Alle Macht den Konzernen?

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Was CSR kann und was nicht. Zu "Die Guten sind die Dummen" von Christian Felber (Furche Nr. 45). Eine Replik von Christian Friesl.

Österreichs rührigster Unternehmenskritiker Christian Felber schreibt in der Furche der Vorwoche eine Analyse der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, die erwartungsgemäß skeptisch ausfällt. Felber hat in manchem Recht, in seinen drei Hauptpunkten irrt er. Erstens: CSR ist kein politischer Prozess, sondern ein Managementtool und als solches natürlich freiwillig. Zweitens: Unternehmen schaden sich selbst und uns, wenn sie ihre gesellschaftlichen Aktivitäten nicht auch für PR und Marketing verwenden. Drittens: Wer wie Felber meint, Konzerne sollen ihre Macht (noch) stärker zur Durchsetzung von Gesetzen einsetzen, unterschätzt die Politik und hat Demokratie schlecht verstanden.

Seit Anfang 2002 wird in Österreich unter dem Titel "Corporate Social Responsibility" wieder stärker über die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen diskutiert. Nach Enron und Parmalat, nach 9/11 und nach dem Platzen der Dotcom-Blase war dies auch höchst notwendig. Ungewöhnlich war, dass die Diskussion nicht von Gewerkschaften oder NGOs, sondern von den Unternehmen und ihren Interessensverbänden selbst entfacht wurde. Dieser Verlust der Themenführerschaft schmerzt die Unternehmenskritiker bis heute. Spätestens mit dem Leitbild "Erfolgreich wirtschaften - verantwortungsvoll Handeln" (www.respact.at) - übrigens von den Spitzengremien der Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer mit beschlossen - hatte die Unternehmensseite gezeigt, dass es um mehr als einen PR-Gag geht.

In seiner Substanz ist CSR nicht neu, Unternehmen haben sich immer wieder gesellschaftlich eingebracht: Zwischen der Gründung von Schulen und Spitälern durch Firmen und dem Erkennen der ökologischen Herausforderung liegen 150 Jahre. CSR gibt diesem gesellschaftlichen Engagement einen konzeptionellen Rahmen. Die aktuelle Definition der EU beschreibt CSR als Modell für Unternehmen, "auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit ... zu integrieren ... Durch CSR tragen Unternehmen zur nachhaltigen Entwicklung bei."

Mit dem CSR-Modell wird der nachhaltigen Entwicklung für Unternehmen ein Gesicht gegeben. Es ist ihr Modell, in ihrer Sprache verfasst, und die Freiwilligkeit trägt zur Akzeptanz enorm bei. Unternehmen werden motiviert, langfristig und fair zu wirtschaften, die Anliegen der Mitarbeiter besser zu berücksichtigen und auf das soziale wie ökologische Umfeld zu achten. Bei CSR geht es um die Praxis, um das "Wie" des Wirtschaftens in pluralistischen Gesellschaften mit ihren kritischen Konsumenten und gesättigten Märkten.

Die politische Vision der nachhaltigen Entwicklung basiert auf dem Bekenntnis, dass wir für unsere Zukunft und die unserer Enkel erfolgreich wirtschaften, solidarisch handeln und die Umwelt bewahren müssen. Nichts funktioniert ohne das andere, die drei Dimensionen brauchen, stützen und fördern einander. Von daher ist es auch wünschenswert, dass Unternehmen Erfolg und Verantwortung verbinden. Wer durch seine Wirtschaftsweise das Vertrauen der Menschen gewinnt und dadurch Geld verdient, ist in der Zukunft herzlich willkommen. Damit die Guten nicht die Dummen bleiben, sollen sie ihre gesellschaftlichen Aktivitäten auch für PR-Zwecke nutzen. Die Konsumenten sollen schließlich die "Guten" von den "Weniger-Guten" unterscheiden können.

Wirtschaft ersetzt nicht Politik

Wir alle wünschen uns eine bessere Welt. Und wir alle sind dafür verantwortlich - natürlich auch die Unternehmen. CSR hilft ihnen dabei, und viele Beispiele zeigen, dass dies zunehmend gelingt (siehe www.trigos.at). Mit dem Aufkommen des Themas CSR in Österreich ist kein Boom ausgebrochen, aber wachsendes Interesse seitens der Unternehmen und der Öffentlichkeit. CSR ist kein Allheilmittel, aber es wirkt.

CSR hat seine Grenzen, und die sind im Wesentlichen mit der Reichweite des Unternehmens gezogen. Ein Managementtool ersetzt keine Gesetze, erspart uns demokratische Prozesse nicht, und auch die wirtschafts- und sozialpolitischen Konflikte finden jenseits von CSR statt. Und das ist gut so, weil Wirtschaft nicht Politik ersetzen darf. Es ist schmeichelhaft, wenn Felber den Unternehmen so viel Macht zutraut und ihnen rät sie einzusetzen, wünschenswert ist es nicht. Die Debatten um soziale Gerechtigkeit, Verteilungs- und Steuerpolitik sollen an den Unternehmen nicht vorbeigehen, führen muss sie die Politik. Christian Felber wird sich wohl weiterhin mit Parteien, der Zivilgesellschaft und auch der Industriellenvereinigung herumschlagen müssen. Genauso wie mit der Frage, ob nicht neben der Einhaltung der Gesetze freiwilliges gesellschaftliches Engagement die hohe Kunst der Zukunftsgestaltung ist. Bei Bürgern und Unternehmen.

Der Autor ist Universitätsprofessor für Pastoraltheologie und Bereichsleiter Gesellschaftspolitik der Industriellenvereinigung. Er war maßgeblich an der Umsetzung des CSR-Modells in Österreich beteiligt.

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