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Moderne Datenverarbeitung

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1. Das Instrumentarium der modernen Datenverarbeitung.

Die laufende Konfrontation mit der Existenz der modernen Datenverarbeitung führt, aufbauend auf oft unqualifizierte Informationen, zu Spekulationen, die in der Lage sind, das Bild dieser modernen Maschinen zu verschleiern. Vor allem die sehr populäre Identifizierung mit „Gehirnen” kommt durch die völlige Außerachtlassung der Bedeutung des schöpferischen Geistes für die Konzeption und Nutzung dieser Anlagen zustande.

Es muß zunächst festgestellt werden, daß die moderne Datenverarbeitung auf zwei Systemen aufbaut, da man zwischen den mechanischen und elektronischen Datenverarbeitungsanlagen unterscheiden muß. Beiden gemeinsam ist die Grundkonzeption des Datenflusses beziehungsweise des Datentransportes in der Folge: Eingabe, Speicherung, Verarbeitung und Ausgabe. Im Eingabebereich erfolgt die Umwandlung der Daten in eine maschinell lesbare Form; im Speicherbereich erfolgt die Aufbewahrung der Daten; der Verarbeitungsbereich ist durch die Durchführung von arithmetischen und logischen Operationen gekennzeichnet, und der Ausgabebereich wird durch die Wiedersichtbarmachung der Resultate der Datenverarbeitung charakterisiert. Der Unterschied zwischen dem mechanischen und elektronischen Verfahren liegt vorwiegend im Verarbeitiungs- und Speicherungsbereich. Während bei der mechanischen Datenverarbeitung die Verarbeitung und Speicherung, wie schon der Name sagt, mechanisch, das heißt miit Zahnrädern, Zahnstangen beziehungsweise Lochkarten erfolgt, geschieht dies bei der elektronischen Datenverarbeitung mit Hilfe von Schaltungen, Röhren, Transistoren, bei den Anlagen der sogenannten dritten Generation mit Mikromodulen und Monolithen1. Die Speicherung erfolgt beim elektronischen Verfahren auf Magnetspeichern, (Magnetband, Magnetplatte, Magnetkern) durch Magnetisierung entsprechender Materialien. Es ist daher klar, daß sich die elektronische Verarbeitung bedingt durch ihre große Geschwindigkeit und große Speicherfähigkeit für umfangreichere und schwierigere Applikationen eignet. Die Elektronik ist daher nichts anderes als eine moderne, technische Möglichkeit der Bewältigung von Verarbeitungsabläufen. Alle Abläufe müssen aber durch ein Programm gesteuert werden.

2. Die Bedeutung des Programmes für die moderne Datenverarbeitung.

Jeglicher Ablauf und jede Bearbeitung, gleichgültig in welchem Bereich, ist durch eine Aneinanderkettung einer Reihe von Abfolgen gekennzeichnet. Wiederholbare Abläufe sind daher weitgehend schablonisierbar und können durch Festhalten der einzelnen Teilfolgen objektiviert werden. Bei menschlicher Bearbeitung von Problemen entwickelt sich daher eine Denkschablone, die als Folge von Denkakten den Menschen seine Arbeitsweise vorgibt. Je nach der eigenen Organisationsfähigkeit entwickeln sich daher Verfahrensweisen, die immer in derselben Art wiederholt werden. Ein typisches Beispiel hierfür 1st das Vorgehen bei den vier Grundrechnungsarten. Soll nun eine Maschine solche Aufgaben bewältigen, so ist es notwendig, diese Denkschablone zu objektivieren und in eine für die Maschine verständliche Art umzuwandeln. Dieser Vorgang der Umwandlung wird als Programmgestaltung oder als Programmierung bezeichnet.

Eine solche Verständlichmachung für die Maschine kann durch die Betätigung von Schaltern, Durchführung von Steckverbindungen oder durch Eingabe von Lochkarten erfolgen. Dieses Programm steuert alle Bereiche (Eingabe, Speicher, Verarbeitung und Ausgabe) in einer der Aufgabe entsprechenden Weise.

Die Universalmaschine wird durch das Programm zu einer Spezialmaschine, die nur die programmierten Aufgaben bewältigen kann, solange nicht ein anderes Programm eingegeben wird. Die Erstellung eines solchen Programmes ist aber nur möglich, wenn der in Frage stehende Ablauf untersucht, arithmetisch beziehungsweise logisch formuliert und die Umsetzung in eine maschinell lesbare Form durchgeführt wird.

Das Programm ist daher nichts anderes als eine objektivierte und maschinell lesbare Ablaufvorstellung darüber, wie eingegebene Daten gespeichert, verarbeitet und das Resultat dieser Verarbeitung wieder ausgegeben werden sollen.

Sieht das Programm die Bewältigung von mehreren Abläufen vor, bei denen die Ergebnisse des einen die Eingabe des folgenden darstellen, so spricht man von einer Integration der Abläufe oder von einer integrierten Datenverarbeitung.

Programme können nun in zwei grundsätzliche Varianten geteilt werden. Bei der einen Variante wird der Ablauf von Anfang bis zum Ende eindeutig und nur in einer Form ermöglicht, das heißt, daß in keiner Stufe eine Wahl zwischen zwei oder mehreren Wegen offengelassen wird, wie dies im Bereich der reinen arithmetischen Operationen der Fall ist. Bei der zweiten Variante sind innerhalb des Ablaufes auch logische Operationen (wie A=B, A/B, A B, A B7) vorgesehen. In diesem Fall ist die Fortsetzung und die Art der Fortsetzung des Ablaufes von dem Ja- oder Nein-Ergebnis dieser logischen Operation abhängig. Die Wahl der Fortsetzungsart des Ablaufes ist daher von der Art der eingegebenen Daten beziehungsweise deren Resultaten abhängig. Bewirkt nun eine solche logische Operation einen Regelungsvorgang, das heißt, daß Abweichungen im Hinblick auf eine SoU-Vorstellung korrigiert werden, so kann man von einem kybernetischen Vorgang (Kybernetik = Lehre von den Steuerungsvorgängen) sprechen. Der Einsatz einer solchen Anordnung ziur Steuerung und Überwachung von Prozessen jeglicher Art rechtfertigt die Bezeichnung der Automatik beziehungsweise der Automation .

Sind jedoch Abläufe programmiert, die bei Durchführung solcher logischer Operationen gelöscht werden, so bewirken diese Operationen praktisch erst eine endgültige Wahl der Folgeabläufe. Identifiziert man solche Folgeabläufe mit Verhaltensmöglichkeiten und kommt es durch logische Operationen zur Tilgung dieser Verhaltensweisen, so entspricht dies dem menschlichen Erfahrungsvorgang, oder besser gesagt, dem Lemvorgang. In Äquivalenz dazu ergibt sich daher auch ein Lernvorgang bei einer Datenverarbeitungsanlage.

3. Die Einsatzgebiete moderner Datenverarbeitungsanlagen.

Die Fähigkeit, arithmetische und logische Operationen in elektronischen Rechenanlagen mit großer Geschwindigkeit durchzuführen, prädestiniert diese für so umfangreiche Anwendungsgebiete, daß allein eine katalogartige Aufzählung viele Seiten füllen würde. Es kann daher an dieser Stelle nur ein grundsätzlicher Überblick gegeben werden.

Für jede Forschung im Bereiche von quantifizierbaren Daten, die sich Verfahren arithmetischer und logischer Natur bedient, sind die elektronischen Rechengeräte ein geeignetes Hilfsmittel, da es mit ihnen möglich ist, umfangreiche mathematische Formulierungen durchzurechnen und somit zu verifizieren oder zu falsifizieren.

Es gibt durchaus Bereiche, wo eine Bewältigung solcher Arbeiten heute nicht mehr ohne den Einsatz entsprechender Anlagen möglich erscheint.

Mit der laufenden Progression auf dem Gebiete der quantitativen Forschung ist daher auch das starke Anwachsen der elektronischen Rechengeräte verbunden. Neben der Bewältigung von umfangreichen Rechenoperationen ergeben sich Einsatzgebiete vor allem dort, wo es um große Rechengeschwindigkeiten geht. So zum Beispiel für die Feststellung von Meßergebnissen bei Versuchsprozessen, die durch große Geschwindigkeit gekennzeichnet sind oder wo menschliches Eingreifen mit großen Gefahrenmomenten verbunden ist (zum Beispiel Radioaktivität). Schnelle Auswertung und Koordination von Wettermeldungen im Rahmen der Wettervorhersage und ähnliches mehr. Für den Bereich der Medizin ergeben sich Diagnoseverfahren, die für bestimmte Organe schon maschinell bewältigt werden können. Im Bereich der Sprachen stehen bereits Übersetzungsprogramme zur Verfügung, die es ermöglichen, Texte vollmaschinell von einer Sprache in eine andere zu übersetzen.

Nicht zuletzt muß auf den umfangreichen Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen für den kommerziellen Bereich hingewiesen werden. So werden heute bereits viele Industrieprozesse durch elektronische Datenverarbeitungsanlagen automatisch gesteuert. Konstruktionsbüros können sich der verschiedenen Konstruktionshilfen, die ihnen die Datenverarbeitung nicht nur für den Rechnungsbereich, sondern auch für den Bereich der graphischen Wiedergabe bietet, bedienen.

In großem Umfang wird dieses moderne Verfahren auch im betrieblichen Rechnungswesen eingesetzt; durch die große Geschwindigkeit dieser Anlagen sind nicht nur schnell die Ergebnisse zur Hand, sondern es werden dadurch auch geeignete und aussagefähige Unterlagen für die Unternehmensleitung gewonnen.

Bei all diesen Einsatzgebieten, und seien sie noch so eindrucksvoll, darf nicht vergessen werden, daß es sieh bei den besprochenen Anlagen nach wie vor um Instrumente handelt, die nur durch den menschlichen Intellekt gebaut wurden und nun mit menschlichen Intellekt genutzt werden können. Trotz der Möglichkeit des „Lernens” kann ein Gerät qualitativ niemals mehr als dessen Erbauer beziehungsweise dessen Programmierer. Der Einsatz solcher Geräte gewährleistet nur eine sehr schnelle und sichere Durchführung der gestellten Aufgaben und bedeutet somit eine Entlastung der Menschen von Routinearbeiten. im .weitesten Sinne und ermöglicht ihnen somit, ihre volle Kapazität der schöpferischen Arbeit zuzuwenden.

D Die Bezeichnung der Generationen wird von den in den Schaltkreisen verwendeten Halbleitern abgeleitet. Erste Generation der Elektronenrechner verwendeten Relais und Röhren, die zweite Generation Transistoren, die dritte Generation Mikromodule und Monolithe (Kleinstbausteine).

) Automatik ist jedoch nicht an die elektronische Verarbeitung gebunden; auch der Thermostat in einem Autokühler bewirkt einen automatischen Vorgang.

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