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Auf dem engen Weg zur Wirtschaftsgleichheit

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Hohe Erwartungen knüpfen Südafrikas Schwarze an die neue Regierung der Nationalen Einheit. Ein Haus, Fließwasser, Elektrizität soll Nelson Mandela für sie herbeizaubern.

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Hohe Erwartungen knüpfen Südafrikas Schwarze an die neue Regierung der Nationalen Einheit. Ein Haus, Fließwasser, Elektrizität soll Nelson Mandela für sie herbeizaubern.

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0,hne Ankurbelung der Wirt-I Schaft wird die künftige Regierung nicht überleben können. Hoffnung vermittelt, daß Südafrika schon bisher ein Wirtschaftsgigant des Kontinents war. Das Land hat viele Ressourcen, natürhche und menschliche. Es besitzt auch eine gute Infrastruktur. Südafrika leidet nicht unter Auslandsverschuldung, hat keine überbewertete Devisema-te, verfügt über ein gut ausgebildetes juristisches und finanzielles System und eine solide industrielle Basis.

Das Hauptproblem der Zukunft wird die Herstellung der Wirtschaftsgleichheit zwischen Schwarz und Weiß sein. Das wird unendlich schwer sein. Nelson Mandela hat ein ambitiöses Umbauprogramm vorgelegt. Danach will er in den kommenden fünf Jahren eine Milhon Wohnungen bauen, in die Townships Wasser leiten lassen, zweieinhalb Milhonen Haushalte mit Elektrizität versorgen und zweieinhalb Millionen Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst schaffen. Mit einer Agrarreform will er Grund und Boden zurückerstatten, den die Schwarzen seit 1913 verloren haben.

Die Entwicklungs- und Aufbauprogramme sehen auch ein gutes Einiommen für die Arbeiter vor, Frauen soll ein sechsmonatiger bezahlter Karenzurlaub zustehen, eine Sozialversicherung wird aufgebaut. Die Liste ist lang und die ANC-Öko-nomen haben Angst, daß der Preis für dieses Programm sehr hoch sein wird. Sie schätzen die Kosten auf zwölf Milliarden Dollar, Kritiker gehen vom doppelten aus.

Die genannten Projekte sind nicht geeignet, die weiße Bevölkerung zu beruhigen. Man karm verstehen, daß - nach Berechnungen der südafrikanischen Zentralbank -1993 4,5 Milliarden Dollar illegal ins Ausland transferiert wurden. Die Weißen glauben, daß die Übergangszeit für Südafrika eine wirtschaftliche Katastrophe bringen wird. Weim in den kommenden fünf Jahren die Kapitalflucht anhält, kommt es zu einer Zahlungsbilanzstörung. Das könnte zu einer Erhöhung der Zinsrate

führen.

Der ANC hat versprochen, das Defizit in den kommenden Jahren nicht über sechs Prozent des BIP gehen zu lassen. Bei Steuererhöhungen wird man vorsichtig sein. Um Geld zur Verfügung 'zu haben wird ein Wiederautbaukredit - genannt „Bond Mandela" - geschaffen. Neue Steuern werden für Luxusgüter eingeführt. Man hofft vor allem auf Kredite seitens der Weltbank. Um Weltbank und Währungsfonds (IMF) günstig zu stinunen, hat der ANC auch sein bisheriges Nationalisierungsprogramm aufgegeben.

Südafrika braucht künftig mehr denn je ausländische Investoren nach einer langen Zeit wirtschaftlicher Sanktionen. Die Bruttoinvestitionen machen heute 15 Prozent des Nationaleinkommens aus, gegenüber 30 Prozent im Jahre 1977. Die direkten amerikanischen Investitionen - 1981 noch 2,6 MiUiarden Dollar - belaufen sich heute auf nur 28 MiUionen Dollar. Zwischen 1982 und 1992 haben 218 amerikanische Firmen das Land verlassen, nur 120 kleinere Betriebe sind geblieben. Die Arbeitslosenrate unter Schwarzen ist ebenso beunruhigend. Zwischen 45 und 50 Prozent der Schwarzen sind heute total oder halb arbeitslos. Die südafrikanische Wirtschaft ist gegenwärtig zu defizitär, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Immerhin sind nach Aufhebung der Sanktionen die ausländischen Investitionen wieder ein bißchen gestiegen. Die Inflation liegt erstmals seit zehn Jahren FOTO PRIVAT unter zehn Prozent, auch kormte der Niedergang der nationalen Investitionen gestoppt werden. Es gibt jedoch keine Auflö-sungserscheinimgen gleich jenen in Namibia oder Simbabwe, als die Schwarzen an die Macht gekommen waren.

Zwischen der Forderung, die Wirtschaft nach 45 Jahren Bürokratie und Protektionismus zu hbera-lisieren, und der Notwendigkeit, die Wirtschaftsgleichheit zwischen Schwarz und Weiß herzustellen, wird der Weg der Übergangsregierung in den kommenden fünf Jah-

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