Der Österreicher liebstes Buch

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Das Sparbuch hat drei herausragende Eigenschaften: es ist sicher, praktisch und verfügbar. Das lieben die Österreicher. Und so erlebt das Sparbuch in der Finanzkrise ein Comeback.

Die Frage, was der Österreicher allerliebstes Buch ist, lässt sich einfach beantworten: es ist das Sparbuch. Etwa 24 Millionen Sparbücher gab es im ersten Halbjahr 2008 - mit einer Einlage in Höhe von stolzen 143 Milliarden Euro. Dabei hat nicht erst die aktuelle Finanzkrise den Höhenflug des Sparbuchs ausgelöst. Bereits seit dem Jahr 2000, als die Dotcom-Blase platzte, hat das "Büchel", wie es oft liebevoll genannt wird, laufend Freunde gewonnen. Mittlerweile finden 51 Prozent der Österreicher Sparbücher interessant, sagt eine aktuelle Studie der GfK Austria. Im Jahr 2000 waren es nur 15 Prozent, die das gute alte Sparbuch sexy gefunden haben. Selbst die Einführung der Kapitalertragssteuer und die Aufhebung der Anonymität haben die Attraktivität des Sparbuchs nicht auf Dauer gemindert.

189 Jahre hat das Sparbuch in Österreich bereits auf dem Buckel - das erste Sparbuch wurde unter dem Namen "Einlagebuch Nr. 1" am 4. Oktober 1819 von Kaiser Franz I. für ein zwölfjähriges Waisenmädchen eröffnet.

Sicherheit ist das entscheidende Argument

Initiator und Erfinder des Sparbuchs war Johann Baptist Weber, Pfarrer in Wien- Leopoldstadt und quasi Gründer der "Ersten österreichischen Spar-Casse". Das Vorbild dazu stammte aus Deutschland, wo 1778 die erste Sparkasse in Hamburg eröffnet wurde, die wenig später das erste Sparbuch herausbrachte. Ziel war es zum einen, das gesparte Geld sicher zu verwahren, und zum anderen, das Geld der Sparer durch Zinsen zu vermehren.

Der Sicherheitsaspekt trägt auch heute, wie die jüngsten Ereignisse zeigen, massiv zum Erfolg des Sparbuchs bei - dank Einlagensicherung, Losungsworten und dem Fehlen jeglicher Kursschwankungen. "Darüber hinaus gilt ein Sparbuch als praktisch und verfügbar. Das sind die tragenden Elemente", analysiert Wirtschaftspsychologe Erich Kirchler. Dass Herr und Frau Österreicher alles andere als risikofreudig sind, unterstreicht auch Ursula Swoboda von GfK Austria: "Gezockt wird nur, wenn man wirklich Spielgeld zur Verfügung hat." Immerhin müsse das Geld in der Regel hart erarbeitet werden, so Kirchler. "Da tut es besonders weh, wenn es verloren geht", weiß der Psychologe. Dazu komme, dass die Prägung in Richtung Sparbuch von Kindesbeinen an vorhanden sei: "Beinahe jeder erinnert sich daran, wie er am Weltspartag mit seinem Sparschwein auf die Bank gegangen ist und dann ein Sparbuch erhalten hat", ist Kirchler überzeugt. Aber auch Erzählungen von Eltern oder Großeltern, die sich immer wieder die Finger mit Aktien verbrannt haben, tragen dazu bei, dass das Sparbuch nicht aus der Mode kommt. Warum gerade der Sicherheitsaspekt so wichtig ist, liegt auf der Hand: schließlich wird das, was auf dem Sparbuch ist, von den meisten als absoluter Notgroschen oder Zukunftsvorsorge angesehen.

"Das Sparbuch ist hochgradig emotional besetzt", betont auch Otto Lucius, Geschäftsführer der Österreichischen Bankwissenschaftlichen Gesellschaft. Man könne es in die Hand nehmen, damit auf die Bank gehen und Geld abheben. Und jederzeit nachlesen, wie hoch das Sparguthaben ist. "Das schätzen die Kunden eben", weiß Lucius.

Liebgewordene Traditionen dürfen nicht gebrochen werden - selbst im trockenen Bankgeschäft, wie die Erfahrungen mit den Geschenken zum Weltspartag zeigen.

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

"Wir haben einmal am Weltspartag auf Geschenke verzichtet und das dafür vorgesehene Geld für einen guten Zweck gespendet - aber die Kunden waren darüber alles andere als begeistert: es hat Beschwerden gehagelt", erzählt Karin Berger von der Erste Bank. Andere Institute wie etwa die Volksbank Wien haben noch nie versucht, auf die begehrten Weltspartagsgeschenke zu verzichten - "interessant wäre so ein Versuch aber schon", sagt Marketingleiterin Ulrike Steiner. Auch in der Steiermärkischen Sparkasse hat sich die Idee, auf Weltspartagsgeschenke zu verzichten, nicht durchgesetzt. "Das ist unser Dankeschön an die Kunden", heißt es dort. Darauf wollen die Sparer schließlich nicht verzichten.

Und so können sich Groß und Klein auch heuer wieder über diverse Aufmerksamkeiten freuen - vom Autoatlas über Stabfeuerzeuge bis zur Wärmeflasche, vom Pennal bis zum Lippenpflegestift. Und auch Plüschtiere und Kinderbücher für die Kleinsten dürfen nicht fehlen. "Der Trend geht weg von der Technik", erzählt Steiner. Qualität ist zunehmend gefragt - gleiches gilt für die soziale Verantwortung. "Bei größeren Mengen arbeiten wir durchaus auch mit Lieferanten aus Fernost zusammen - dabei wird aber von Seiten der Lieferanten die ordnungsgemäße und rechtskonforme Produktion und Abwicklung garantiert. Das heißt, es darf keine Kinderarbeit geben und auch alle Zertifizierungen müssen eingehalten werden", berichtet Alexander Tröbinger von der Unicredit Group. "Darüber hinaus müssen die Spielsachen frei von toxischen Inhaltsstoffen und für Kinder geeignet sein", sagt auch Karin Berger von der Erste Bank, die selbst beim Transport der bestellten Waren auf umweltschonenden Schiffs- und Bahntransport setzt.

Vor allem in der Region stark verhaftete Banken setzen bei ihren Präsenten auf regionale Lieferanten: so erhalten Kunden der Steiermärkischen Sparkasse heuer eine Flasche Wein, jene der Raiffeisenlandesbank Kärnten einen Sacherwürfel.

Mit dem Absturz der vielen unverständlichen und teils völlig gescheiterten Anlageformen im Hintergrund wird das Sparbuch auch zum heurigen Weltspartag seinen Siegeszug fortsetzen. Die Banken jedenfalls haben dafür Aktionen vorbereitet. Die Zinsen liegen, je nach Laufzeit, zwischen 4,5 und 5,5 Prozent. Dennoch ist es geboten, zu überlegen: Ein erheblicher Teil der Zinsen geht durch Kapitalertragssteuer und Inflation wieder verloren.

24 Mio.

Im Durchschnitt hat jeder Einwohner Österreichs drei Sparbücher. Im Jahr 2000 setzte ein neuer Boom ein, die Banken halten heuer 24 Millionen Sparbücher.

143 Mrd.

Die Einlagen auf den Sparbüchern betragen 143 Milliarden Euro. Eine Folge der Finanzkrise. Denn 2006 waren es erst 133 Milliarden Euro.

100.000

Die Einlagensicherung garantiert für das Angesparte: Bisher bis zu 20.000 Euro, 2009 unbegrenzt, ab 2010 bis zu 100.000 Euro. Der Staat haftet dafür mit 10 Mrd. Euro.

51

Die Sparbücher werden stets noch beliebter. Im Jahr 2000 fanden 15 Prozent der Österreicher das Sparbuch interessant, heuer sind es 51 Prozent. Es sind zu viele Blasen geplatzt.

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