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Angesägte Sprungbretter

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In Oberösterreich werden Ausbildungsprojekte für Langzeitarbeitslose und Behinderte geschlossen, weil das Arbeitsmarktservice 300 Millionen Schilling aus dem Budget für das Jugendbeschäftigungsprogramm der Begierung aufbringen muß.

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In Oberösterreich werden Ausbildungsprojekte für Langzeitarbeitslose und Behinderte geschlossen, weil das Arbeitsmarktservice 300 Millionen Schilling aus dem Budget für das Jugendbeschäftigungsprogramm der Begierung aufbringen muß.

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Es hätte ein fröhliches Fest werden sollen. Nach zweijähriger Vorbereitungszeit eröffnete vorige Woche der „Verein Arbeitsloseninitiative B 7” in Linz das „Kulinarium”, sein drittes Projekt zur Wiedereingliederung von eingeschränkt vermittelbaren Langzeitarbeitslosen. Doch den Eröffnungsrednern blieben die lobenden Worte für die ausgetüftelte Vorbereitung dieser „schmackhaften” Initiative im Hals stecken. Kurz zuvor war bekannt geworden, daß dem Trägerverein „B 7”, so wie auch rund 30 anderen Sozialprojekten in Oberösterreich, die Ausbildungsund Arbeitstrainingskurse für besonders benachteiligte Arbeitslose durchführen, vom Bund die Mittel drastisch gekürzt wurden.

Keine Lobby

300 Millionen Schilling muß das Arbeitsmarktservice (AMS) in Oberösterreich im kommenden Jahr aus dem laufenden Budget für das Jugendbeschäftigungsprogramm der Begierung aufbringen. Das AMS muß Berufsorientierungskurse für etwa 600 Jugendliche und 400 bis 500 Plätze des „Anlehremodells” auf 18 Monate hinaus mitfinanzieren. Da in Oberösterreich die Arbeitslosenrate mit „nur” 4,6 Prozent relativ niedrig ist, gibt es vom Bund keine zusätzlichen Mittel für Arbeitsloseninitiativen. Eine Budgetumschichtung geht voll zu Lasten von Langzeitarbeitslosen, Behinderten oder arbeitsuchenden Frauen. „Die haben offensichtlich auch bei den Sozialpartnern keine Lobby”, stellen dazu Leiter von Sozialvereinen fest.

„Das ist eine Bankrotterklärung der innovativen Arbeitsmarktpolitik”, klagen die Verantwortlichen der „Plattform OÖ. Sozialprojekte”. Bisher ist bekannt, daß elf Ausbildungs-projekte Angestellt werden, 17 weitere müssen ihre Kurstätigkeit um bis zu 50 Prozent einschränken. In einzelnen Projekten können die Arbeitslosen nicht einmal mehr eine begonnene Lehre oder ein Arbeitstraining zu Ende führen. Betroffen sind Lehrabschlußkurse für Kfz-Mechaniker, Tischler, Glaser, Arbeitstrainingskurse in der Fahrradwerkstatt, im biologischen Landbau und für Wiederein-steigerinnen, aber auch Maßnahmen im Bereich der beruflichen Behabili-tation von Behinderten und in der Frauenstiftung Steyr.

Die „Lehrstellenoffensive” der Bundesregierung kostet in Oberösterreich mehr als 200 Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Arbeitslose (ohne Betreuungspersonal). „Wir wissen, daß es wichtig ist, Lehrstellen und Ausbildungsplätze für Jugendliche zu schaffen. Trotzdem kann man das Bibelwort ,Einer trage des anderen Last' doch nicht so interpretieren, daß man am Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppen gegeneinander ausspielt”, meint ein Betroffener sarkastisch. Oberösterreichs Soziallandesrat Josef Ackerl fordert deshalb für Lehrlinge einen Ausbildungsfonds, in den auch die Wirtschaft einzahlen soll.

Was die Träger der zum Teil sehr erfolgreichen integrativen Projekte besonders erbittert, ist, daß das AMS mit ihnen nicht verhandelt hat. Die Streichung oder Kürzung wurde nur lapidar mitgeteilt. Endgültiges weiß derzeit niemand, das ÄMS rechnet noch.

Ebenso ärgerlich ist, daß durch die Nichtbeteiligung des Bundes an der Finanzierung auch fünf der sechs Projekte, die durch die EU-Gemeinschaftsinitiative „Employment” gefördert werden, nicht starten können. Ein zweistelliger Millionenbetrag aus dem Förderprogramm der EU für Oberösterreich geht dadurch verloren

Schmankerl

Sich dafür einzusetzen, daß das eben aus der Taufe gehobene „Kulinarium” gedeihen soll, haben alle Förderer versprochen. Zwanzig durch Behinderung beschränkt vermittelbare Personen fertigen hier unter Anleitung von drei Köchen Halbfertig- und Fertigprodukte wie pikante und süße Strudel, Laibchen, Pizzaböden, Teigtaschen, Lasagne und diverse Büffet-schmankerln für Einzel- und Großabnehmer (Kantinen und Großküchen) an. Geleitet wird das Projekt von Lore Falkner, die auf dem Gebiet der Arbeitsloseninitiativen des „B 7” (Obmann: Hans Biedler) bereits reiche Erfahrung gesammelt hat.

Zum Start des „Kulinariums” haben das Land Oberösterreich, die Stadt Linz, das AMS, die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung und das Bundessozialamt beigetragen. Das AMS hat die ersten fünf Monate Probezeit der Teilnehmer finanziert. Bei Eignung erhalten die Köche und Köchinnen ein auf maximal zweieinhalb Jahre befristetes Dienstverhältnis beim „Verein B 7”, das unter anderem durch den Europäischen Sozialfonds gefördert wird. Es soll ein Sprungbrett auf den regulären Arbeitsmarkt sein.

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