Das Geschäft mit Politik

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In staatlichen und staatsnahen Unternehmen, etwa der AUA, droht ein finanzielles Debakel Zuschussbedarf auszulösen. Der Staat könnte damit jenen Spielraum verlieren, der für Budgetsanierung und Entlastung notwendig ist.

Ob dem Bundeskanzler wirklich so ernst zumute war oder ob er der öffentlichkeitswirksamen Dramaturgie wegen so finster und entschlossen wirkte, ist unerheblich. Wesentlich an seinen Darlegungen in der Pressestunde des ORF war die klare Ansage an die Adresse der im Staatsbesitz befindlichen Industrie-Holding ÖIAG: auflösen, liquidieren, abschaffen. Irgendetwas, nur weg damit. Diesem Kanzler reicht es wirklich. Damit steht er nicht alleine da.

Es ist die atemberaubende Unverschämtheit, mit der leitende Manager im staatlichen und staatsnahen Bereich von der Republik weitere Zuschüsse fordern, wie derzeit für die unmittelbar vor der Bruchlandung torkelnde AUA. Von außerordentlicher Unverfrorenheit spricht der Volksmund – im frei gewählten Beispiel – ja, wenn etwa ein des Mordes an seinen Eltern angeklagter junger Mann das Gericht ersucht, seine Lage als Vollwaise als mildernden Umstand zu werten. Um genau diese Haltung ist ein Konflikt zwischen Politik und Staatsunternehmen entstanden, dessen Preis – die Schulden der Firmen – die verbliebenen Steuerzahler zu entrichten haben werden.

Völlige Auflösung von Verantwortung

Der Staat bedarf einiger auch materieller Dinge, deren Herstellung er besser anderen als seinen unmittelbaren Organen überlässt. Dazu gehören Eisenbahnen, Fernsehanstalten, Kraftwerke und Fluglinien. Im Wissen um die eigene Bedeutung und ihre Unersetzbarkeit entwickelt sich in diesen Unternehmen eine ungute Haltung: Die Leute dort wirken teils überheblich und sind meist etwas überbezahlt. Das zieht sich durch. Sie machen ja alle ein gutes Geschäft mit der Politik, indem sie diese einiger Sorgen entledigen, dafür aber staatlich garantierte Preise oder Zuschüsse erhalten. Um sich dann tunlichst einer Prüfung durch den Rechnungshof doch zu widersetzen. Wie sich ja nicht nur die Kontrolle, sondern auch die Verantwortung auflöst: Sowohl die österreichische Fluglinie als auch der größte Flughafen des Landes haben öffentliche wie private Eigentümer – aber offenbar keinen wirklich Verantwortlichen. Manager wie Politiker geben sich bezüglich eingetretener finanzieller Miseren ahnungs- und schuldlos, verweisen auf externe Faktoren und abwesende Dritte. Das Wechselspiel der Schuldzuweisung zwischen Staat und Unternehmen verbraucht Milliarden an Steuergeldern und das Vertrauen der Bevölkerung in eine ordnungsgemäße Führung der Geschäfte, sei es der Unternehmen, sei es der Republik. Dann bewegt sich bald nichts mehr, lässt sich auch kaum mehr etwas bewegen. Genau an diesem toten Punkt möglicher Handlungsunfähigkeit droht Österreich anzukommen.

Es ist nicht nur der Staat, der einen, bald die Leistungskraft der Volkswirtschaft erreichenden Berg an Schulden angehäuft hat. Dazu kommen noch jene eben der AUA, der Straßenfinanzierungsgesellschaft Asfinag, der Bundesbahnen. Unsere Republik macht Schulden, um Schulden bezahlen zu können. Eine Schmach für jeden ordentlichen Kaufmann, die aber Manager im staatsnahen Bereich nicht anficht.

Entfremdung von Politik und Unternehmen

Mit hohen Gagen und blankem Zynismus revanchieren sie sich bei der Politik dafür, verfügbar und willfährig sein zu müssen, ein Berufsleben auf Abruf zu führen und den Fährnissen der Entscheidungsfindung in politischen Gremien ausgeliefert zu sein. Denn dort bestimmen Funktionäre, die von Berufs wegen nie eigenes Kapital erwirtschaftet, sondern lediglich das von Dritten bereitgestellte disponiert haben. Die Organe des Staates und jene der staatlichen beziehungsweise staatsnahen Unternehmen sind einander fremd geworden, leben in unterschiedlichen, gar gegensätzlichen Welten. Gerade am Beispiel der AUA und des Flughafens Wien-Schwechat zeigt sich, wie sehr die beiden aneinander vorbeigeredet haben. Wenn sich dort und anderswo, was wahrscheinlich ist, wegen des finanziellen Desasters ein enormer Bedarf an Zuschüssen ergibt, verliert das Finanzressort weiteren Spielraum für die Budgetsanierung und die Entlastung des Mittelstandes. Das könnte sich rächen.

* claus.reitan@furche.at

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