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Das Land am Nil auf dem Weg in die Zukunft
Anfang nächster Woche absolviert Bundespräsident Klestil einen Blitzbesuch in Ägypten. Kairo wird signalisiert, daß sich Österreichs Wirtschaft nicht nur auf die Europäischen Union konzentrieren will.
Anfang nächster Woche absolviert Bundespräsident Klestil einen Blitzbesuch in Ägypten. Kairo wird signalisiert, daß sich Österreichs Wirtschaft nicht nur auf die Europäischen Union konzentrieren will.
Nach Kanzler Bruno Kreisky und Präsident Kurt Waldheim reist wieder ein Spitzenpolitiker nach Kairo. Die Visite von Bundespräsident Klestil hat dieses Mal auch einen besonderen politischen Grand: nach dem vielbeachteten Besuch von Bundeskanzler Vranitzky im Sommer des Vorjahres in Israel meint man am Ballhausplatz, es wäre gut, durch den Besuch in einem arabischen Land das Gleichgewicht in der Nahostpolitik zu wahren.
Klestil wird bei seinem Besuch vom 7. bis 9. Februar mit Ägyptens Präsidenten Mubarak nicht nur den Friedensprozeß im Nahen Osten erörtern, sondern auch den Entwurf für ein neues wirtschaftliches Rahmenabkommen mitbringen. Dieses soll die Beziehungen zwischen den Ländern auf eine neue Basis stellen.
Die alten Abkommen aus den Jahren 1960 und 1975 entsprechen nicht mehr den politischen und ökonomischen Veränderungen, erklärt der Leiter der Abteilung für bilaterale Außenwirtschaftsangelegenheiten im Wirtschaftsministerium, Johann M. Sachs.
Im Entwurf werden daher interessante, neue Kooperationbereiche definiert. Ägpyten ist besonders an Umweltschutztechnologie interessiert. Starke Nachfrage herrscht sei tens der ägyptischen Partner auch nach den Bereichen Telekommunikation, Schwerindustrie, Hochofentechnologie…
Darüber hinaus geht es aber auch um die Verwirklichung konkreter Projekte. Siemens-Generaldirektor Walter Wolfsberger hofft, im Zuge des Besuches des österreichischen Bundespräsidenten von der Ägyptischen Telefon Verwaltung mit einem weiteren Auftrag im Ausmaß von rund 300 Millionen betraut zu werden. Die notwendigen Liefer- und Finanz vertrage könnten bereits unterschrieben werden.
Das traditionsreiche Land am Nil - heute ein Verbündeter des Westens - hat ein ehrgeiziges Wirtschaftsprogramm zu bewältigen. Anfang der neunziger Jahre, als aas Versagen der Planwirtschaft auch hier deutlich wurde, vereinbarte Kairo mit Währungsfonds und Weltbank ein fünfjähriges Reformprogramm zur Einführung der Marktwirtschaft. Die gibt es natürlich nicht zum Nulltarif und die Roßkur, die den Ägyptern verschrieben wurde, bedeutet massive Eingriffe in das bisher nicht auf Effizienz und Leistung ausgerichtete Wirtschaftsleben.
Trotzdem kann Kairo bereits auf beachtliche Erfolge verweisen. Das Budgetdefizit wurde abgebaut, ausländische Investitionen erleichtert, Preisvorschreibungen wurden abgeschafft… Stolz weist auch der Botschafter Ägyptens in Wien, Abdel Hamid Onsy, gegenüber der FURCHE
auf den ausgeprägten privaten Sektor hin, über den sein Land bereits verfüge. Jetzt soll es allerdings an die Privatisierung der großen Staatsbetriebe, dem Herzstück der Wirtschaftsreformen gehen. 22 staatliche Firmen stehen auf der Wunschliste.
Aber das ist ein Problem. Schon heute sind 20 Prozent der aktiven Bevölkerung (19 Millionen) ohne Arbeit. Die neuen Reformen würden Hundertausende Arbeitslose mehr bedeuten und damit den Nährboden für fundamentalistische Strömungen verbreitern, die durch gezielte Anschläge auf Ägyptens Fremdenverkehr die Regierung schwächen wollen, wie immer wieder zu lesen ist.
Ägyptens Tourismusminister bezifferte vor einem Jahr die Einbrüche im Fremdenverkehrsgeschäft mit 70 Millionen Dollar monatlich. Österreichs Tourismusbranche rechnet ebenfalls weiter mit Einbrüchen. Werner Lang, Direktor der Touropa Austria GmbH, Österreichs größtem Veranstalter für Ägpyten-Reisen, glaubt nicht, daß der Besuch des Bundespräsidenten die durch die Anschläge verschreckten Touristen beruhigen wird: „Die Reise könnte zur Beruhigung beitragen, wird aber nicht ausreichen, die Verunsicherung zu beseitigen“, meinte er gegenüber der FURCHE.
Aber nicht nur der Touristenstrom, auch die Präsenz ausländischer Firmen ist für die ägyptische Modernisierung lebensnotwendig.
Ägyptens Botschafter, Abdel Hamid Önsy, wünscht sich aber nicht nur eine Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich. Gegenüber der FURCHE sagte Onsy, er hoffe, daß die Europäische Union nicht zur Festung ausgebaut werde: „Wir erwarten von Europa, daß es sich an den Wirtschaftsreformen in Nahen Osten beteiligt und auch die Importbeschränkungen auf ein Minimum reduziert.“
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