Zwinglikumpan sammelt Luther

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Deftige Luther-Kost - nicht nur für den Reformationstag am 31. Oktober: Peter Karner, Superintendent H.B. in Österreich, will zu Luthers Sprache "verlocken".

Traurigkeit ist des Teufels Instrument" steht im Untertitel des von Peter Karner herausgegebenen Buches "Lachen mit Luther". Diese Weisheit ist nicht speziell protestantisch, schreibt man doch dem Hl. Franz von Sales einen ähnlichen Satz zu: "Ein Heiliger, der traurig ist, ist ein trauriger Heiliger." Darüber, dass Christen keine Kinder von Traurigkeit sein sollten, waren sich die großen Geister des Christentums offenbar im 16. Jahrhundert einig. Dass sie sich in vielem nicht einig waren, bringt gerade dieses Buch sehr deutlich und oft auch drastisch zum Ausdruck.

Herausgeber Peter Karner ist als Superintendent der Evangelischen Kirche H.B. kein Lutheraner, sondern ein "Calvinistenknecht und Zwinglikumpan" - so lässt er sich am Ende selbst in einem fingierten Brief von "Martinus Luther" an den lieben "Bruder Petrus" mit Gedanken zur kirchlichen Situation in unserer Zeit anreden. Karner hat die Texte, vorwiegend aus Luthers Tischreden, thematisch geordnet und legt sie den Lesern nicht nur zur Unterhaltung vor, sondern um sie "zu Luthers Sprache zu verlocken - im Vertrauen auf die Faszination einer Rede, die aus einer gläubig-frechen Seele und einem ungeniert-mutigen Bauch kommt".

Ob die Texte wirklich oft das im Titel verheißene Lachen auslösen, insbesondere bei katholischen Lesern, ist die Frage. Doch auch wenn sie nicht immer erheitern, sind sie auf jeden Fall interessant, denn sie enthüllen viel über Luthers Gedanken, vor allem übers Papsttum: "Der Papst ist nicht das Haupt der christlichen Kirche, sonst wäre die Kirche ein Monstrum, das zwei Köpfe hat, da Christus allein das Haupt ist, wie Sankt Paulus sagt. Der Papst allerdings das Haupt der falschen, der Teufelskirche."

Luther konnte sich recht deftig ausdrücken, vor allem, wenn es um die Zurückweisung des Teufels ging. Völlig patriarchalisch waren seine Ansichten über die Geschlechterrollen: "Männer haben eine breite Brust und schmale Hüften, und darum haben sie auch mehr Verstand als die Frauen. Die haben enge Brüste und breite Hüften und Hintern, damit sie daheim bleiben sollen, still im Haus sitzen, haushalten, Kinder tragen und erziehen."

Seine eigene Entwicklung kommentierte der streitbare Doktor aus Wittenberg so: "Ich bin zur Lehre und zum Predigtamt bei den Haaren hingezogen worden. Hätte ich aber gewusst, was ich jetzt weiß, so hätten mich nicht einmal zehn Pferde dazu gebracht."

Für Karner würden Luthers Tischreden heute in die Rubrik "theologisch-literarisches Kabarett" fallen, er hat dem Buch dankenswerterweise ein Stichwortregister angefügt, das allen, die Luther zu bestimmten Themen zitieren wollen, die Suche beträchtlich erleichtert. Heiner Boberski

LACHEN MIT LUTHER Von Peter Karner. Verlag Der Apfel, Wien 2003. 132 Seiten, geb., e 18,40.

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