7100875-1995_11_08.jpg
Digital In Arbeit

Das „Pech” des Konsum

Werbung
Werbung
Werbung

Wahrscheinlich sind für die größte Insolvenz der Zweiten Republik auch schwere Managementfehler und eine nicht mehr zeitgemäße Unternehmensform verantwortlich. Daß jetzt 17.000 Mitarbeiter und Hunderte kleine Lieferanten um ihre Existenz zittern müssen, liegt aber - wie schon vorher das Scheitern der verstaatlichten Industrie - an einer weltfremden, ideologisch geprägten Wunschvorstellung: Höhere Gehälter und Sozialleistungen und bessere Arbeitsbedingungen seien kein Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit, wenn nicht wie in privaten Unternehmen auch das Geld für Golf, Jagd und andere Hobbys eines Kapitalisten verdient werden muß.

Konsequenterweise hat der Konsum die höchsten Personalkosten in seiner Branche, obwohl das Unternehmen seit 15 Jahren rote Zahlen schreibt (Betriebsverlust 1994: 1,8 Milliarden Schilling!) und seine Beschäftigten um 30 Prozent weniger Umsatz pro Quadratmeter machen als die Kollegen von Billa & Co. Anders als offenbar dem Vorstand und dem Äuf-sichtsrat kamen jedem Laien schon seit Jahren beim Betreten einer Konsum-Filiale Zweifel, ob der Konsum noch wettbewerbsfähig ist.

So antikapitalistisch man sich gegenüber den Mitarbeitern gab, so kapitalistisch-kaltschnäuzig wollen sich die Gewerkschaften, die den Konsum vor 139 Jahren gegründet haben, jetzt offenbar bei der Abwicklung der Insolvenz geben. Obwohl der ÖGB bis heute im Konsum das Sagen hat,(ÖGB-Präsident Anton Benya war jahrelang Aufsichtsratspräsident, heute ist es der Gewerkschafter Hans Hobl; der führende Gewerkschafter Tumel ist Aufsichtsratschef der Konsum-Hausbank BAWAG), ist man dort nicht bereit, via BAWAG wenigstens den Lieferanten, die möglicherweise von der Insolvenz mitgerissen werden, aus der Patsche zu helfen. (Um einmal die Dimensionen zu verdeutlichen: Die Verbindlichkeiten des Konsum sind mehr als doppelt so hoch wie die Schadenssumme der Barrings-Bank, die durch die Weltpresse ging!)Der Konsum hält rund 30 Prozent der BAWAG-Anteile, die kraft eines Syndikatsvertrages freilich nur mit Zustimmung des ÖGB, dem die restlichen 70 Prozent gehören, zu verkaufen sind. Und für die ist nur dann ein optimaler Preis zu erzielen, wenn der ÖGB gleichzeitig die Mehrheit an der BAWAG aufgibt.

Das aber ist kein Thema für die Penthouse-Nachbarn Verzetnitsch und Flöttl, wenn sie hoch über den Dächern der Wiener Innenstadt ihre Sorgen austauschen. Da läßt der ÖGB doch allemal lieber den Insolvenzfonds die Gehälter der 17.000 Kollegen und Kolleginnen zahlen, denn der wird mit Steuermitteln und nicht mit den eigenen Mitgliedsbeiträgen gespeist.

Summa summarum werden bei der Verstaatlichten und beim Konsum durch sozialistische Ideologie wahrscheinlich mehr Arbeitsplätze verloren gehen als durch sozialistische Wirtschaftspolitik je geschaffen wurden ...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung