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Bretten Woods

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Getragen von Verantwortungsbewußtsein haben im Juli 1944 Vertreter von 44 Staaten ihren Regierungen die Annahme eines Weltfinanzabkommens vorgeschlagen und damit den ersten Baustein gesetzt zum Wiederaufbau einer durch Krise und Krieg völlig zerrütteten Weltwirtschaft. Sie haben sich damit zu einem internationalen Abkommen bekannt, das in seinen Grundlagen und Zielen von besonderer Bedeutung ist, da es zum ersten Male in der Geschichte eine Beschränkung derFinanzsouveränität der einzelnen Staaten durch Schaffung übernationaler Organisationen bedeuten würde. Noch hat uns die Nachricht nicht erreicht, daß dieses in Bretton Woods (New Hamshire, USA.) abgeschlossene Übereinkommen von den in Beträcht kommenden Regierungen ratifiziert wurde. Sollte doch bis 31, Dezember 1945 die Beschlußfassung durch jene Mitgliedsstaaten vorliegen, deren i Anteil mindestens 65 Prozent der Gesamtzeichnungen ausmacht. Noch wissen wir also noch nicht, ob den Vorschlägen zur Schaffung einer internationalen überstaatlichen Finanzprgani-sation Lebenskraft beschieden sein wird. Da jedoch die USA. und das britische Weltreich .die Beschlüsse von Bretton Woods angenommen, haben, besteht, die Annahme, daß den Zielen dieser Konferenz Erfolg beschieden sein wirdv

Als erste überstaatliche Einrichtung' ist die Schaffung einer internationalen Bank erwogen, mit der Aufgabe, den Wiederaufbau der kriegsverwüsteten Wirtschaft einzuleiten. Das Tätigkeitsfeld der Bank ist vorerst nur auf die Mitgliedsstaaten bfegrenzt, so daß Mitteleuropa und so auch Österreich — vorerst aus dieser Schöpfung keinen Nutzen zu ziehen in der Lage sein wird

Ihr Ziel will die Bank teils durch direkte Beleihung, teils - — und dies scheint das Hauptgeschäft der geplanten Institution zu Sein ■— durch Vermittlung von Krediten auf den Geldmärkten der Mitglied s s t a a t e n mit oder ohne Bürgschaft der internationalen Bank zu erreichen. Hiebei ist die Kreditgewährung auf produktive Zwecke eingeschränkt. Das Kapital der Bank soll 9.1 Milliarden Dollars betragen, die von den teilnehmenden Nationen zu ungleichen Teilen zu übernehmen und mit 20 vom Hundert bar zu berichtigen sind. Von diesen 20 Prozent sollen 18 Prozent in den Währungen der Mitgliedstaaten und 2 Prozent in Gold oder USA.-Dollars gezahlt werden. Die restlichen 80 Prozent gelangen erst über Aufruf der Bank zur Einlösung und könnnen in Gold-dollars oder in der Währung berichtigt werden, in der die Einzahlung verlangt wird.

Die unmittelbaren Kredite, die durch die Bank verliehen werden können, sind mit 20 Prozent des Kapitals begrenzt, können daher den Betrag von 2 Milliarden Dollars nicht überschreiten. Dies serzt dem Direktorium jene Schranken, die möglicherweise notwendig sind, um eine internationale Kreditinflation zu vermeiden und geben den Mitgliedstaatcn die Gewähr einer gewissen Sicherheit für die von ihnen übernommenen Anteile.

Dies sind mit kurzen Worten die Grundlagen des neu zu schaffenden Instituts. Dessen Aussichten? Es muß festgehalten werden, daß diese nur dann als günstig zu beurteilen sind, wenn die Anleihen langfristig und zu einem möglichst niedrigen Zinssatz verliehen werden. Das erfordert Einsicht und Genügsamkeit von allen jenen Mitgliedsstaaten, die durch die Größe ihres Anteils entscheidenden Einfluß in der Geschäftsführung besitzen. Wenn weiter der Grundsatz eingehalten wird, nur produktive Anleihen zu gewähren und die Mitgliedsstaaten die Einschränkung ihrer Ffrranzsouveränität und damit eine gewisse Kontrolle ihrer Wirtschaft auf sich nehmen, dann mag der gewünschte Erfolg erreicht werden.

Als zweies Fundament wurde in Bretton Woods ein Abkommen über einen internationalen Währunpsfond geschlossen, das sich, obwohl ursprünglich noch viel weiter gedacht, kein geringeres Ziel setzt,als das ih den letzten 15 Jahren entstandene

Währungschaos zu beseitigen und damit die Welthandelsbeziehungen wieder auf feste Grundlagen zu stellen. Durch den Fonds soll die Stabilität der Wechselkurse gefestigt werden, Kursabwertungen aus Gründen des Wettbewerbes sind verpönt. Deshalb haben sich die einzelnen Länder mit einer Kontrolle ihrer Devisenpolitik einverstanden zu erklären, besitzen andererseits die Möglichkeit, zur Abtragung ihrer Importschulden die nötigen Devisen zu einem festgesetzten Preis beim Fonds einzukaufen. Auch können ihnen Devisenkredite, jedoch nur bis zum doppelten Betrag ihrer Einlage, gewährt werden.

Der Fonds soll über 8.8 Milliarden Dollar verfügen, die durch quotenmäßige Beteiligung seitens der Mitgliedsstaaten aufzubringen sind. So haben die USA. 2750 Millionen Dollar, das Britische Reich 1300 Millionen Dollar, Rußland 1200 Millionen Dollar, China 550 Millionen Dollar und Frankreich 450 Millionen Dollar teils in Gold, teils in Devisen einzuschießen. Diese fünf Länder werden allein infolge ihrer Quoten den W e 11 d ? v i s e n m a r k t dirigieren. Wenn sie von der ihnen eingeräumten Macht weisen Gebrauch machen und die einzelnen Staaten bereit sein werden, gewisse nationale Opfer zu bringen, dann mag man die geplanten internationalen Einrichtungen als wichtige Vorsoge für den Weltfrieden begrüßen.

Besonders wertvoll erscheint die Bestimmung, daß die Mitgliedsstaaten keine Änderung von Wechselkursen vornehmen dürfen, die 10 Prozent übersteigen. Damit erscheint unlauteren Währungsmanipulationen, wie sie in früheren Jahren vielfach, und zum Schaden des Welthandels, vorgenommen wurden, Einhalt geboten zu sein.

So eindrucksvoll die Maßnahmen erscheinen, ist doch von ihnen eine Universalheilwirkung nicht zu erwarten. Ein gewichtiger Fortschritt ist erzielt, aber es bleibt doch oberstes Gebot für alle Einzelstaaten die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Länder vorerst selbst in Ordnung zu bringen.

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