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Das österreichische Holz auf den? europäischen Markt

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Oesterreich ist Holzland. Auf - einer durch die vor kurzem erfolgte Waldstandsaufnahme festgestellten Waldfläche von zirka 3,300.000 Hektar wachsen jährlich , bedeutende . Mengen Holzes zu. Ihre Nutzung macht, nicht nur die Deckung des relativ bescheidenen Inlandsbedarfes möglich, sondern gestattet auch noch, den Inlandskonsum wesentlich übersteigende Mengen dem Expprt zuzuführen.

Die Bedeutung, welche dem österreichischen Holzexport im Rahmen der Handels- und Zahlungsbilanz zukommt, wird vielfach unterschätzt. Eine Prüfung der österreichischen Exportstatistik der letzten 30 Jahre zeigt, daß die Holzexporte — die Kriegsjahre ausgenommen — wertmäßig durchschnittlich 30 Prozent und mengenmäßig sogar mehr als die Hälfte der Gesamtexporte ausmachten. Daran hat sich trotz der ungewöhnlichen Exportsteigerungen auf zahlreichen anderen. Produktionsgebieten auch im vergangenen Jahr nicht viel geändert. Der Gesamtwert der österreichischen Ausfuhr erreichte im Jahre 1955 laut offizieller Statistik die außerordentliche Höhe von rund 18,17 Milliarden Schilling, wovon 5,86; Milliarden Schilling auf den Export von Holz und Holzprodukten einschließlieh Papier entfielen.

Noch eklatanter wird die Bedeutung der Holzausfuhr im Hinblick auf den defizitären Charakter unserer Handelsbilanz: Der Gesamtwert unserer Importe betrug nämlich im Jahre 1955 23,07 Milliarden Schilling!

Die maßgebliche Rolle, die Oesterreich als Holzproduzent in der Weltholzwirtschaft spielt, erhellt die vor kurzem veröffentlichte Statistik der Wood and Agricultur Organization der UNO, laut welcher Oesterreich unter den internationalen Holzexportländern an vierter Stelle nach Kanada, Schweden und Finnland rangiert. Die in Standard angegebenen Ziffern der vier größten Holzexportländer der Welt ergeben folgendes Bild (ein Standard = 4,67 Kubikmeter) :

Kanada.....2.3S0.800 Standard

Schweden..... 1,065.900 Standard

Finnland . . . . . 778.700 Standard Oesterreich .... 675.000 Standard

Wesentlich schärfer profiliert wird das Bild, wenn man an Hand der internationalen Statistik den österreichischen Beitrag zur europäischen Holzversorgung betrachtet. Von einer Gesamtexportmenge der europäischen Länder in Höhe von 2,703.000 Standard repräsentiert Oesterreich mit 653.300 Standard rund ein Viertal des europäischen Gesamtholzexportes, während es im Rahmen der OEEC-Staaten sogar mehr als ein Drittel der gesamten Nadelschnittholzexporte aufbringt.

Es mag nicht unangebracht sein, bei dieser Gelegenheit der österreichischen Oeffentlich-keit zur Kenntnis zu bringen, daß bei internationalen Veranstaltungen der Holzwirtschaft wiederholt der Beitrag anerkannt worden ist, den Oesterreich zum Wiederaufbau Europas geleistet hat, indem es die erforderlichen Holzmengen zur Verfügung stellte.

Es ist begreiflich, daß die hier genannten Ziffern gewisse Bedenken hinsichtlich ernster Schädigungen der Waldsubstanz bei derartig hohen Exportmengen auslösen müssen. Diese Problematik bedarf zweifellos einer gewissenhaften Prüfung, jedoch durch Fachleute, also in erster Linie durch Forstwirte. Abzulehnen ist aber eine mißbräuchliche Behandlung dieser Frage im Sinne einer politischen Polemik, was im Laufe der letzten lahre wiederholt der Fall war. Von fachlicher Seite wird in diesem Zusammenhange bestätigt werden, daß Ueber-schlägerungen vorkommen, allerdings nicht im Groß- und Mittelwaldbesitz sowie im Staatswald, sondern in erster Linie im Klein-, das heißt im Bauernwald. Wenn man berücksichtigt, daß Oesterreich fast 250.000 Kleinwaldbesitzer zählt, die rund die Hälfte des gesamten österreichischen Waldbesitzes darstellen, so wird es evident, daß es sich hier über rein forstwirtschaftliche Fragen hinaus um ein a g r a r- und forstpolitisches Problem ersten Ranges handelt: Es beruht in der prekären wirtschaftlichen Situation des konservativen Bergbauerntums, dem man bei aller sozialen Aufgeschlossenheit in unserem Lande bisher wenig Verständnis entgegengebracht hat. Der Bergbauer konnte weder an den sozialen Vorteilen der Stadtbevölkerung, noch an den Früchten der gegenwärtigen Wirtschaftskonjunktur partizipieren. Weniger dem Zeitgeist folgend, als vielmehr durch Abwanderung seiner Arbeitskräfte vor oft. unüberwindliche Schwierigkeiten gestellt, muß er sich zur Modernisierung, das heißt Mechanisierung seines Betriebes entschließen. Mangels eigener Ersparnisse oder ausreichender Kreditmöglichkeiten ist er gezwungen, auf seinen Waldbesitz zurückzugreifen.

Die Forderung, den Ueberschlägerungen durch eine Exportabgabe zu begegnen, ist deshalb indiskutabel, weil durch eine solche der Kleinwaldbesitzer veranlaßt würde, zur Aufbringung der von ihm benötigten Investitionsbeträge noch größere Mengen als bisher zu Schlägern. Man fragt sich daher, welche Ziele die sich als sozial denkend ausgebenden Initiatoren solcher Pläne verfolgen. Wie bereits angedeutet, handelt es sich hier primär um ein agrarpolitisches Kernproblem, das als solches nicht allein durch handelspolitische Maßnahmen befriedigend gelöst werden kann.

Vergleicht man die Struktur des Holzexportes der Vorkriegszeit mit jener der letzten Jahre, so ergibt sich die erfreuliche Feststellung, daß der R o h h o I z e x p o r t, von ganz geringen Ausnahmen bei gewissen Sortimenten abgesehen, durch Ausbau und Modernisierung der holzbearbeitenden und -verarbeitenden Industrie auf ein Minimum zurückgegangen ist, während die Ausfuhr von Halbfertig- und Fertigfabrikaten sich wesentlich erhöht hat. Dies gilt insbesondere für die Ausfuhr von Schnittholz, auch von Faserplatten, vor allem aber für den Export von Papier und Papierwaren, dessen Wert im vergangenen Jahr rund 2,14 Milliarden Schilling betrug. Es ist anzunehmen, daß diese Entwicklung weitere Fortschritte machen wird.

Wenn in diesem Zusammenhang von gewisset Seite immer wieder die Forderung erhoben wird, auch den Schnittholzexport zu reduzieren und sich nur auf die Ausfuhr von Fertigwaren zu beschränken, so muß dem entgegengehalten werden, daß die Absatzmöglichkeiten für die letzteren im Ausland beschränkt sind, und daß auch bei der Holzausfuhr der auf den europäischen Märkten bestehende Bedarf berücksichtigt werden muß. Dieser besteht aber vor allem in Schnittholz, als Grundmaterial für die Bauwirtschaft. Wir werden also als Holzland gezwungen sein, wie die . übrigen hochindustrialisierten Holzproduktionsländer, zum Beispiel Schweden, Kanada, die USA usw., uns der jeweiligen Nachfrage zu akkomodieren.

Dessenungeachtet bleibt die Notwendigkeit einer höchstmöglichen Forderung des Fertigwarenexportes aufrecht. Es darf allerdings einschränkend bemerkt werden, daß es sich im Rahmen des Gesamtholzexportes nur um verhältnismäßig bescheidene Mengen handeln kann, welche die holzverarbeitende Industrie an Fertigwaren, wie Möbel, vorfabrizierte Häuser und ähnliches, selbst unter günstigsten Voraussetzungen ausführen kann. Weiters bleibt zu berücksichtigen, daß einerseits die in den meisten Fällen- auf fehlende Rationalisierung zurückzuführenden hohen Preise, anderseits die hohen Einfuhrzölle der Abnehmerländer den Export gewisser Fertigwaren bis jetzt wesentlich erschwerten, wenn nicht unmöglich machten. Um über beide Schwierigkeiten hinwegzukommen, müßte man der Industrie die notwendigen Investitionskredite zu vertretbaren Zinssätzen einräumen und auf internationaler Basis — entweder im GATT oder durch bilaterale Verhandlungen — die übermäßig hohen Einfuhrzölle verschiedener europäischer Importländer herabzusetzen versuchen. .

Eine solche Zollpolitik würde allerdings zur Voraussetzung haben, daß Oesterreich selbst bereit wäre, seine eigenen Zölle, die derzeit zu den höchsten in Europa zählen, abzubauen. Dazu scheint man sich aber noch nicht entschließen zu können, obwohl ffir den Fall einer Aufhebung oder Reduktion der Zölle die österreichische Holzwirtschaft zweifellos den großen Vorteil für sich buchen könnte, mit ihren Betrieben sich am Ort des Rohstoffvorkommens zu befinden und demzufolge die hohen Transportkosten für das sperrige Gut „Holz“ sich zu ersparen.

Soweit sich aus den statistischen Berichten der zuständigen Stellen, insbesondere des Bun-desholzwirtschaftsrates, ersehen läßt, dürften sich auch im laufenden Jahr die an den Holzexport geknüpften Erwartungen erfüllen und vom devisenpolitischen Standpunkt aus dazu beitragen, unsere Zahlungsbilanz im Gleichgewicht zu halten.

Es ist anzunehmen, daß die weitere Entwicklung des Holzexportes im Zusammenhang mit dem in Aussicht stehenden Außenhandelsverkehrsgesetz und mit den Folgerungen, die sich aus dem Resultat der Waldbestandsaufnahme ergeben, im Herbst dieses Jahres wieder zum Gegenstand von Verhandlungen bei den zuständigen Regierungsstellen wird. Hoffentlich werden dann ausschließlich sachliche und wirtschaftliche Momente Berücksichtigung finden, und die politische Polemik völlig ausgeschaltet werden.

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