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Bilanz des Bauernjahres

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Drei Leitworte seien diesem Beitrag voran- gestellt:

• Eine Volkswirtschaft kann auf Dauer nur gedeihen, wenn alle Stände einander Achtung und Vertrauen erweisen. Die österreichische Holzmesse und Kärntner Landesausstellung soll Gelegenheit bieten, auch Leistung und Anliegen der Kärntner Landwirtschaft zu würdigen und zu verstehen.

• Ein Jahr der Rückschau ist auch volkswirtschaftlich so viel wie für den Bauern eine Jahresernte und die Aussaat für die nächste.

• Wie der Bauer selbst den Erfolg des Jahres nicht an seinen geleisteten Arbeitsstunden mißt, können sich auch Staat und Standesvertretung nicht mit dem Nachweis der aufgewandten Mittel bescheiden, sondern müssen den Erfolg ihres Einsatzes daran messen, in welcher Richtung sich die Landwirtschaft entwickelt hat und was damit an Werten geschaffen oder an Schaden verhindert worden 1st

Die Entwicklung der Erzeugung ist nicht nur für den einzelnen Bauern allein gültiger Maßstab des Erfolges, sie muß es auch in agrar- und volkswirtschaftlichem Sinne sein und bleiben. Das Wirtschaftsjahr 1963/1964 brachte eine überdurchschnittliche Ernte an Getreide, Hackfrüchten und Futter. Das neue Wirtschaftsjahr beginnt mit einem vielversprechenden Stand an Getreide und mit einem hervorragenden Futterwuchs.

Zuwachs an Schlachtrindern

Mehr als drei Viertel der gesamten Pflanzenernte im Alpenland werden über die Viehwirtschaft verwertet. Diie reichliche, gute Futterversorgung bewirkte eine weitere Steigerung der Milcherzeugung und in noch stärkerem Maße einen steigenden Zuwachs an Schlachtrindern.

Die Ausrichtung der Erzeugung auf die Bedingungen der Betriebs- und Marktwirtschaft kam noch nie zuvor in so prägnanter Tendenz zur Wirkung wie in diesem Wirtschaftsjahr. Intensivierung des Getreidebaues, Übergang größerer Betriebe auf betonte Rindermast, Verlagerung der Milcherzeugung auf die mittel- und bergbäuerlichen Grünlandbetriebe und „innere Betriebsaufstockung” vieler Familienbetriebe sind das Ergebnis wirtschaftlichen Zwangsüberlegung gleichwie erfolgreicher Wirtschaftsberatung.

Die Landwirtschaftsförderung — Landwirtschaftskammer, Landwirtschaftsschulen und Genossenschaftsorganisation — kann die im Wirtschaftsjahr 1963/64 vollzogene Entwicklung der Erzeugung in Richtung Produktivität, Qualität und Wirtschaftlichkeit als eina Jahresernte ihrer seit fünfzehn Jahren unbeirrt auf lange Sicht eingezielten Arbeit buchen.

Die Entwicklung des Marktes und der Preise entscheidet jedoch erst, ob der Segen der Ernte und der Aufwand einer Jahresarbeit dem Bauern und seiner Familie dais angemessene Einkommen bringen. Der nach Abzug der’ betriebsfremden Sachkosten und Dienstleistungen verbleibende Markterlös stellt den Arbeitslohn der Bauernfamidi dar. Um der Landwirtschaft die Annäherung ihres Einkommens an die gesamtwirtschaftliche Parität zu verschaffen, verlagern sich die Aufgaben und Arbeitsziele der Standesvertretung und der Genossenschaftsselbsthilfe gebieterisch auf Marktsicherung und Preisbildung. Leider scheint es oft, daß es weniger schwer ist, mit dem Wirken der Erzeugungsförderung vor den Gesetzen der Natur zu bestehen, als auf den Gebieten der Marktwirtschaft und Preispolitik die in menschlichem Unverstand wurzelnden Gegenkräfte der Umwelt zu überwinden.

Zur Sicherung des Marktes wurden in Kärnten in einträchtiger Zusammenarbeit der Landwirtschaftskammer mit dem Raiffeisenverband und seinen Genossenschaften die Molkereien zu größerer Leistungsfähigkeit ausgebaut, ein landwirtschaftseigenes Futtermittelwerk auf volle Touren gebracht und mit der Schaffung eines Kühllagerhauses die wichtigste Voraussetzung einer dem Verbrauchsmarkt in gleicher Weise wie der Landwirtschaft dienenden Vorratswirtschaft an Fleisch und Fleischwaren geboten. Der langjährige Obmann des Raiffeisenverbandes, ÖR Dipl.-Ing. Valentin Maierhofer, hat sich mit Initiative, Tatkraft und Weitblick das Denkmal seines Lebenswerkes gebaut.

Kärnten ist zufolge seiner Lage im markt- geographisch „toten Winkel” des West-Ost- Nord-Süd-Gefälles auf die Ausfuhr von Schlachtrindern nach dem natürlichen Markt Italien angewiesen. Es bedurfte leider in diesem Wirtschaftsjahr vieler Anstrengungen der Landwirtschafts Vertretung Karn tens, an diesem Rinderexport in angemessenem Umfang teilnehmen zu können und damit die Landwirtschaft Kärntens vor ärgstem Unrecht zu bewahren.

Die vor einem Jahr erkämpfte Nachziehung des Erzeugerpreises für Milch ist wohl — ohne das Gebot der Bescheidenheit zu übertreten — zum Teil der Initiative der Landwirtschaftsvertretung Kärntens zu danken gewesen. Diese Feststellung darf nicht als Eigenlob gelten, sie soll vielmehr das bäuerliche Vertrauen stärken, daß dieselbe Initiative auch den notwendigen zweiten Schritt zur Angleichung an das gesamteuropäische Niveau und damit zur Milderung der bäuerlichen Einkommensdisparität mit Erfolg tun wird.

Entscheidend ist der bäuerliche Mensch, ob der Landwirtschaft die innere Integration in Österreichs Gesamtwirtschaft und die äußere in die Wirtschaft und in das Sozialgefüge Europas gelingen wird, ohne das der „Bauernhof Österreich” und seine Menschen, mit Ihnen Vaterland und Volk, Schaden an Leib und Seele nehmen.

Was in einem kleinen Bundesland zur inneren Festigung des Bauerntums mit den zu Gebote stehenden Kräften und Mitteln getan werden kann, wird in Kärnten getan. Die Landwirtschaftsschulen für Jungbauern und Jungbäuerinnen, Land-Facharbeiter und Führungskräfte der Zukunft, die lebendige

Organisation der „Kärntner Landjugend” und das neugeschaffene „Bäuerliche Volksbildungsheim Krastowitz” sind am Werke, das Kärntner Bauernvolk von morgen zu neuer Wesensart in bewährter Tradition zu gestalten. Den jungen bäuerlichen Menschen und jedem, der von anderer Berufsherkunft aus Dorf und Stadt zum Bauernberuf als dem Mangelberuf Nr. 1 der Zukunft zurückkehren will, werden an den landwirtschaftlich-bäuerlich-kulturellen Bildungsstätten Kärntens das geistige Rüstzeug des Berufes an Wissen und Können und gleichermaßen die ideėllen Grundlagen der Charakterformung geboten, „Bauer zu werden und bleiben zu wollen”.

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