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Biosprit hat gute Chancen

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Die Herstellung von Biotreibstoffen ist längst zu einem wachsenden Industriezweig geworden. Bis 2020 könnten sie zwölf Prozent der traditionellen fossilen Kraftstoffe ersetzen. Schon jetzt zeigen sich positive Auswirkungen für die Umwelt.

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Die Herstellung von Biotreibstoffen ist längst zu einem wachsenden Industriezweig geworden. Bis 2020 könnten sie zwölf Prozent der traditionellen fossilen Kraftstoffe ersetzen. Schon jetzt zeigen sich positive Auswirkungen für die Umwelt.

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Im Jahr 1987 wurde in Osterreich die erste Pilotanlage für die Umwandlung von Bapsöl in Rapsmethylester (RME), besser bekannt als Biodiesel, errichtet. „Bis vor fünf Jahren gab es aber in ganz Europa keine nennenswerte Produktion", berichtet der Energieexperte Heinz Kopetz. In 17 größeren europäischen Produktionsanlagen werden zur Zeit rund 450.000 Tonnen Biodiesel erzeugt, in Österreich waren es im Vorjahr 28.000 Tonnen.

In der EU wurden 1996, so Kopetz, zum Anbau der Rohstoffe wie Raps von derzeit fünf Millionen Hektar stillgelegter Ackerflächen etwa 500.000 Hektar genutzt. Auch wenn einige der stillgelegten Flächen wieder der Erzeugung von Nahrungsmitteln dienen sollen, werden große Anbaugebiete durch die geplante Osterweiterung der EU dazukommen.

Ähnlich wie bei anderen Formen von Bioenergie ist für einen Ausbau der Herstellung und Nutzung von Biotreibstoffen eine Änderung politischer Bahmenbedingungen nötig. EU-Komissär Franz Fischler fordert, diese von der Mineralölsteuer zu befreien. Zudem braucht es gezielte Förderung für Forschung und Entwicklung - auch hier ein Stiefkind, so Kopetz. Biokraftstoffe sind meist teurer als konventionelle Treibstoffe - aber Auswirkungen der Verbrennung auf Umwelt und Gesundheit werden dabei nicht mitkalkuliert.

In einer EU-Prognose wird geschätzt, daß im Jähr 2005 1,6 Prozent der Transportkraftstoffe „Biofuels" sein werden, 2020 könnten es zwölf Prozent sein. I )ies wäre ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit und würde die europäische Abhängigkeit von Ölimporten deutlich reduzieren.

Phillipe Mauguin von der französischen Umwelt- und Energieagentur „Ademe" erinnert in diesem Zusammenhang an die Bio-Konferenz 1992. Bei dieser wurde für das Jahr 2000 bekanntlich eine Stabilisierung der C02-Emissionen auf dem Niveau von 1990 vereinbart. Schon jetzt ist klar, daß dieses Ziel nicht erreicht werden wird. Auf EU-Ebene wird aber geplant, die C02-Emissionen wenigstens in den nächsten 25 Jahren um 60 Prozent zu reduzieren: 20 Prozent Reduktion könnten durch effizienteren Einsatz von Energie vor allem im industriellen Bereich kommen, 20 Prozent durch Maßnahmen im Verkehrs- und Transportsektor und weitere 20 Prozent durch den Einsatz von Biotreibstoffen erreicht werden, meint Mauguin.

Internationale Berechnungen gehen bei Biodiesel von einer positiven Energiebilanz im Verhältnis 1:3 und-einer Beduktion von bis 3,2 Kilo CO, pro Kilo Biodiesel aus. Berücksichtigt ist auch die für den Traktor und die Düngemittel benötigte Energie, so Wer ner Körbitz, Vorsitzender des Österreichischen Biotreibstoff-lnstituts. Energie- und CO,-Bilanz fallen bei biologischer Landwirtschaft noch besser aus.

Nicht so euphorisch sieht das Ernst Dorfner, Geschäftsführer des oberösterreichischen Naturschutzbundes: „Der Anbau von Baps braucht einen vergleichsweise hohen Einsatz von Düngemittel. Baps ist stark anfällig für verschiedene Schädlinge' und ,Unkraut', teils ist der Einsatz von Fungiziden und Pestiziden hoch." In der Biolandwirtschaft spiele Raps nur eine sehr unbedeutende Rolle. Werde er aber mit konventionellen Methoden erzeugt, wäre die Energiebilanz sicher nicht so positiv.

Dorfer verweist zudem auf neue Berechnungen der deutschen Enquetekomission für Klimaschutz: „Die Umstellung auf ökologische

Landwirtschaft würde eine Einsparung von bis zu 64 Prozent der investierten fossilen Energie bringen." Diese Maßnahmen hätten daher Vorrang. Auch im Hinblick auf CO,-Einsparung gibt es Methoden (Verbrennung von Durchforstungsholz in Biomasse Anlagen), die rascher Erfolge bringen.

Ein Vorteil der Verwendung von Biodiesel ist, daß weniger Schadstoffe entstehen: Die Emissionen von Koh-lenmonoxid liegen deutlich unter denen konventioneller Treibstoffe, weiters werden um 50 Prozent weniger Kohlenwasserstoffe und Stickoxide emittiert. Beduziert - bis zu 60 Prozent - wird auch der Ausstoß von Rußpartikeln, die zum Anstieg von Erkrankungen der Atemwege bei Kindern und Jugendlichen beitragen. Zudem ist Biodiesel innerhalb von drei Wochen vollständig biologisch abbaubar. Angesichts der Unzahl von Unfällen, die lang andauernde Verschmutzungen ganzer Landstriche beim Transport konventioneller Treibstoffe hervorrufen, ist das ein wichtiger Faktor. Auch die Toxizität ist wesentlich geringer.

Ein weiterer positiver Umweltaspekt ist die Ausweitung der Ausgangsprodukte für Biodiesel: Altspeiseöle und Altfette lassen sich für diesen Zweck verwerten. In Mureck in der Steiermark wurde erstmals in Europa - eine große Anlage in Betrieb genommen. Vor allem aus dem gewerblichen Bereich Großküchen, Nahrungsmittelerzeugung - fallen große Mengen an diesen bislang kaum genutzten Rohstoffen an. Gefördert werden müßte allerdings die Sammlung von Altspeiseölen auch aus dem privaten Bereich.

„Die Nutzung von Biodiesel muß sich nicht auf Nischenmärkte beschränken", betont Mauguin. In Österreich wird er vor allem in Wasserschutzgebieten und in der Landwirtschaft eingesetzt. In Frankreich wird Biodiesel demnächst im Ausmaß von zumindest fünf Prozent normalem Diesel beigemischt, bei Bussen sollen es 30 Prozent sein. In den USA wird per Gesetz flächendeckend die Beimischung des aus nachwachsenden Rohstoffen (zum Beispiel Zuckerrüben oder -rohr oder auch aus Papier- und I Iolzabfällen) hergestellten Biotreibstoffs Ethanol zu normalen Treibstoff betrieben. Im Vormarsch ist auch die Umstellung von Motoren, damit sie problemlos Biodiesel beziehungsweise Benzin-Etha-nol-Mischungen verbrennen können. Biodiesel könnte schon jetzt bei den neuen Modellen von VW und Audi verwendet werden bei anderen Motoren bedürfte es geringfügiger Änderungen: vor allem den Austausch der Benzinleitungen. Das würde etwa 500 Schilling pro Fahrzeug kosten, meint Körbitz.

Einige der großen öl verarbeitenden Betriebe seien, so Mauguin, von ihrer anfangs ablehnenden Haltung gegenüber Biotreibstoffen abgerückt. Firmen wie Total, Agip, Fina oder Elf seien in die Verarbeitung und Vermarktung eingestiegen, auch Shell -offiziell eher zurückhaltend - sei in Frankreich an der Biodieselvermarktung beteiligt.

In Österreich sieht Körbitz größere Nutzungsmöglichkeiten für Biodiesel beim Bootsverke.hr auf Seen (pro Jahr immerhin ein Verbrauch von 7.000 Tonnen Diesel) oder bei Schipistengeräten, die pro Jahr 15.000 Tonnen Diesel verbrauchen.

Der Autor ist

freier Journalist in Oberösterreich.

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