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Sehr gutes Wasser, aber örtlich gefährdet

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Problematisch ist die Wasserversorgung vor allem in der Dritten Welt. Die Industrieländer, besonders Osterreich, sind meist gut mit Wasser versorgt. Aber auch hier sind Probleme zu verzeichnen.

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Problematisch ist die Wasserversorgung vor allem in der Dritten Welt. Die Industrieländer, besonders Osterreich, sind meist gut mit Wasser versorgt. Aber auch hier sind Probleme zu verzeichnen.

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Internationale Organisationen schätzen, daß in der Dritten Welt 80 Prozent aller Krankheiten und über ein Drittel der Todesfälle auf den Konsum von (vor allem mit Mikroorganismen) kontaminiertem Trinkwasser zurückzuführen sind.

In den mit wesentlich größeren finanziellen und technischen Ressourcen ausgestatteten und klimatisch günstiger gelegenen Ländern der EU hat der Bau von Wasserleitungen und später auch von Abwasserentsorgungseinrichtungen dazu geführt, daß gesundheitliche Probleme, die auf schlechtes Trinkwasser zurückzuführen sind, mittlerweile eine seltene Ausnahme darstellen.

Aber auch innerhalb der Staaten der EU gibt es ein Nord-Süd Gefälle. So ist die Trinkwassersituation in den niederschlagsreicheren und meist auch finanzstärkeren Ländern Nord-und Mitteleuropas günstiger als im Süden.

Dieses vergleichsweise positive Bild der Trinkwasserversorgung ist jedoch trügerisch, schließt man daraus auf eine intakte Umwelt. In vielen Gebieten Europas kann das Grundwasser oder das Wasser aus den Flüssen nicht mehr, oder nur nach extrem aufwendiger Aufbereitung, getrunken werden. Wer kennt nicht den schalen, chlorigen Geschmack derartigen Trinkwassers. Oft auch muß das Wasser über Leitungen aus entfernten, geringer belasteten Gebieten herbeigebracht werden. Personen, die in belasteten Gebieten auf die Versorgung durch ihren eigenen Hausbrunnen angewiesen sind, stehen vor praktisch unlösbaren Problemen.

Hauptverursacher großflächiger Grundwasserbelastungen ist in erster Linie die Landwirtschaft mit ihren hohen Nährstoff- und Pestizideinsät-zen. Kleinräumige - häufig aber sehr hohe - Belastungen werden oft durch (meist alte) Deponien, (vielfach ehemalige) Industrieanlagen oder Gewerbebetriebe und undichte Kanal-netze oder Senkgruben verursacht.

Übernutzungen können zu einem Absinken des Grundwasserspiegels führen und zum Beispiel in Meeresnähe den Einbruch von Meerwasser in den Grundwasserkörper nach sich ziehen. Die Qualität der Fließgewässer hingegen wird hauptsächlich durch die Einleitung von Abwässern aus Industrie und Haushalten beeinträchtigt.

Österreich ist auch innerhalb der EU in einer günstigen Situation: Die höhergelegenen Gebiete erhalten meist wesentlich mehr Niederschläge als das Tiefland, und die großen Waldflächen - Österreich zählt mit 46 Prozent Waldfläche zu den waldreichsten Ländern Europas -sind ein wirksamer Schutz vor Verunreinigungen. Dennoch gibt es auch in Österreich Probleme mit der Wasserqualität. Und die Bevölkerung reagiert sensibel darauf, wie das Echo auf die Aktionen von Greenpeace und WWF im vergangenen Sommer bewiesen hat.

Zur Gewinnung von Trinkwasser wird in Österreich fast ausschließlich Grundwasser herangezogen, nur etwa ein Prozent der Bevölkerung werden mit Oberflächenwasser versorgt. Wie steht es nun um die Qualität dieses Grundwassers?

Ein im internationalen Vergleich vorbildliches Wasserrecht bildet eine gute rechtliche Basis für Gewässerschutzmaßnahmen. Grundwasser hat demnach in Österreich Trinkwasserqualität aufzuweisen. Das ist die gesetzliche Zielvorgabe. Wo diese Qualität nicht erreicht wird, dort sind entsprechende Maßnahmen zu treffen.

Diese Vorgaben gelten unabhängig davon, ob das entsprechende Grundwasser tatsächlich zur Trink-wassergewinnung herangezogen wird oder nicht. Hinsichtlich der Belastung bestehen Unterschiede zwischen dem Poren-grundwasser der meist intensiv genutzten Tal- und Beckenlagen und dem Karstund Kluftgrundwasser der Gebirgsstöcke. Beide Arten von Grundwasser tragen je etwa zur Hälfte zur Trinkwasserversorgung bei.

Zur Qualitätskontrolle wurde ein österreichweites Gewässermonitoringsystem (nach der Wassergüteer-hebungsverordnung) eingerichtet. An über 2000 Meßstellen wird das Grundwasser viermal pro Jahr auf etwa 50 physikalische und chemische Parameter untersucht. Dieses Meßnetz wird vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (BMLF) gemeinsam mit den Ländern betrieben. Fließgewässer werden an rund 250 Meßstellen sechsmal jährlich überprüft. Die Daten werden dem Umweltbundesamt übermittelt und dort ausgewertet. BMLF und Umweltbundesamt erstellen gemeinsam einen jährlichen Bericht.

Die Ergebnisse der Wassergüteerhebung bleiben nicht ohne Konsequenzen. Werden in einem Grundwassergebiet, bei einer größeren Zahl von Meßstellen und mehr als nur vorübergehend (beides ist genau definiert), Überschreitungen eines bestimmten Schwellenwertes gefunden, so müssen, der Gesetzeslage nach von den Behörden Maßnahmen gesetzt werden, wenn die bereits bestehenden Aktivitäten (etwa Umstellungen in der Landwirtschaft) nicht ausreichen.

Der Landeshauptmann hat dieses Gebiet erforderlichenfalls zum Sanierungsgebiet zu erklären und entsprechende Auflagen vorzuschreiben. Hauptproblemstoff ist in diesem Zusammenhang das Nitrat. Von 67 Grundwassergebieten wurden bereits im Jahresbericht 1994 25 als voraussichtliche Sanierungsgebiete ausgewiesen. Betroffen davon sind erwartungsgemäß die intensiv landwirtschaftlich genutzten Porengrundwas-sergebiete (siehe Karte). Bislang wurde jedoch erst ein Grundwassergebiet, ein Teil des Machlandes in Oberösterreich, per Verordnung durch den Landeshauptmann zum Sanierungsgebiet erklärt. An anderen Verordnungen wird noch gearbeitet.

Der zweithäufigste Problemstoff ist das I Ierbizid Atrazin beziehungsweise dessen Abbauprodukt Desethy-latrazin. Obwohl die Verwendung von Atrazin mittlerweile verboten ist, kann man aufgrund der Persistenz von Atrazin im Grundwasser erst längerfristig, mit einer Entspannung der Situation rechnen.

Anders als in vielen Porengrund-wassergebieten ist die Wasserqualität des Karst- und Kluftgrundwassers im allgemeinen ausgezeichnet. Überschreitungen von Grenz- beziehuns-weise Schwellenwerten wurden nur in wenigen Ausnahmefällen (etwa bedingt durch Abwässer von Berghütten) festgestellt.

Mit der Wassergüteerhebung werden jedoch nur großräumige Belastungen erfaßt. Lokale Belastungen, etwa aufgrund von undichten Senkgruben, bleiben vielfach unentdeckt. Hier sind die Benutzer von Hausbrunnen aufgerufen, ihr Trinkwasser (beziehungsweise ihren Hausbrunnen) untersuchen zu lassen. Diese Kontrolle obliegt ausschließlich ihren Besitzern. Da oft auch bauliche Mängel ausschlaggebend sind, führt kein Weg an der Untersuchung des eigenen Brunnens vorbei.

Die Betreiber öffentlicher Wasserversorgungsanlagen sind zu regelmäßigen Rontrollen der Wasserqualität und zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte verpflichtet. Auskünfte über die Wasserqualität geben zum Beispiel Was-serversorger, Gemeinden oder Amtsärzte. Seit dem Dezember 1996 besteht für Wasserversorger eine gesetzliche Verpflichtung, Konsumenten den Nitratgehalt des abgegebenen Trinkwassers - auf schriftliche Anfrage - mitzuteilen. Der Autor ist

Leiter derAbteilung Aqualische Ökolo-gie am Umweltbundesamt und Lektor an der Universität Wien.

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