Das Ende der Arbeit ist der Anfang von was?

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1995 prognostizierte Jeremy Rifkin in einem Buch "Das Ende der Arbeit". Heute ist seine These aktueller - und provokativer - denn je.

Bücher von Zukunftsforschern stellen Trends stets pointiert dar und erregen dabei oft viel mediale Aufmerksamkeit. Dann aber verschwinden sie umso schneller wieder in der Versenkung. Die Halbwertszeit ihrer Thesen ist scheinbar kurz. Eine Ausnahme, auf die diese Gesetzmäßigkeit nicht zutrifft, ist Jeremy Rifkins "Das Ende der Arbeit". Bereits 1995 erschienen, hält der Titel eine Entwicklung fest, die sich heute in verschärfter Form bestätigt hat: Durch den technischen Fortschritt gehen Arbeitsplätze verloren. Gleichzeitig schafft die neue Hightech-Wirtschaft zwar neue Jobs, aber nicht sehr viele. O-Ton Rifkin: "Das Verschwinden fester Arbeitsverhältnisse wird zum drängendsten sozialen Problem des nächsten Jahrhunderts werden."

Weniger Arbeiter, mehr Output

Dass Jobs nicht nur in Billiglohnländer ausgelagert werden, sondern durch Automatisierung ganz verschwinden, war für ihn augenscheinlich, besonders im Agrarsektor und der Industrie. Ein Beispiel: Einer der größten Elektro- und Maschinenbaukonzerne hat etwa in kürzester Zeit 50.000 Beschäftigte freigesetzt und gleichzeitig den Umsatz um 60 Prozent steigern können. Zu einer Zeit, als noch fast niemand eine E-Mail-Adresse hatte, sagte er voraus, dass die neuen Informations- und Telekommunikationstechnologien "Millionen von Arbeitsplätzen" bedrohen würden. Tatsächlich sind durch das Internet in der Film-, Musik-, aber auch Zeitungsindustrie viel Geld und viele Arbeitsstellen verloren gegangen - ein Ende ist noch nicht abzusehen. Rifkin selbst nennt im Vorwort zur zweiten Auflage von 2004 noch andere Beispiele. Eine Internetbank etwa, die heute nur mehr 180 Mitarbeiter benötigt, während eine vergleichbare konventionelle Bank 2000 Angestellte hat. Schlimm mag der Stellenverlust für jeden Einzelnen sein, geradezu katastrophal ist er aber letztlich für das kapitalistische System selbst. Denn Arbeitslose verdienen nichts, können keine Produkte kaufen. Daraus folgt, so Rifkin: "Eine gefährlich hohe Überproduktion und eine drohende Weltwirtschaftskrise." In einer solchen stecken wir inzwischen. Der Markt hat scheinbar den eingebauten Selbstzerstörungsknopf aktiviert.

Mit einem Super-GAU muss es aber nicht enden, meint Rifkin amerikanisch-optimistisch. Eine nachhaltige Entwicklung könne begonnen werden, indem man auf Wasserstoff setze. Die Prognose, dass bis 2009 auf den Straßen Wasserstoffautos fahren, ist jedenfalls falsch. Stattdessen haben sich viele Staaten entschieden, die alte Autoindustrie mit Verschrottungsprämien zu unterstützen. Und der Vorschlag, dass 2020 nur mehr 30 Stunden gearbeitet werden soll, scheint ebenfalls utopisch. Die (von Rifkin angeregte) 35-Stunden-Woche in Frankreich wurde 2008 aufgeweicht. Heuer wird für den 1. Mai in Paris ein gigantischer Protestmarsch erwartet. Nicht mehr nur das Proletariat marschiert, sondern Leute wie du und ich.

Das Ende der Arbeit

Von Jeremy Rifkin. Fischer 2007. 240 S.,

kart.,E 10,30

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