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Das Beste ist gerade gut genug

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Durch den Einsatz von Kampfflugzeugen lassen sich im Ernstfall Eskalationen am Boden wahrscheinlich vermeiden.

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Durch den Einsatz von Kampfflugzeugen lassen sich im Ernstfall Eskalationen am Boden wahrscheinlich vermeiden.

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Konflikte können auch in Europa wieder gewaltsam ausgetragen werden t das ist seit dem Jahr 1991 den Osterreicherinnen und Österreichern deutlich vor Augen geführt worden. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges ist der ewige Friede nicht ausgebrochen, regionale Kriege sind wieder möglich geworden. Daß dabei die Bedeutung von Luftstreitkräften gestiegen ist, zeigen praktisch alle seither stattfindenden Konflikte, vom Balkan bis zum Irak. Kampfflugzeuge können rasch über große Distanzen eingesetzt werden und militärischen und damit politischen Druck ausüben, ohne daß ein Angriff am Roden erfolgt.

Vorrangiges Ziel einer verantwortungsbewußten Sicherheitspolitik bleibt der Schutz der Bevölkerung gegen alle möglichen Bedrohungen. Das gilt angesichts der veränderten Lage nunmehr verstärkt für solche aus der Luft. Als steirischer Abgeordneter erinnere ich mich sehr gut daran, wie zu Beginn des Balkan-Konfliktes die beunruhigte Grenzbevölkerung den Einsatz unserer Luftwaffe begrüßt hat.

Der Luftbedrohung kann nicht durch bodengestützte Fliegerabwehrwaffen allein begegnet werden. Einerseits wäre ein flächendeckendes System von' Fliegerabwehrlenkwaffen viel zu aufwendig und damit zu teuer, andererseits ist nur der flexibel einsetzbare Abfangjäger in der Lage, der gesamten Bandbreite möglicher Bedrohungen zu entsprechen. Er ermöglicht nämlich abgestufte Reaktionen, von der Identifizierung fremder Luftfahrzeuge bis zu ihrer

Rekämpfung, wenn dies notwendig ist. Damit kann eine unnötige Eskalation vermieden werden, wie sie bei einer sofortigen Bekämpfung mit bodengestützten Fliegerabwehrwaffen drohte. Wirklichen Schutz kann nur ein aufeinander abgestimmtes System von boden- und luftgestützten Abwehrwaffen erbringen. Dies ist auch der Grund, warum Schweden, die Schweiz und Finnland sich entschlossen haben, ihre Luftstreitkräfte zu modernisieren und neue Abfangjäger zu beschaffen. Praktisch alle unsere Nachbarn verfügen bereits über modernstes Fluggerät oder stehen unmittelbar vor Beschaffungsentscheidungen. Dabei ist es unerheblich, ob diese Staaten Mitglied in einem Bündnis sind oder nicht. In einem Bündnis muß jedes Land ein Minimum an Eigenvorsorge einbringen, besonders in die Verteidigung des Luftraumes. Für den bündnisfreien Staat besteht die Verpflichtung, dies allein zu tun, um ein glaubwürdiges und berechenbares Mitglied der Staatengemeinschaft zu bleiben. Die Schweiz, Finnland und Schweden bieten hierfür gute Beispiele.

In Österreich wurde mit der Beschaffung der gebrauchten Dra-ken Mitte der achtziger Jahre klar gesagt, daß diese Maßnahme eine Nachfolgeentschei -dung etwa zehn Jahre später bedingt. Im Lichte der neuen Situation hat diese sogar noch an Bedeutung gewonnen. Es geht dabei um mehr als den Schutz unseres Luftraumes in den nächsten Jahrzehnten, es geht um den Stellenwert und die Glaubwürdigkeit unseres Landes und unserer Politik im zukünftigen Europa. Hier sei die Anmerkung erlaubt, daß eine wirksame Friedenspolitik ohne militärische Komponente nicht auskommen kann. Dies beweisen die Vorgänge im ehemaligen Jugoslawien eindrucksvoll.

Für die Glaubwürdigkeit unseres Landes und den Schutz unserer Bevölkerung kann das Beste gerade gut genug sein, wobei das in diesem Fall bedeutet, das zweckmäßigste und für den österreichischen Bedarf geeignetste Fluggerät zu beschaffen. Dabei wird darüber hinaus die wirtschaftliche Komponente zu berücksichtigen sein. Die guten Erfahrungen mit den volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Kompensationsgeschäfte bei der Draken-Reschaffung können hier einen Maßstab bilden, wobei in der gegenwärtigen Situation auf inländische AVertschöpfung und vor allem auf die Sicherung beziehungsweise Schaffung von Arbeitsplätzen besonderer Wert zu legen ist. Ob nun wiederum ein Flugzeugtyp beschafft wird, der bereits gebraucht ist und für den österreichischen Redarf adaptiert wird, oder ein neuer, ist demgegenüber eigentlich von zweitrangiger Re-deutung. Wichtig ist hingegen, sich der Tatsache bewußt zu sein, daß der Ankauf eines gebrauchten Flugzeuges eine Folgeentscheidung nach etwa 15 Jahren, der eines neuen nach etwa 30 Jahren bedingt. Zusätzlich muß berücksichtigt werden, daß die Erfüllung der zukünftigen Aufgaben des Rundesheeres auch in anderen Rereichen die Reschaffung neuer Ausrüstung und Rewaffnung erfordert. Das heißt, daß der Ankauf von Abfangjägern die notwendige Modernisierung bei anderen Truppengattungen nicht behindern darf.

Wir stehen damit vor* einer politisch, wirtschaftlich und militärisch sehr bedeutsamen Entscheidung für Österreich.

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