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Aktuelle Probleme der Forst- und Holzwirtschaft

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Die Holzwirtschaft steht seit längerer Zeit im Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Das ist zu begreifen, wenn man bedenkt, daß vom Walde und der Verwertung seiner Produkte rund ein Viertel des österreichischen Volkes Arbeit und Brot findet, daß das Holz und die daraus gewonnenen Erzeugnisse für Oesterreichs Außenhandel einen der wichtigsten Tragpfeiler bilden und daß schießlich jeder einzelne von uns Holz in irgendeiner Form im Laufe seines Lebens von der Wiege bis zur Bahre benötigt.

Rohstoffquelle ist, wie berefts betont, der Wald, zu dem die gewerblichen und industriellen Betriebe der weiteren Verarbeitung in enger Beziehung stehen. Der Rohstoff steht jedoch nicht in unbegrenzter Menge zur Verfügung, sondern darf nur nach dem Grundsatz der sogenannten „Nachhaltigkeit“ genutzt werden. Um ein plausibles Bild zu gebrauchen: man darf nur die Zinsen des vorhandenen Kapitals abheben.

Freilich, so einfach, wie dies auf den ersten Blick aussehen mag, ist das in Wirklichkeit nicht. Es sei hier nur erwähnt, daß noch vor wenigen Jahren zu weiten Teilen dieses „Kapitals“ keine Wege führten, die eine geregelte Nutzung der „Zinsen“ zugelassen hätten, und daß wir erst anfangs des kommenden Jahres aus den Ergebnissen der vollendeten Waldstandsaufnahme ersehen werden können, wie groß dieses Kapital überhaupt ist, während wir über die Höhe der Zinsen noch keine unmittelbaren Ergebnisse erwarten dürfen.

Als sich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres, durch die gesamteuropäische Baukonjunktur bedingt, eine besonders günstige Situation für unseren Holzexport ergab, wurde von einzelnen Zweigen der inländischen Holzverbraucher vorübergehend über Beschaffungsschwierigkeiten in gewissen Holzsortimenten geklagt. Es ist begreiflich, daß in einem Holzüberschußland die Inlandsverbraucher sofort den Ruf nach ausreichender Bedarfsdeckung erheben, wenn die Eindeckung ihres Rohmaterials schwierig wird und dazu zweifellos auch berechtigt sind, wenn die Beschaffung ernstlich gefährdet ist. Außer der Mengenbereitstellung spielen in diesem Zusammenhang aber auch der Preis und die erforderliche Geldflüssigkeit der Käufer eine wichtige Rolle. Wir dürfen jedoch grundsätzlich nicht übersehen, daß der Holzpreis in einem Holzüberscbußlande bei einem freien Wirtschaftssystem nur zu einem geringen Teil vom Inland beeinflußt werden kann. Holz ist ein Weltmarktartikel und sein Preis wird daher weitgehend auf den internationalen Märkten bestimmt, wie dies auch bei anderen Weltmarkgütern; zum Beispiel Kohle, Eisen und ähnlichem, der Fall ist.

Im Rahmen des BHWR, als dem Koordinierungsorgan aller Sparten der Forst- und Holzwirtschaft, hatte man sich daher im Herbst des vergangenen Jahres über Empfehlung der Bundesregierung und nach eingehenden Beratungen zu einer freiwilligen Reduzierung des Schnittholzexports für das Jahr 1955 entschlossen, um etwa auftretenden Mangelerscheinungen und den zu beobachtenden Preisauftriebstendenzen entgegenzuwirken. Da in der Holzwirtschaft auf längere Sicht disponiert werden muß — die Notwendigkeit dazu ergibt sich aus dem Arbeitsgang: Fällung, Bringung, Transport, Lagerung, Verschnitt, Verkauf des Holzes —, wurde diese Exporteinschränkung auch für einen längeren Zeitraum, vorerst für das erste Halbjahr 1955, beschlossen. Außerdem wollte man die Auswirkungen der Exportdrosselung prüfen, um aus. diesen die Folgerungen für eventuelle weitere Maßnahmen zu ziehen.

Leider wurden jedoch in den ersten Monaten dieses Jahres die Maßnahmen der Wirtschaft von politischen Einflüssen überschattet. Die Folge waren unerwartete Verschärfungen der Exportrestriktion, die zahlreiche vom Schnittholzexport abhängige Betriebe im Verlaufe des Frühjahres in große Schwierigkeiten versetzten. Hierzu kam bekanntlich die schwere Sturmkatastrophe des Winters, der in ganz Oesterreich über eine Million Festmeter Holz zum Opfer fielen, die nun zusätzlich auf den Markt drängten. Anderseits zeigte es sich, daß die im Herbst vereinzelt aufgetretenen Schwierigkeiten in der Bedarfsdeckung einiger holzverarbeitender Betriebe relativ rasch behoben waren und die Inlandsverbraucher bald nicht in der Lage waren, das gesamte durch die Exportdrosselung auf den Lagern der Sägewerke sich ansammelnde Schnittholz aufzunehmen.

Dagegen verlangen aber die aus dem Staatsvertrag übernommenen Verpflichtungen und unsere verschlechterte Zahlungsbilanz in der Europäischen Wirtschaftsunion eine Intensivierung der österreichischen Exportwirtschaft. Vereinzelte Sonderinteressen müssen daher im Interesse des Gemeinwohles zurücktreten. Um die Jahresmitte haben die Vertreter aller Sparten der Forst- und Holzwirtschaft wiederum die Wirtschaftslage beraten und sich neuerlich vollinhaltlich zu den Beschlüssen des BHWR vom Herbst 1954 bekannt. Gegenwärtig sind Bemühungen im Gange, die Maßnahmen der Exportdrosselung auf die Basis der Beschlüsse des BHWR zurückzuführen.

Diese in der Oeffentlichkeit zeitweise etwas stürmisch verlaufenen Diskussionen über die Holzexportdrosselung haben sicherlich auch mit dazu beigetragen, daß man sich in Fachkreisen nunmehr intensiv mit einer echten Vergrößerung der Rohholzdecke befaßt. Einerseits soll der Waldbesitzer durch Förderung und Beratimg dazu angespornt werden, seine Maßnahmen zur Verbesserung der Holzproduktion zu steigern. Insbesondere bei der Durchforstung kann ein doppelter Zweck erreicht werden: die Zuwachs-verhältnisse des Waldes und die Holzqualität zu verbessern und außerdem zusätzlich Holz auf den Markt zu bringen. Anderseits ist man bestrebt, die besonders in landwirtschaftlichen und kleingewerblichen Betrieben vorkommende Fehlverwendung des Holzes einzudämmen, um dadurch größere Mengen des kostbaren Rohstoffes einer besseren Verwertung zuzuführen. Wieviel wertvolles Nutzholz wird doch heute noch verfeuert! Würde es gelingen, einen Großteil dieses Holzes “besipielsweise der Papierindustrie zuzuführen, dann wäre nicht nur diesem Industriezweig geholfen, sondern der Bauer könnte auch um den dafür erzielten Mehrerlös mit der Zeit seinen Betrieb modernisieren. Auch die landschaftlich gewiß sehr schönen Holz-Zäune unserer Alpenländer verschlingen große Mengen des besten Holzes. I Nach dem heutigen Stand der technischen Forschung und industriellen Verwendungsmöglichkeit müssen wir erkennen, daß nur etwa fünf Prozent unseres Holzeinschlages ausschließlich als Brennholz anzusprechen sind, während alles übrige Holz Nutzholz ist und zu besseren Preisen technisch zu verwerten ist. Trotzdem wandert heute noch ein Viertel unseres Holzeinschlages in den Ofen. Hierin Wandel zu schaffen, wird wohl für die nächsten Jahre einer großen gemeinsamen. Anstrengung der österreichischen Forst- und Holzwirtschaft, ja der gesamten Volkswirtschaft bedürfen. Den großen Wirtschaftskammern erwächst hierbei nicht nur eine bedeutende Aufgabe, sondern für deren richtige Durchführung auch eine weitreichende Verantwortung.

Gerade in diesen Tagen wird die österreichische Forst- und Holzwirtschaft auf der Holzmesse in Klagenfurt erneut ihr Leistungsvermögen und ihre Konkurrenzfähigkeit unter Beweis stellen. Das Verständnis der breiten Oeffentlichkeit für ihre Probleme wird entscheidend dazu beitragen, einige der hier nur kurz angedeuteten großen Aufgaben der Zukunft zum Wohle unserer Heimat zu meistern.

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