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Banken beraten, Diskonter verkaufen

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Bankinnovationen der nächsten 15 Jahre werden vom zunehmenden weltweiten Wettbewerb der Banken untereinander und dem Vorstoß „Branchenfremder" in die tradtitio-nellen Bereiche der Banken bestimmt sein. Davon ist Hans Ambros, Direktor der Studiengesellschaft für Sparkassen-Automation und -Innovation, überzeugt. In einer Zeit, wo das Wissen der Welt sich bereits alle drei Jahre verdoppelt, die Computerleistung sich alle dreieinhalb Jahre verzehnfacht, fast 70 Prozent der Computer in den USA bereits mit elektronischen Mailboxen verbunden sind und 55 Prozent der 19- bis 34jährigen Amerikaner 1994 den elektronischen Bankverkehr nutzten, hat der die Nase vorne, der der Zukunft einen Schritt voraus ist, meint Ambros weiter.

Und die Zukunft hat schon begonnen. Spielerisch, mit Spielen und Lernprogrammen auf CD-ROMs, kommt die „Virtual World", die künstliche Welt auf uns zu. Als nächstes werden der Einzelhandel und der Dienstleistungssektor die neuen In-formations- und Kommunikations -technologien nützen. Das Kauf- und Konsumverhalten wird sich ändern.

Was sich nicht ändern wird ist, daß jeder Kauf bezahlt werden muß. Die Geldinstitute sollten daher „die sich abzeichnenden neuen Kommunikationswege mit erweiterter Servicequalität in ihre Vertriebspalette aufnehmen", empfielt Ambros in seinem Buch „Virtual Reality - Virtual Ban-king".

Im Zeitalter der weltumspannenden Computernetze und multimedialen Übertragungsmöglichkeiten besteht für die traditionellen Banken die Gefahr von „Branchenfremden" verdrängt zu werden, befürchtet Ambros. Damit sind Tochtergesellschaften von Handels- oder Vertriebsgesellschaften gemeint, die traditionelle Bankdienste - etwa einen Kredit - an den Verkauf ihrer Produkte koppeln. Eine Praxis, die der amerikanische Versandhandelsriese Sears sehr erfolgreich betreibt.

Zum Sears-Konzern gehören heute Tochtergesellschaften aus allen Bereichen der Wirtschaft, darunter auch eine eigene Sparkasse. Über diese bietet der Konzern seinen Kunden alle traditionellen Bankdienstleistungen an. Und ein Kredit, der als „Zubringerdienst" für Warenkäufe dient, kann zu günstigen Konditionen gegeben werden, wird doch der niedrigere Zinsfuß mit den Profiten aus den Üm-satzzuwächsen kompensiert. Dazu kommt die Politik der Konzerne, die 4 Kunden an sich zu binden: Wurden anfangs noch die unterschiedlichsten Debit- und Kreditkarten der Kunden akzeptiert, können diese nunmehr nur mit der konzerneigenen Kundenkarte „Discovery" zahlen - mit einer Ausnahme, der Americard, an der Sears beteiligt ist.

Auf die Banken könnte durch diese Geschäftspolitik ein ungleicher Wettbewerb zukommen. Im schlimmsten Fall würde ihnen die Abwicklung des teuren Zahlungsverkehrs bleiben, während der Kunde wegen der besseren Konditionen oder auch der einfacheren Handhabung „fremdgeht", befürchtet Ambros.

Die Autobanken sind ein weiteres Beispiel dafür, wie schnell den Banken die Felle davonschwimmen kön-nen.Waren vor zehn Jahren die meisten der von Autohändlern angebote nen Kredite noch vermittelte Dienstleistungen der traditionellen Kreditwirtschaft, so hat sich die Situation seit 1994 drastisch verändert. Heute gibt es kaum noch einen Autoherstel-ler, der nicht über seine eigene Leasingtochter oder Finanzabteilung ein „maßgeschneidertes" Angebot dem Autokäufer anbietet. Bereits ein Drittel dieser in Deutschland vergebenen Kredite und Leasingverträge entfallen auf derartige Aktivitäten. Und schwer ist es, einen einmal verlorenen Markt zurückzuerobern.

Über Internet wird sich die Flut der attraktiven Angebote rasch verbreiten. Das kann sich für den Anleger nachteilig auswirken, wenn er die verlockenden Angebote nicht einer genauen Prüfung unterzieht. Hohe Zinsen bedeuten nicht unbedingt einen hohen Ertrag. Gültig bleibt nach wie vor die alte Anlegerregel, wonach hohe Renditen immer mit einem hohen Risiko verbunden sind. Demgegenüber bedeutet ein niedriges Risiko auch weniger Ertrag. Alles in allem sollte jedoch der internationale Wettbewerb die Bankprodukte verbilligen, bis hin zu einer „Diskontermenta-lität", ähnlich der derzeitigen Situation am Elektrogerätemarkt.

Den Banken bleibt die Beratertätigkeit, gekauft wird jedoch beim „Diskonter". „Beratungstätigkeit der Banken muß daher in Zukunft etwas kosten, ähnlich dem Kostenvoranschlag eines Handwerksbetriebes, der seine Planungs- und Beratungstätigkeit ja auch in Bechnung stellt, bleibt der erhoffte Aufttrag aus", schlägt Ambros zur verschärften Wettbewerbssituation der Geldinistitute vor.

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