7115903-1996_15_15.jpg
Digital In Arbeit

Cyber-Shopping mit E-Money

Werbung
Werbung
Werbung

An das Internet waren Mitte 1995 rund 35 bis 45 Millionen Nutzer und rund vier Millionen Rechner angeschlossen. Neben Informationen zu nahezu allen Wissensgebieten und Einkaufszentren boten Mitte 1995 auch rund 100 Finanzdienstleister -auch aus dem Nichtbankenbereich -ihre Produkte und Dienstleistungen via Internet an. Zwar sind s derzeit noch vorwiegend Produktinformationen, in zunehmendem Maße wird aber auch die Durchführung von Transaktionen angeboten. Schätzungen amerikanischer Experten sprechen davon, daß im Jahr 2000 100 Millionen das Netz nützen und Produkte und Informationen im Wert von mehreren hundert Milliarden US-Dollar über das Internet weltweit bestellt werden. Hans Ambros, Direktor der Studiengesellschaft für Sparkassen-Automation und -Innovation, befürchtet, daß die Abwicklung der Bezahlung dieser Angebote überwiegend von Nichtbanken durchgeführt werden wird, „wenn die Kreditinstitute nicht entsprechende Dienstleistungen im Internet anbieten".

E-Cash erlaubt es jedem Internet-Nutzer seine Einkäufe mittels gespeichertem, „digitalem Geld" zu bezahlen. Und E-Geld ist keine Fiktion mehr. Seit einigen Monaten zirkuliert es bereits in Computernetzen.

Als erstes Finanzinstitut der Welt verbucht die Mark Twain Bank in St. Louis, Missouri, USA, die „E-cash" genannte Software-Währung der niederländischen Firma Digicash. Ihr Gründer ist der Verschlüsselungs-Spezialist und Cybermoney-Guru David Chaum.

Bei der Mark Twain Bank kann heute jeder ein E-cash-Konto eröffnen. Gegen Überweisung von realen Dollars verfügt man dann über den entsprechenden E-cash-Betrag. Damit kann man in jenen Cyber-Shops im Internet einkaufen, die diese Währung akzeptieren. Mittlerweile sind das mehr als 40 Geschäfte in Florida mit unterschiedlichsten Warenangeboten. Auch verschiedene Finanzdienstleistungen sind im Angebot. Daß auch Einwände gegen das elektronische Geld laut werden, dürfte nicht überraschen. Befürchtet wird, daß sich das neuartige Geldsystem des „digitalen Geldes" perfekt zum Knacken durch „Hacker" eignet und die Geldströme, fernab der Kontrolle der Notenbanken, zu anarchistischen Zuständen am Geldmarkt führen könnten. Zur Zeit entwickeln aber weltweit alle wichtigen Banken, Kreditkartenorganisationen und Softwareunternehmen Konzepte für den elektronischen Geldbeutel.

Der amerikanische Computerhersteller Bill Gates etwa entwickelte gemeinsam mit VISA, dem größten Kreditkartenunternehmen der Welt, einen Softwarestandard für E-Geld. Auch Mastercard, IBM und die Softwarefirma Netscape arbeiten fieberhaft an Cybergeld-Konzepten. Vor kurzem haben sich diese Firmen zu-sammengschlossen und einen Standard (S. E. T. = Secure Electronic Transactions) für sichere elektronische Zahlungen per Kreditkarte geschaffen. Alle hoffen, daß noch in diesem Jahr E-Geld im Internet möglich sein wird.

Der Blick ins dritte Jahrtausend ist faszinierend und zugleich auch erschreckend. Doch erinnern wir uns wie es unseren Vorfahren mit der Erfindung der Dampfmaschine vor 200 Jahren erging: Von den einen wurde sie als „Werk des Teufels" verdammt - andere erkannten die Möglichkeiten der neuen Erfindung, die am Anfang des Industriezeitalters stand.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung