Asylwerber als Lehrlinge?

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Auch abseits der Debatte um das Schicksal von Lehrlingen im Asylverfahren müssten alle Alarmglocken läuten: 17.800 offene Lehrstellen - 9000 Lehrstellensuchende -beinahe 30.000 unter 25-jährige Arbeitslose. Ist die Ausbildung von Asylwerbern, bei denen nicht sicher ist, ob sie

im Land bleiben dürfen, wirklich eine Antwort auf die Probleme der "händeringend nach Fachkräften suchenden Wirtschaft"? Oder sind nicht andere Fehlentwicklungen gravierender:

Man hat geglaubt, dass Fachkräfte "vom Himmel fallen" und viel zu wenig in Lehrlingsausbildung investiert: Große Firmen haben Lehrwerkstätten geschlossen, weil "Gröscherlrechner" den return of investment nicht gewährleistet sahen.

Man hat durch unternehmensinterne Personalverknappung "Spezialisten" erzeugt, die nicht ohne Weiteres durch Anwerbung vom Arbeitsmarkt ersetzt werden können, wenn sie - oft auch wegen Überbelastung aus gesundheitlichen Gründen -ausfallen.

Man hat jahrzehntelang Debatten über die Einführung der Gesamtschule geführt, obwohl Pflichtschulabsolventen Grundkenntnisse im Lesen-Schreiben-Rechnen fehlen, und "Sekundärtugenden" wie Pünktlichkeit-Höflichkeit-Sauberkeit und Durchhaltevermögen madig geredet.

Asylwerber als Lehrlinge können da nicht viel helfen: Die Gesellschaft spürt vielmehr ihr Versagen im Schulsystem und in der zu geringen Achtung von Familienarbeit. Das ist nicht nur eine Frage der Kinderbetreuung, sondern auch der Arbeitsbedingungen. Und dass schlechte Arbeitsbedingungen sowie das System der Mindestsicherung dazu führen, dass sich für manche Lehrstellen nur Asylwerber finden, steht auf weiteren Blättern, die in der Vergangenheit beschrieben werden hätten können! Soll die Debatte über Asylberechtigte als Lehrlinge davon ablenken?

Der Autor ist Professor für Arbeits-und Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung

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