Zuwandern gegen Aussterben

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Manchmal fallen die Dinge merkwürdig zusammen. Die aktuelle Religionsstatistik für Österreich aus der letzten Volkszählung auf der einen Seite und die dauernde Auseinandersetzung über den Umgang unseres Landes mit Asylanten und Asylantinnen und die Frage von Migration und Zuwanderung auf der anderen Seite zeigen an einem besonderen Punkt einen engen Zusammenhang: Just an dem Abend, an dem die Zahlen über die Religionszugehörigkeit der Österreicher und Österreicherinnen bekannt gemacht wurden, lief im Radio ein Beitrag über die demographischen Probleme der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich: Von 11.224 Mitgliedern bei der Volkszählung 1951 ist die Zahl zurückgegangen auf 8.140 im vergangenen Jahr. Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und Präsident Ariel Muzicant betonen seit Jahren: Mit diesem Rückgang und der geringen Zahl an Mitgliedern ist der weitere Bestand der jüdischen Gemeinde in unserem Land gefährdet. Es bräuchte als dringende Mindestmaßnahme die legale und geförderte Zuwanderung von zwei- bis dreihundert Familien im Jahr.

Eine solche Forderung ist im derzeitigen politischen Klima ziemlich unrealistisch. Außerdem ist Wahlkampf. Trotzdem: Das derzeitige Chaos bei der AsylantInnenfrage zeigt die offenkundige Unwilligkeit der politisch Verantwortlichen, hier eine Abhilfe zu schaffen, die dem Standard der Menschenwürde entspricht. Außerdem tritt deutlich zu Tage, dass wir in Österreich endlich das ganze Problem der Zuwanderung vernünftig lösen müssen. Damit hängt eben auch die Überlebensfrage der jüdischen Gemeinde zusammen. Ariel Muzicant hat bitter resümiert, dass man hierzulande offenkundig Gedenktafeln lieber habe als eine lebendige jüdische Gemeinde.

Das Schicksal der jüdischen Gemeinde kann den Kirchen nicht gleichgültig sein. Ich meine, dass sie deshalb die Forderung der Kultusgemeinde nach Zuwanderung teilen müssen. Es wäre ein Glaubwürdigkeitstest für so manche Erklärung der letzten Jahre.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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