Aus Ausgeschlossenen werden Akteure

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Fairer Handel ist Ökosoziale Marktwirtschaft in der Praxis, denn der höhere Einkaufspreis des Handels berücksichtigt ökologische, gesellschaftspolitische und soziale Faktoren.

In meiner Jugend stand über den Geschäften, die Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze anboten, zumeist das Schild "Kolonialwaren". Diese Produkte waren etwas Besonderes und teuer. Es wurde aber auch mit großer Selbstverständlichkeit angenommen, dass in den Kolonien der Großmächte die Landwirtschaft nicht für die Bedürfnisse der einheimischen Bevölkerung sondern für den Markt der Industriestaaten produziert. Daran hat sich auch nach dem Ende der Kolonialzeit nicht sehr viel geändert. Der Industrialisierungsprozess in der Landwirtschaft und die billigen Transportmöglichkeiten machten die Ackerflächen des Südens in noch größerem Umfang zu Anbaugebieten für unsere Genussmittel, die dadurch immer billiger wurden.

Den nördlichen Industrieländern gelang es außerdem, durch vielfältige Förderungssysteme ihre eigene Landwirtschaft vor der Überschwemmung durch Billigimporte zu schützen. Bergbauern erhalten besondere Förderung, damit die Alpenregionen nicht veröden, ökologischer Anbau wird wenig aber doch unterstützt, und sogar Brache wird gefördert.

Dennoch gehört auch in unseren Ländern die Landwirtschaft zu den Sorgenkindern. In den Ländern des Südens aber steht die kleinbäuerliche Struktur in Konkurrenz zu Agrarkonzernen und sollte sich auf dem freien Markt behaupten - wie wir aus dem eigenen Land wissen, ein Ding der Unmöglichkeit. Wer die Landflucht in die ausufernden Megastädte des Südens kennt, weiß, dass die Erhaltung einer ländlichen Bevölkerungsstruktur für das Überleben dieser Regionen - in Zeiten der Globalisierung: für die ganze Welt - nötig ist.

Der faire Handel setzt da an, wo politische Rahmenbedingungen gegen die Verelendung und Abwanderung der Landbevölkerung fehlen. Eine industrielle Landwirtschaft, die allein dem Konkurrenzdruck und dem Weltmarkt und seinen Niedrigstpreisen verpflichtet ist, kann keine Rücksicht auf ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit nehmen. Es braucht kleinteilige Gegenkonzepte. Bauern, die sich zu Produktionsgenossenschaften zusammenschließen, benötigen sichere Preise und sichere Partner, um von ihrer Arbeit leben, ihre Kinder in die Schule schicken und sich eine medizinische Grundversorgung leisten zu können.

Das "TransFair-Fair Trade"-Siegel auf Produkten garantiert durch Prüf- und Kontrollstrukturen, dass den Erzeugern ein für ihr Überleben nötiger Preis bezahlt wird. Gleichzeitig wird der Anbau für den Eigenbedarf ermöglicht und durch eine gemischte Landwirtschaft nachhaltig und naturnahe gewirtschaftet. Ein wesentlicher Faktor sind langfristige Abnahmeverträge zu fixen Bedingungen, wodurch die Bauern von den enormen Schwankungen des Weltmarktes unabhängiger werden und dadurch ihre Existenz und Grundversorgung sichern können. Der Zusammenschluss in Genossenschaften verbilligt Verarbeitung und Transport und fördert die Solidarität untereinander sowie die Stärkung nach außen. Aus Ausgeschlossenen werden Akteure des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens.

In den Industriestaaten ermöglicht TransFair all jenen, die genießen wollen, ohne dabei zu Ausbeutern der Menschen im Süden zu werden, eine bewusste Kaufentscheidung. Das TransFair-Siegel ist eine Form der Umsetzung der Theorie einer Ökosozialen Marktwirtschaft. Der höhere Einkaufspreis des Handels basiert allein auf einer Kalkulation, die ökologische, gesellschaftspolitische und soziale Faktoren berücksichtigt. Im Vorfeld der UNO-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Johannesburg zeigt das System des fairen Handels einen gangbaren Weg für eine menschenwürdige Form der Globalisierung. Dadurch können mündige Bürgerinnen und Bürger ein bewusstes Zeichen für ihr Interesse an gerechteren und vernünftigeren Handelsbeziehungen setzen. Natürlich ist TransFair erst der Beginn im Umdenkprozess hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, aber diese Idee wird Kreise ziehen und Veränderung ermöglichen, wenn KonsumentInnen, PolitikerInnen und die Verantwortlichen in der Wirtschaft die Zeichen der Zeit erkennen und danach handeln.

Die Autorin ist Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung der Erzdiözese Wien.

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