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Die Gemeinden kommen auch ohne „Kompost-Verordnung" aus
Auch wenn eine bundesweite Kompostie-rungsverordnung noch auf sich warten läßt: in vielen Gemeinden werden bereits jetzt Bio-Abfälle sinnvoll wiederverwertet.
Auch wenn eine bundesweite Kompostie-rungsverordnung noch auf sich warten läßt: in vielen Gemeinden werden bereits jetzt Bio-Abfälle sinnvoll wiederverwertet.
Vor wenigen Tagen ließ das Umweltministerium verlauten, daß die bereits ausgearbeitete „Kompostierungs-Verordnung" über die flächendeckende Sammlung von Bioabfällen nicht, wie geplant, mit Juli 1994 in Krafttreten wird, sondern voraussichtlich erst mit Jänner 1995. Schuld daran seien, wie zu hören ist, organisatorische Probleme. Aber bereits jetzt gibt es auf kommunaler Ebene eine Vielzahl von Aktivitäten zur Wiederverwertung biogener Abfälle.
Kaum eine Form der Müllverwertung erweist sich bei richtiger Durchführung als so effizient und kostengünstig wie die Kompostierung biogener Abfälle (Küchenabfälle, Strauchschnitt et cetera). Eine kleine Fläche Privatgrund zur Aufstellung eines Kompostbehälters vorausgesetzt, schon Kann jedermann sein eigenes Recycling-Werk betreiben und dabei beobachten, wie die Natur selbst mit ihren eigenen Abfällen, bar jeglichen ökologisch bedenklichen und energetisch aufwendigen Recyclings, Kreislaufführung vorexerziert.
Dabei gilt es im wesentlichen die Parameter Luftmengenzufuhr und Temperatur zu beachten. Kompostierung kann somit von jedem betrieben werden. Selbst für Bewohner von Mietwohnungen ist Gemein-schaftskompostierung eine Möglichkeit, auch ohne eigenen Garten Bioabfälle selbst zu verwerten.
Das Land Niederösterreich setzt schon seit Jahren auf die Eigenkom-postierung. Bei etwa 60 Prozent sollte sich der Anteil an Eigenkompo-stierern in Niederösterreich einpendeln. Geschätzte 112.000 Tonnen biogener Abfall konnten so im Jahr 1993 direkt verwertet werden. 100 ausgebildete und 190 in Ausbildung befindliche Kompostfachkundige geben dabei ihr Wissen an Eigenkom-postierer weiter.
In Obergrafendorf, in der Nähe von St. Pölten, war es mit der Ei-genkompostierung Ende 1992 soweit. 460 Haushalte (vorwiegend großvolumige Wohnhäuser) erhielten Sammelkomposter, um deren Betreuung sich vornehmlich die Hausbesorger der Wohnhäuser kümmerten. Nachdem sich die ten, ging es im April 1993 zum ersten Mal ans Umschaufeln der nicht ganz so delikaten Fracht. „Das anfängliche Umschaufeln war wahrlich kein Vergnügen, noch dazu, wo die meisten Hausbesorgerposten von Frauen ausgeübt werden ', erinnert sich Gabriele Staudinger, Kompostfachkundige der Gemeinde Obergrafendorf, doch hat sich die Kompostierung mittlerweile eingespielt und „keine der Frauen ist bisher abgesprungen!". Der fertige Kompost wird entweder direkt bei den Wohnhäusern verwendet oder von der Gemeinde auf öffentlichen Grünanlagen aufgebracht.
Auch in der Stadtgemeinde Schwechat hat sich dieses System durchgesetzt. Die Gemeinde kommt dabei für die Kosten von Einzelkompostern und Gemeinschaftskompostanlagen auf und organisiert informelle, sogenannte „Kompostpartys". Für die Gemeindekasse zahlt sich das Engagement bei Privatkompo-stierern auf jeden Fall aus. So liegen Berechnungen vor, die die jährlichen Abfuhrkosten von Biomüll bei (theoretischer) Totalerfassung etwa doppelt so hoch veranschlagen, nämlich mit 1,2 Millionen Schilling, als die Kosten für Eigenkompostierung in ganz Schwechat.
Doch nicht nur dem Gedanken zur Abfall-
Vermeidung (biogene Abfälle stellen mit rund 30 Prozent die größte Fraktion im Hausmüll dar) trägt man mit der Bioabfall-Sammlung Rechnung.
Für Erwin Binner von der Abteilung für Abfallwirtschaft an der Universität für Bodenkultur steht in erster Linie die Wertstoffgewinnung im Vordergrund: „Kompost führt dem Boden organische Substanz zu, verbessert die Bodenstruktur und damit Durchlüftung und Wasserhaltevermögen!" Also Eigenschaften, die dem Boden im Laufe der letzten Jahrzehnte durch intensive landwirtschaftliche Bearbeitung und durch den Einsatz mineralischer Kunstdünger abhanden gekommen sind. Jährlich werden in Österreich zirka zwei Milliarden Schilling für anorganische Handelsdünger ausgegeben. Kompost weist im Gegensatz zu k Gülle und Mineraldüngern eine Langzeitdüngewirkung auf. Die Pflanze hat somit nicht sofortigen Zugriff auf alle Nährstoffe, dafür aber werden Nährstoffe weit weniger ausgewaschen. Erwin Binner: „Damit ist die Gefahr einer Auswaschung zum Beispiel von Nitrat ins Grundwasser wesentlich geringer als bei Gülle oder Mineraldüngern."
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