 35/DG, 1010 Wien Tel.: 01/310 51 59 Fax: 01/310 68 28

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