Credisuisse - © Foto: APA / AFP / Fabrice Coffrini

Credit Suisse: Black-Box-Status der Finanzwelt knacken!

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Die Übernahme der Credit Suisse gleicht einer Reanimation auf Zeitdruck, sagt Transformationsökonom Stefan Brunnhuber. Für die Zukunft fordert er ein Preisstabilitäts-Mandat für Zentralbanken. Eine Offerte.

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Die Übernahme der Credit Suisse gleicht einer Reanimation auf Zeitdruck, sagt Transformationsökonom Stefan Brunnhuber. Für die Zukunft fordert er ein Preisstabilitäts-Mandat für Zentralbanken. Eine Offerte.

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Ein Schweizer Bankhaus, das seit 1856 bestand, wurde binnen Stunden aufgelöst. Die Fehler, die bei der Credit Suisse gemacht wurden, sind hinlänglich besprochen: Großinvestoren haben ihr Geld abgezogen, Schwarzgeld-Transaktionen wurden abgewickelt, man ließ sich zu hochriskanten Hedgefonds-Beteiligungen hinreißen. Federführend durch das Schweizer Finanzministerium wurde nun ein Deal ausgehandelt, der in dieser Form in der Bankenlandschaft einmalig ist: Dabei handelt es sich nicht um ein klassisches „Bail-out“ (Schuldenübernahme), sondern die relativen Kosten der Insolvenz wurden weitsichtig abgewogen. Dazu gehört, dass Großaktionäre bis zu 80 Prozent ihrer Anteile abschreiben müssen, die Schweizer Zentralbank 250 Milliarden Schweizer Franken an zusätzlicher Liquidität zur Verfügung stellt, hochverzinsliche Anleihen (sogenannte AT-1 Anleihen) von 16 Milliarden in Eigenkapital gewandelt und dann ebenfalls teilweise abgeschrieben werden. Gleichzeitig wurden die Bonuszahlungen eingefroren. Auch der Staat und damit der Steuerzahler tragen mit einer Haftung von über 100 Milliarden Schweizer Franken die Konsequenzen.

Vergleich mit 2008 hinkt

Im Kern ging es bei dieser Lösung darum, einen „Bank-run“ mit seismografischen Auswirkungen zu vermeiden. Der globale Finanzsektor ist mit seinen multiplen Verflechtungen in verschiedene Rechtsräume unübersichtlich. Niemand kennt alle Beteiligungen. Er ist eine Black-Box. Nun sind „Bank-runs“ nichts Unübliches – wenn zu viele Investoren oder Sparer ihr Geld zurückhaben wollen, führt das dazu, dass eine Bank zahlungsunfähig wird. Obwohl die Bank genügend Geld für das laufende Geschäft zur Verfügung hätte, kann sie im Falle eines „Bank-runs“ nie alle Kunden bedienen. Keine Bank auf der Welt kann das.

Das ist administrativ auch gar nicht vorgesehen. Es gehört zum allgemeinen Geschäftsmodell von Geldinstituten, dass sie kurzfristige Einlagen halten, um damit langfristige Verbindlichkeiten einzugehen, um aus dieser „Fristentransformation“ einen Gewinn zu erzielen. Wenn nun aber am langen Ende die Zinsen steigen, verlieren die Anleihen an Wert und können nur noch mit einem Abschlag verkauft werden, um dann kurzfristige Forderungen zu bedienen. So oder so ähnlich hat es sich auch bei der Credit Suisse verhalten. In dieser Lesart ist die aktuelle Bankenkrise nicht identisch mit der Bankenkrise von 2008, der eine Fehleinschätzung im Immobilienmarkt sowie ein spekulativer Überhang an CDS (Credit default swabs) vorausging. Allein in den letzten 20 Jahren kann man über 563 „Bankruns“ registrieren, die dann zu Insolvenzen geführt haben.

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