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30 Prozent billiger

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Furche: Die AUA hat vor wenigen Tagen bekanntgegeben, daß Sie von Caravelle auf DC9 umsteigen wird. Dieser Beschluß kommt eigentlich überraschend, da sich in Österreich Gerüchte gehalten haben, die AUA würde unter Umständen „zusperren“ müssen. Ist die Anschaffung der DC 9 und damit die Planung auf längere Sicht dahingehend zu werten, daß man sich nun dafür entschieden hat, die AUA „am heben zu erhalten'“!

Dr. Papousek: Ich möchte ganz offen sagen, daß der Vorstand bei der Übernahme seiner Geschäfte, am 2. Jänner 1969, ein nicht konsolidiertes Unternehmen vor sich hatte. Es ist in der Öffentlichkeit bekannt, welche schweren finanziellen Belastungen dieses Unternehmen zu tragen hatte. Wir mußten zunächst trachten, eine Sichtung vorzunehmen und haben dazu verhältnismäßig lange gebraucht, nämlich fast ein Jahr. Doch bereits im Spätsommer 1969 konnten wir dem Bundesminister für Finanzen Grundlagen eines Firmenkonzeptes für Austrian Airlines vorlegen, aus denen sich klar ergeben hat, daß dieses Unterneh-

men gesund werden kann, wenn fürs erste umfassende Rationalisierungsmaßnahmen eingeleitet werden. Wir haben unmittelbar nach Jahresende 1969 damit begonnen und konnten auf dem Personalsektor diese Rationalisierungsmaßnahmen mit Ablauf des Februar 1970 zum Abschluß bringen.

Furche: Liegt das Problem AUA nach wie vor und trotz dieser neuen Pläne in einer mangelnden Kapitalisierung?

Dr. Papousek: Es ist zweifellos richtig, daß das Unternehmen unterkapitalisiert in die Welt gesetzt wurde, und daß auch in den folgenden Jahren die Kapitalausstattung nicht ausreichend war. Wir sind aber der Auffassung, daß es nicht ausschlaggebend ist, wie hoch nun das Aktienkapital ist, es kommt eher darauf an, ob wir die Betriebsführung so gestalten können, daß das Aktienkapital nicht laufend dem Betrieb zugeführt werden muß.

Furche: Sind nicht gerade an dieser wirtschaftlichen Gebarung sowohl die jetzt aufgelassenen innerösterreichischen Linien schuld gewesen

als auch gewisse Auslandsrouten, die bisher um eines gewissen Prestige* willen weiterbeflogen wurden?

Dr. Papousek: Wir müssen den Verkehr unserer Gesellschaft in drei Gruppen unterteilen:

• Den Langstreckenverkehr über den Atlantik, den wir am 1. April 1969 aufgenommen haben,

• den Europaverkehr und

• den österreichischen Binnenverkehr.

Wir müssen heute feststellen, daß die Erwartungen, die man in diesen Verkehr gesetzt hat nicht im vollen Umfange erfüllt werden konnten. Der Beschluß, den Transatlantikverkehr aufzunehmen, beruhte auf Verkehrsschätzungen, die auf der Strecke zwischen Wien, Brüssel, New York und zurück im Jahre 1969 mit etwa 38.000 Passagieren rechneten. Tatsächlich haben wir aber vom 1. April bis zum 31. Dezember 1969 nur 18.165 Passagiere befördert. Wenn wir uns das finanzielle Ergebnis des Transatlantikverkehrs vor Augen führen, müssen wir immerhin feststellen, daß wir im Verhältnis zwischen

Erträgen und variablen Kosten einen außerordentlichen hohen Deckungsbeitrag herauswirtschaften konnten. Weil das Unternehmen aber mit einem sehr beachtlichen Fixkostenanteil belastet ist, ergibt sich bei Zuordnung der Fixkosten zum Transatlantikverkehr ein Abgang. Nun wird im Zuge der Rationalisierungsmaßnahmen zweifellos eine Senkung der Fixkosten erreicht werden. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang ganz offen sagen, daß wir „sine ira et studio“ uns genau überlegen werden müssen und auf Grund der Ergebnisse des Jahres 1969 und Wartungen für das Jahr 1970 zu prüfen haben werden, ob und in welchem Umfange die Aufrechterhaltung der Langstrecke für unser Unternehmen gerechtfertigt erscheint. Furche: ... und der Europaverkehr? Dr. Papousek: Zum zweiten Kapitel, dem Europaverkehr, möchte ich sagen: Der Europaverkehr ist bei sämtlichen europäischen Gesellschaften in zunehmender Verbesserung begriffen. Wir konnten bereits 1969 im Europaverkehr eine Kostendek-kung von über 90 Prozent erreichen. Wenn wir berücksichtigen, daß wir mit den neuen Geräten der nächsten Jetgeneration, und hierzu zählt die DC 9, um zirka 30 Prozent billiger operieren können, ergeben sich in der Zukunft für den Europaverkehr echte Chancen.

Furche: Noch eine Frage im Zusammenhang mit Europaflug und Überseeverkehr. Nicht unter Ihrer Ägide

und Ihrer Tätigkeit als Vorstandsmitglied ist die Übereinkunft mit der Sabena getroffen worden. Namhafte Experten des internationalen Flugwesens meinen, es wäre besser für die AUA gewesen, eine Übereinkunft mit Swissair oder mit der Deutschen Lufthansa zu treffen, weil hier bereits die entsprechenden Verbindungen, wie vier Flugrouten nach Frankfurt und täglich fünf Flugrouten nach Zürich, bestehen. Glauben Sie nicht, daß man eines Tages aus dem Vertrag mit der Sabena aussteigen wird, um mit einer der benachbarten Fluggesellschaften, sei es Swissair, sei es Lufthansa, zu einer Übereinkunft hinsichtlich des Transatlantikflugs zu kommen? Dr. Papousek: Man kann im internationalen Luftverkehr, und hier im besonderen im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gesellschaften, zweifellos nicht die Tagesvorteile jeweils realisieren. Es war die Aufnahme des Langstreckenverkehrs in Zusammenarbeit mit der Sabena, gemäß der Entscheidung des Jahres 1968, zweifellos die für AUA wirtschaftlich günstigste Wahl. In welcher Form es in Zukunft zu einer Änderung kommen könnte, darüber sind ja in der letzten Zeit verschiedene Kombinationen in der Öffentlichkeit laut geworden, das kann im Augenblick keineswegs verbindlich ausgesagt werden.

Furche: Zum Binnenflugverkehr: Glauben Sie, daß es hier doch zu

einer Lösung und zu einer Zusammenarbeit mit den Bundesländern kommen wird, oder glauben Sie, daß Einzelwege beschritten werden, wie sie beispielsweise die Styrian Airlines geht?

Dr. Papousek: Wir haben in Österreich die große Schwierigkeit zu bewältigen, daß eigentlich die einzige Strecke, die einen Luftverkehr rechtfertigt, die also einen echten Zeit-vorsprung gegenüber den Bodenverkehrsmitteln anbieten kann, die Verbindung zwischen Wien und Innsbruck ist. Es ist allgemein bekannt, wie schwierig es ist, mit Innsbruck einen regelmäßigen Flugverkehr aufrechtzuerhalten. Auf den übrigen Strecken ist rein schon von der Entfernung her die wirtschaftliche Gestaltung eines Binnen-flugverkehres mit den vereinheitlichten Geräten einer internationalen Fluggesellschaft schwierig. Doch zu den Bestrebungen in den einzelnen Bundesländern: Mangels einer entsprechenden Koordinierung der Luftfahrtpolitik in der Vergangenheit ist es dazu gekommen, daß sich in den einzelnen Bundesländern die dortigen Flughafenbetriebsgesellschaften um eine Gestaltung des Luftverkehres bemühen mußten und die vielfach sehr aufwendigen Bauten für Flughäfen in den Bundesländern mit Leben erfüllen wollten. So sehe ich auch die Bestrebungen in Graz. Daß es nun zmt Gründung der Styrian Airlines gekommen ist, bedeutete für uns zweifellos eine Uber-

raschung, weil wir uns nicht vorstellen können, daß sich dieses Projekt realisieren läßt, noch dazu in Zusammenarbeit mit einer ausländischen Fluggesellschaft Wir wissen, daß erst Anfang März das Ansuchen der Styrian Airlines um Erteilung einer Konzession und entsprechender Verkehrsrechte beim Veirkehrsmim-sterium eingereicht wurde, offiziell wurde uns darüber noch nichts mitgeteilt

Furche: Es wurden in letzter Zeit zahlreiche Personalentlassungen unter der Ägide des neuen Vorstands durchgeführt. Wird man weitere Entlassungen vornehmen und zeigen diese Entlassungen und Kündigungen nicht eigentlich an, daß die Austrian Airlines bisher zuviel Personal gehabt hat?

Dr. Papousek: Wir hatten zweifellos einen überhöhten Personalstand. Daß dies allen unseren Mitarbeitern bewußt war, ist aus der Tatsache ersichtlich, daß die Personalreduzierungen, die wir vorgenommen haben, verhältnismäßig ruhig abgewickelt werden konnten. Wir haben uns in der Zeit zwischen dem 1. Jänner und dem 28. Februar 1970 von 278 Mitarbeitern getrennt Furche: Sind noch weitere Kündigungen in Aussicht genommen? Dr. Papousek: Es ist im Augenblick nicht vorgesehen, weitere Kündigungen in größerem Umfange durchzuführen, das ist auch im Augenblick nicht erforderlich. Die Personalbewegung in unserem Unternehmen wird

sich nicht anders vollziehen als in übrigen Wirtschaft, und wir werden sicherlich da und dort kleinere Korrekturen vornehmen müssen. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang auch sagen, daß die Verhandlungen mit der Personalvertretung in einer sehr sorgfältigen und sehr sachlichen Atmosphäre abgewickelt wurden.

Furche: War der überhöhte Personalstand nicht ein Relikt aus der Koalitionszeit, wo man, um mit Karl Farkas zu sprechen, zwei Herrn anstellte, also von jeder Großpartei einen, und einen dritten, der die Arbeit zu leisten hatte? Dr. Papousek: Vorwürfe dieser Art sind wiederholt erhoben worden. Aber nach den Erfahrungen, die der Vorstand nach mehr als einjähriger Amtszeit gewinnen konnte, liegen die Ursachen doch nicht auf diesem Sektor. Es ist in der Vergangenheit zweifellos mehr in der Richtung einer überhitzten Expansion gearbeitet worden, und dadurch ist es auch in den verschiedenen Bereichen zu einem Personalüberhang gekommen. Daß in einzelnen Fällen da und dort Entscheidungen, wie sie von Ihnen vorhin angedeutet wurden, getroffen wurden, ist sicherlich zutreffend und in Österreich auch keine Besonderheit aber es ist falsch, wenn es als der alleinige und generell für das gesamte Unternehmen verbindliche Grund angesehen wird. Furche: Wir danken für das Gespräch, Herr Direktor.

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