Zwei Bücher über Österreichs Muslime

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Die Autoren des Bandes "Muslime in Österreich“ sind ausgewiesene Expert(inn)en: Die evangelische Theologin Susanne Heine müht sich seit Jahren um Möglichkeiten, mit den Muslimen ins Gespräch zu kommen bzw. zu bleiben. Der Religionsrechtler Richard Potz ist eine erste Adresse für Fragen rund um die Einbettung des Islam und der Muslime in den österreichischen Rechtsstaat. Und Islamwissenschafter Rüdiger Lohlker kann seine Expertise islamischer Lebenswelten einbringen: Das Unterfangen, aus diesen Perspektiven mit immer noch schütterem empirischen Material eine Bestandsaufnahme muslimischen Lebens zu zimmern, ist ein Wagnis.

Ein kritischer Muslim wie Ednan Aslan hält das Ergebnis für unbefriedigend (vgl. Seite 21). Wer aber als Nichtmuslim, vor allem als Christ nach "Grundlagen für den Dialog“ (so einer der Untertitel des Buches) sucht, wird gut bedient. Die Geschichte des Islamgesetzes und der Entstehung der IGGiÖ gehört zum grundlegenden Wissen, das ein wacher Zeitgenosse haben sollte. Das Buch hilft hier kompetent, die religionspolitischen Entwicklungen in Österreich zu verstehen. Auch die theologischen Zugänge weiten den Horizont: Man kann zwar auf christlicher wie auch auf muslimischer Seite genügend Verhärtungen finden, die den Dialog obsolet scheinen lassen; doch wer sich darauf einlässt, wird über die im Buch angerissenen Möglichkeiten froh sein. Dazu dient auch die kursorische Darstellung von Glaube, Recht, Praxis und Strömungen (global und lokal) des Islam.

Ein Buch von drei Nichtmuslimen - aber gerade für andere Nichtmuslime eine Fundgrube zum Verstehen. Ednan Aslans Kritik, dass hier einmal mehr andere über Muslime schreiben, kann als Appell verstanden werden, dass sich mehr und mehr Muslime der Vermittlung ihrer Welt auch in Buchform annehmen. Solchem Wunsch kann man sich nur anschließen.

Hommage an einen Zeitzeugen

Autor und Protagonist der zweiten Neuerscheinung hingegen sind Muslime: Der Politikwissenschafter Farid Hafez, u.a. Herausgeber des "Jahrbuchs für Islamophobieforschung“, legt eine Biografie von Anas Schakfeh vor, der von 1997 bis 2011 die IGGiÖ leitete. Der Untertitel "Das österreichische Gesicht des Islams“ zeigt, dass es sich um eine Hommage handelt. Der wirklich lesenswerte Band vermittelt lebhaft einen intimen Einblick ins Werden der muslimischen Repräsentanz in Österreich, an der Anas Schakfeh, der 1964 aus Syrien nach Österreich kam, beteiligt war. Insbesondere über die Präsidentschaft seines Vorgängers Ahmed Abdelrahimsai, der heute in den Medien gewiss als Fundamentalist gebrandmarkt würde, ist Erhellendes nachzulesen - zwischen den Zeilen auch, dass der Hardliner Abdelrahimsai das Vertrauen der für die Anerkennung der IGGiÖ zuständigen Ministerialbürokratie genoss und nicht sein Gegenspieler Smail Bali´c, der schon vor Jahrzehnten einem eigenständigen europäischen Islam das Wort redete. Bali´c, der seine Positionen seit den 40er-Jahren bis zu seinem Tod 2002 auch in der FURCHE darlegte, wird von Schakfeh auch theologisch nicht akzeptiert. Hier zeigt sich, dass diese Biografie wohl die Verdienste, aber auch nur die Sicht ihres Protagonisten wiedergeben kann und will. Das wird vor allem an jüngsten Konflikten wie rund um die Religionslehrerstudie 2008 von Mouhanad Khorchide deutlich, der von Schakfeh ebenso als Renegat begrandmarkt wird wie der universitäre Islampädagoge Ednan Aslan. Weder FURCHE-Kolumnist Khorchide noch Aslan kommen dabei selbst zu Wort. Das und auch die implizite Ablehnung liberalerer theologischer Positionen hinterlassen einen Nachgeschmack. Das ist schade, denn Anas Schakfeh ist zweifellos eine beeindruckende Gestalt des heimischen Islam.

Anas Schakfeh

Das österreichische Gesicht des Islams.

Von Farid Hafez, Braumüller Lesethek 2012

240 Seiten, gebunden, E 24,90

Muslime in Österreich

Geschichte - Lebenswelt - Religion. Grundlagen für den Dialog.

Von Susanne Heine, Rüdiger Lohlker, Richard Potz. Tyrolia 2012

176 Seiten, gebunden, E 27,95

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