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Wohin mit dem Müll?

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Die Steiermark kann zwar auf sehenswerte Erfolge bei der Bewältigung des Müllberges verweisen - dennoch wird der Deponieraum knapp.

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Die Steiermark kann zwar auf sehenswerte Erfolge bei der Bewältigung des Müllberges verweisen - dennoch wird der Deponieraum knapp.

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Abfallvermeidung und Abfallverwertung bringen neben der Möglichkeit zur Schonung natürlicher Ressourcen auch bedeutende betriebswirtschaftliche Vorteile. In der Steiermark werden abfallwirtschaftliche Fragestellungen um besonders diese beiden Aspekte erweitert.

In den drei Grundsätzen der österreichischen Abfallwirtschaft „vermeiden-verwerten-entsorgen" sind klare Prioritäten einer zeitgemäßen Abfallbehandlung gesetzt. Das österreichische Abfallwirtschaftsgesetz schreibt vor, Abfallmengen und deren Schadstoffinhalte möglichst gering zu halten, Abfälle im Rahmen von ökonomischer und ökologischer Sinnhaftigkeit wiederzuverwerten und nicht verwertbare Abfälle nach entsprechender Vorbehandlung möglichst deponieraumschonend und ohne Gefahr für Mensch und Natur abzulagern.

Nach Jahrzehnten der unkontrollierten Entsorgung von Abfällen, der Rohstoff und Energie verschwendenden Produktions- und Vertriebsweisen müssen Maßnahmen getroffen werden, die gezielt auf eine sowohl qualitative als auch quantitative Reduktion der anfallenden Restmüllmengen hinwirken. Unnötiger Müll muß also vermieden werden, Wertstoffe müssen aussortiert und wenn möglich wiederverarbeitet werden. Das bedeutet neben einer effektiven Verringerung der zu deponierenden Restmüllmengen auch ein beträchtliches Einsparungspotential bei Entsorgungskosten.

Im Land Steiermark verweist man darauf, gerade durch Forcierung dieser beiden Komponenten seit dem Jahr 1987 eine Abnahme des kommunalen Restmülls (Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, nicht Industrie- und Gewerbeabfälle) um rund 50 Prozent erreicht zu haben. Aufgrund einer offensiven Informationspolitik, der getrennten Biomüllverwertung und stetig gestiegener Altstoffverwertung konnten die im steiermärkischen Müllwirtschaftskonzept 1989 verankerten Ziele einer mengenmäßigen Reduktion des Restmüllaufkom-mens von 329.000 Tonnen im Jahr 1987 auf 195.000 Tonnen im Jahr 2000 bereits 1992 erreicht werden. Die neuesten Zahlen für 1993 sprechen von einer weiteren Reduktion auf nunmehr 159.000 Tonnen.

Neben diversen Informationskampagnen (so wird derzeit etwa „der umweltbewußte Tankstellen- und Kfz-Mechanik-Betrieb" sowie „der umweltbewußte Baustoffhändler" gewählt) finden auch auf universitärer Ebene zahlreiche Aktivitäten statt, die sich auf wissenschaftlicher Basis mit den Themen Vermeidung und Verwertung befassen. An der Universität für Bodenkultur in Wien befindet sich zur Zeit eine Studie in Arbeit, die für den Bezirk Fürstenfeld Möglichkeiten der innerbetrieblichen Abfallvermeidung und daraus resultierend, Möglichkeiten einer Kostenreduktion im Entsorgungsbereich, überprüfen soll.

„Okoprofit", ein Projekt zur Abfall- und Emissionsvermeidung, durchgeführt vom Amt für Umweltschütz des Magistrats Graz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Verfahrenstechnik an der TU Graz, kommt ebenfalls zum Schluß, daß Vermeidung und Verwertung der sinnvollere Weg gegenüber der Vernichtung ist. Untersucht wurden Möglichkeiten zur Abfall- und Emissionsverminderung in einem Kfz-Reparatur-Betrieb, in drei Druckereien und in einem Betrieb des Le-.bensmittelgroßhandels in der Steiermark. Die Erkenntnisse: Lediglich ein Drittel der innerbetrieblichen Umstellungsmaßnahmen verursachte effektive Mehrkosten. Ansonsten amortisierten sich die Investitionen spätestens nach zwei Jahren und die Unternehmen profitierten durchwegs von der Umstellung auf Mehrweggebinde, vom Recycling gebrauchter Chemikalien, oder von der getrennten Müllsammlung.

So spart sich der Betrieb des Lebens-mittelgroßhandels durch getrennte Müllsammlung bereits mehrere hunderttausend Schilling Entsorgungskosten pro Jahr. Durch innerbetriebliche Abfallvermeidungsmaßnahmen oder Umstellung auf neue Technologien lassen sich zudem jene Abfälle, die einer Sondermüllverbrennungsanlage zugeführt werden müßten, erheblich verringern.

Allerdings gilt auch für die Steiermark: Deponieraum wird immer knapper und neue Flächen sind nur mehr schwer zu erschließen. Trotz der besten Abfallwirtschaftsmaßnahmen und ausgeklügeltster Trennsysteme werden in etwa zwölf Jahren die bestehenden Deponien keinen Restmüll mehr aufnehmen können.

Angesichts der anstehenden Probleme mit Deponieraum und der Forderung, in Zukunft nur mehr jene Abfälle zur Deponierung zuzulassen, die aufgrund eines geringen Kohlenstoff-Restgehaltes nur beschränkt chemische Reaktionen innerhalb der Deponie eingehen können (Inertstoffdeponie), werden die Rufe nach einer thermischen Verwertung des anfallenden Restmülls immer lauter.

So sind im steiermärkischen Müllwirtschaftskonzept aus dem Jahr 1989 auch Kapazitäten für die thermische Verwertung für den Restmüll, der nach den Maßnahmen zur Müllvermeidung und Müllverwertung übrigbleibt, vorgesehen. Allerdings ist mit einer raschen Verwirklichung konkreter Projekte vorerst nicht zu rechnen.

Auch in Zukunft muß dabei gelten: Biologische oder stoffliche Verwertung hat Vorrang vor der thermischen Verwertung, wie auch im steirischen Abfallwirtschaftsgesetz festgelegt. Nur so können Stoffkreisläufe geschlossen und Wege gefunden werden, der sinnlosen Vergeudung wertvoller Energie- und Rohstoffressourcen Einhalt zu gebieten.

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