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Zur Frage der Laienkatecheten

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„Wenn es einen Bereich gibt, wo der Laie zur Untätigkeit in der Kirche verurteilt zu sein scheint, ■ dann sicher auf dem Gebiet der Lehre; der Bischof schreibt ihm autoritativ vor, was er als Wort Christi zu glauben hat. Der Protestant dagegen vergleicht das“ Bekenntnis seiner Kirche und die Predigt seines Pastors mit der Bibel, um dann selbst zu bestimmen, was für ihn Gegenstand des Glaubens sein soll. Er erwirbt sich dadurch einen ausgeprägten Sinn für seine personliche Verantwortung, die in dieser Form dem Katholiken fremd bleibt. Dafür erfährt dieser das wohltuende Vertrauen auf den gesicherten Besitz des göttlichen Wortes im Schöße 'der Kirche.“ (Gerard Philips, Der Laie in der Kirche, Sahburg 195 5, S. 126.)

Der Katholik findet es selbstverständlicher, unter der Kanzel zu sitzen und zu hören, als selbst zu sprechen. Er nimmt an, ohne zu kritisieren, es sei denn, über die mehr oder weniger gute Beredsamkeit des Predigers, hierin aber fühlt er sich sehr frei. Wenig bewußt ist ihm die Pflicht, die auch er dem Worte Gottes gegenüber hat, nicht bloß zu hören und anzunehmen, sondern sich auch von der Wahrheit zu durchdringen, um sie dann ausstrahlen zu lassen. Kaum in Angriff genommen ist unter den Laien der katholischen Kirche die Erfüllung des Auftrages der Glaubensverkündigung. Die Ausbreitung der religiösen Ueber-zeugung im privaten Bereich hängt weitgehend von den Laien ab.

„Damit wird noch keineswegs von den Laien verlangt, daß sie predigen. Sie können die gelebte Wahrheit in ihren persönlichen Beziehungen von Mensch zu Mensch mitteilen. Wenn sie in dieser Hinsicht noch wenig gearbeitet haben, dann wird es Zeit, sich baldigst darauf einzustellen. Sekten und Kommunisten verlegen sich mit weit mehr Eifer auf die Verbreitung ihrer Ideen. Die Katholiken kennen einander selbst kaum. Sie machen kein Aufsehen, sondern sind zufrieden, unbemerkt ihres Weges ziehen zu können.“ (Ebd. S. 141.)

Unsere Intellektuellen behaupten noch vielfach, mit dem Glauben der einfachen Leute auszukommen. Ehrfurcht vor diesem Glauben ist sehr lobenswert, aber die Unsicherheit, die aus einer solchen religiösen Genügsamkeit entsteht, ist nicht ungefährlich. Die Angst, man könnte durch Nachdenken sich in unlösliche Schwierigkeiten verwickeln oder der Kinderglauben könnte in Staub zerfallen, die Unfähigkeit, sich im Gespräch den Andersgläubigen und Ungläubigen zu stellen, ist nicht nur ein Versagen nach außen, sondern schwächt auch den inneren Glauben. Nur der gläubige und wohlunterrichtete Christ von gutem Charakter weckt Lebensmut.

Einigen Laien wird außerdem ein amtlicher Auftrag erteilt, Religionsunterricht abzuhalten. Der Kanon 1333 des katholischen Kirchenrechtes verpflichtet den Pfarrer, falls er selbst verhindert wäre, für die religiöse Unterweisung der Jugend andere in seinem Territorium wohnhafte Geistliche oder Kleriker zu verwenden und, wenn es notwendig wäre, auch Laien. Laien können also auch eine kirchliche Sendung (missio canonica) zur Glaubensverkündigung erhalten. Diese besagt allerdings nicht eine kirchliche Lehrgewalt im eigentlichen Sinne. Die Missio canonica der Laien ist vielmehr nur eine „Bestätigung und Bürgschaft“ von seifen der Kirche. (Vgl. ebd. S. 144.) Religiöse Bildungsarbeit ist immer ein Wagnis. Jeder, der es auf sich nimmt, muß erfüllt und ergriffen sein vom Glauben, den er vermitteln will: Nur mit tiefer Demut und einer bis an die Wurzeln reichenden Selbstentsagung und einer sich selbst vergessenden Liebe dürfen Erzieher, Laien wie Priester an diese Aufgabe herangehen. Technisches Können und Anpassungsfähigkeit spielen dabei nur eine sekundäre Rolle.

Das Institut der Laienkatecheten hat sein Musterbeispiel in den M i s s i o n s-1 ä n d e r n, wo die Zahl der Katechisten die Zahl der Missionäre um das Zehnfache übersteigt. Man kann daraus ermessen, daß der religiöse Einfluß dieser Katechisten ein sehr großer ist. Meist sind diese selbst erst kurze Zeit Christen, und trotzdem wurde ihnen schon diese Stellung von so hoher Bedeutung anvertraut. Wir können daraus wenigstens ersehen, daß die Institution der Laienkatecheten in der Kirche keineswegs neu ist.

Welche Wege lassen sich nun wenigstens denken in der Neuerrichtung dieses Instituts, wie sie tatsächlich schon im Gange ist? Diese Frage soll hier ganz unvoreingenommen und ohne diese oder jene Entwicklung vorwegnehmen zu wollen, gestellt werden.

In der herrschenden Form des schulischen Religionsunterrichtes lassen sich mehrere Formen des Laieneinsatzes denken.

Die erste Form ist der b a up t b e r u f-liehe L a i e n k a t e c h e t. Dieser Weg wurde bereits beschritten. Damit entsteht auch in unseren Ländern ein neuer kirchlicher Laienberuf, nachdem es schon andere derartige Berufe, wie den der Seelsorgehclferin, gibt. Im kirchenrechtlichen Sinne kann man diese Stände natürlich nur in analoger Weise „kirchliche Stände“ nennen, weiL Jas kanonische Recht diese Stände noch gar nicht kennt. In einem aber s|nd sie den eigentlichen Ständen der Kirche ähnlich: sie erhalten ihre Sehdung vom Bischof und stehen daher auch in besonderer Abhängigkeit von ihm. Wie weit sich diese Abhängigkeit nicht nur auf die Ausübung des Amtes, sondern auch auf die Lebensführung erstrecken muß, kann man nicht ohne weiteres bestimmen: ob z. B. von diesem Stand die Ehelosigkeit gefordert werden muß, welche religiöse und moralische Verpflichtungen als unerläßlich gefordert werden müssen. Jedenfalls können die Ordinarien solche Verpflichtungen festlegen und auch unter Sanktionen fordern.

Eine spezielle Form dieses neuen kirchlichen Standes wäre eine kirchliche Gemeinschaft in der Gestalt einer religiösen Kongregation, eines weltlichen Instituts oder einer frommen Vereinigung, die sich das Apostolat der Katechese zur Aufgabe stellt, ihre Mitglieder dafür ausbildet und in der Erfüllung dieser Aufgabe lenkt und leitet. Diese Katecheten wären aber nicht Laien, sondern Ordensleute. Dem Bischof, dem sich die Mitglieder einer solchen Gemeinschaft für die Katechese zur Verfügung stellen, obliegt die Ueberprüfung der notwendigen Berufskenntnisse und der Tauglichkeit. Das Problem der Ausbildung sowie auch der Weiterschulung und der persönlichen religiösen Führung wäre damit gelöst. Ob es jemals zur Bildung eines solchen Instituts kommt, entzieht sich unserer Erfahrung. Es wäre aber jedenfalls sehr zeitgemäß.

Doch scheint uns noch ein dritter Weg möglich zu sein. Lehrer, die an öffentlichen Schulen unterrichten und sowohl die Fähigkeit wie auch die Bereitschaft besitzen,. Religionsunterricht zu erteilen, werden von der Kirche mit dieser Aufgabe betraut. '

Allerdings wären in diesem Falle Verhandlungen zwischen den kirchlichen und staatlichen Stellen notwendig, damit die erteilten Religionsstunden bei der Berechnung der Lehrverpflichtung gleich wie die übrigen Stunden gewertet würden. Eine Voraussetzung auf seilen der Lehrer müßte in dieser Lösung allerdings streng gefordert werden: Die Lehrkraft, die Religionsunterricht erteilen will, müßte sowohl im Lehrkörper als auch bei den Schülern echte Autorität besitzen. Diese Lösung scheint uns einige Vorteile in sich zu schließen. Ein Religionslehrer, der gleichzeitig auch Lehrkraft für andere Fächer oder Lehrer einfachhin ist, besitzt — natürlich unter der bereits erwähnten Voraussetzung — mehr Autorität als der Fachlehrer für Religion oder der Katechet. Er hat also disziplinar und didaktisch die bessere Position als der Berufskatechet. Der Religionsunterricht wäre außerdem organischer mit anderen Fächern verbunden. Kirchliche und weltliche Lehrautorität stünden den Schülern nicht vollkommen getrennt gegenüber. In den höheren Klassen wäre also die Verbindung von Wissenschaft und Glauben auch äußerlich zum Ausdruck gebracht.

Diese verschiedenen Möglichkeiten, Laienkatecheten einzusetzen, können auch gleichzeitig verwirklicht werden. Da die Aufgaben der Scelsorge keineswegs noch ausreichend in Angriff genommen ,sind, kann nichts wünschenswerter sein als die möglichst intensive Entwicklung und der möglichst rasche Aufbau dieses Laienapostolats. Wo sich also eine Initiative regt, müßte sie aufgegriffen und gefördert werden, soferne sie sich nur als solid und brauchbar erweist. Ebenso müßten die verschiedenen Möglichkeiten erwogen und abgewogen werden, damit sie dort, wo sie sich verwirklichen lassen, auch beschritten werden. Wir müssen frei werden von Voreingenommenheit und den Mut haben, neue Wege zu gehen, wo sich neue Wege gehen lassen.

Keineswegs soll hier aber dem vollständigen Verschwinden des Priesters aus der Schule das V/ort geredet werden. Im Gegenteil! Vielmehr schiene uns eine Teilung des Religionsunterrichtes zwischen Priester und Laien, wie er an der deutschen Bekenntnisschule üblich ist, am ehesten empfehlenswert. Da die Normalschule der Bekenntnisschulen vier Religionsstunden hat, Werden zwei vom Priester, zwei vom Lehrer erteilt. Bei uns müßte also entsprechend je eine Stunde vom Priester, je eine vom Lehrer erleilt werden. Das System ist also praktisch sehoji erprobt. Fraglich ist nur, ob bei uns die Zahl der Priester zu einer solchen Verteilung ausreicht.

Keine der erwähnten Lösungen wird alle Vorteile auf sich vereinigen, noch sich allgemein durchführen lassen. Vielleicht sind die neuen Lösungen überhaupt vorläufig nicht durchführbar. Vielleicht können sie sich, soweit sie überhaupt durchführbar sind, gegenseitig ergänzen. Jedenfalls wollen die vorgelegten Gedanken nur helfen, das ebenso schwierige Wie wichtige Problem der Laienkatecheten langsam einer Lösung zuzuführen.

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