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Im Herbst ein schwaches Ergebnis bei der Wahl des Parteivorsitzenden, zu Jahresbeginn eine trotz medialer Schützenhilfe schlecht gelaufene Volksbefragung und eine immerwährend schwierige Koalition auf Bundesebene. Nicht einmal die Finanzkrise, die eigentlich der SPÖ in die Karten spielen sollte, da sie ja einst den Anspruch stellte, der "konservativen Illusion von den Selbstheilungskräften der Märkte“ eine "klare Analyse der wesentlichen Krisenursachen des Kapitalismus“ entgegenzustellen, bringt den gewünschten Schwung. Diese Zusammenhänge werden von der Parteiführung zu oft nur oberflächlich ausgeschlachtet, die tiefen Ursachen nicht analysiert. Dass Staatsschulden und Finanzkrise Folgen einer ungleichen Einkommens- und Machtverteilung sind und strukturelle Faktoren, wie der Umstand, dass deutsche Exporte die Importe der Griechen sind, bedeutsamer sind als tagespolitisches Geplänkel, wurde viel zu langsam erkannt und viel zu zögerlich angesprochen. Mangels klarer Analyse des Status quo fehlt es naturgemäß auch an einer gemeinsamen Vision, welche die anstehenden großen gesellschaftlichen Themen offensiv anspricht. Die Formulierung einer Alternative zur neoliberalen Marktgesellschaft liegt knapp 30 Jahre zurück und das aktuelle Parteiprogramm beschwört eher die Kräfte des Marktes als die wesentlichen Krisenursachen herauszuarbeiten. Diese vermeintliche Modernisierung hat die SPÖ vom Kurs abgebracht und erschwert noch immer das Gegensteuern. Das verunsichert die Basis, der als letzte Bastion die Grundwerte bleiben.

Ausblick auf den High Noon

Neben diesen ideologischen Unklarheiten mangelt es intern auch an offen und breit geführten Diskussionen. Wie die Wehrpflichtdebatte gezeigt hat, funktioniert interne Meinungsbildung selbst in der als diszipliniert geltenden SPÖ nicht von oben nach unten. Es braucht also Möglichkeiten für möglichst viele Menschen innerhalb und außerhalb der Partei, sich in Positionierungsprozesse einzubringen und offen zu diskutieren. Eine solche neue Offenheit würde die SPÖ auch in sich demokratischer und damit überzeugungskräftiger und authentischer machen, als sie es zur Zeit ist.

Beide Punkte ergeben für das Jahr 2013 ein schwieriges Spannungsfeld. Zum einen wird es zunehmend mühsamer, die vielen kleinen Schritte in der Regierungsarbeit als einen aufwendigen, aber richtigen Weg intern wie extern glaubwürdig zu kommunizieren. Zum anderen bleibt für die ausführliche Debatte von Grundsatzfragen keine Zeit mehr. Die Frage nach der sozialdemokratischen Vision für das 21. Jahrhundert muss aber gestellt werden. Fürs Erste bleibt die Hoffnung, dass die SPÖ kurzfristig auch ohne klare Perspektive reüssieren kann - eine Hoffnung, die schon einige Male eingelöst wurde.

Es sind also nicht die besten Voraussetzungen für das Wahljahr 2013. Entscheidend ist aber ohnehin anderes: Wie kommen wir in Europa gemeinsam aus der Wirtschaftskrise? Was braucht es, damit die junge Generation die Perspektive für ein gutes Leben hat? Wie können wir für eine gerechte Verteilung des Wohlstandes in Österreich sorgen? Manche meinen, man müsse Wahlen gewinnen, um die Antworten auf diese Fragen umsetzen zu können. Immer mehr Menschen in der SPÖ meinen aber, wir müssten zuerst einmal klare und überzeugende Antworten auf diese Fragen formulieren, um Wahlen zu gewinnen.

Eine gelungene Repolitisierung der SPÖ kann nur in Form umfassender Demokratisierung erreicht werden, denn bei Diskussionen, die schon im Vorhinein entschieden sind oder letztlich per Zuruf der "Oberen“ entschieden werden, möchte niemand mitreden. Auf dem Weg zu einer solchen Demokratisierung gibt es gute Ansätze, wie den Parteireformprozess in Oberösterreich oder die Grundsatzprogrammdiskussion im Herbst 2013. Aufgrund dieser Initiativen wird der alte Koloss SPÖ zwar nicht die nächste Wahl gewinnen, aber es sind solche Keime der Demokratie, Kreativität und intellektuellen Eigeninitiative, die es braucht, um die Partei für ein zweites "sozialdemokratisches Jahrhundert“ (Ralf Dahrendorf) aufzustellen. Ob diese Reformanstöße auch von der Bundesführung entsprechend als Chancen erkannt werden, ist zumindest Gegenstand von Hoffnung.

* Der Autor ist Sozialwissenschaftler und Geschäftsführer des Jahoda-Bauer Instituts in Linz. Davor war er Leiter des Reformprozesses "morgen.rot“ der SPÖ Oberösterreich. Er ist aktives Mitglied der Linzer SPÖ.

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