„Der Homo oeconomicus hat ausgedient“

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Familienbetriebe sind beratungsresistent, sagt Frank Halter und mahnt, Konflikte früh anzusprechen.

Die Furche: Was sind die häufigsten Konflikte in Familienbetrieben?

Frank Halter: Am gängigsten wird über Generationenkonflikte gesprochen, wobei die Nachfolge selbst nicht immer im Zentrum steht. Hinter den Konflikten stehen oft die verschiedensten Anforderungen, welche die in Familienbetrieben tätigen Individuen aneinander stellen. Das kann beispielsweise zwischen Vater und Sohn sein.

Die Furche: Der größte Konfliktherd bleibt aber die Nachfolge …

Halter: Vor allem wenn mehrere Familienstränge – sozusagen Clans – zusammentreffen und somit die Interessen in verschiedene Richtungen gehen. Konflikte kommen auch oft zum Tragen, wenn ein Teil der Familie operativ im Unternehmen tätig ist und ein anderer Teil nur Aktionär ist.

Die Furche: Welche Kosten verursachen diese Konflikte?

Halter: Die Kosten werden unterschätzt. Ein Konflikt führt zu erheblichen direkten und indirekten Kosten. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Differenzen im Betrieb kann erheblichen Nutzen stiften.

Die Furche: Was sind Beispiele für indirekte Kosten?

Halter: Bleiben wir beim Thema Nachfolge. Wenn ein Betrieb von einem 70-jährigen Senior geführt wird und sich keine Lösung abzeichnet, so werden Lieferanten wie Kunden unsicher. Das kann sich in geänderten Lieferbedingungen, wie kürzeren Zahlungszielen, abzeichnen. Oder aber Kunden bestellen gewisse Produkte nicht mehr, da sie fürchten, dass die Garantieleistung in fünf Jahren womöglich nicht mehr erbracht werden kann. Das alles sind indirekte Kosten, und da sind direkte Aufwände wie Gerichtskosten noch gar nicht dabei.

Die Furche: Mediation kann helfen, Konflikte zu lösen …

Halter: Familienunternehmen sind sehr beratungsresistent. Dabei könnte eine externe Person viel leichter unangenehme Fragen frühzeitig stellen. Und hier liegt der Hund begraben: Oftmals wird so lange zugewartet, bis man mit einem Externen den Diskurs führt, dass der Konflikt schon offen ausgebrochen ist. Ich denke, das hat auch etwas mit der Kultur im deutschsprachigen Raum zu tun. Man hat keine Konflikte! So etwas gehört sich nicht! Das ist gesellschaftlich tief verankert, gerade bei Familienunternehmen.

Die Furche: Welche Trends sehen Sie beim Konfliktmanagement?

Halter: Man muss sich auf eine interdisziplinäre Betrachtung einlassen. Es geht oft um eine Kombination aus psychologischen, soziologischen und betriebswirtschaftlichen Problemen. Es zählen nicht immer nur die Zahlen. Der Homo oeconomicus hat spätestens beim Familienunternehmen ausgedient.

Das Gespräch führte Thomas Meickl.

Frank Halter ist Mitglied der Geschäftsführung des Center for Family Business an der Uni St. Gallen (CH).

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