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Der Stoffwechsel einer Großstadt

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Wir haben in den letzten Jahren große Fortschritte bei der getrennten Sammlung des Mülls gemacht. Das bedeutet, daß seine Entsorgung weniger problematisch geworden ist. Vieles läßt sich nunmehr wiederverwerten, vor allem die Unmengen an Papier und Glas. Schon problematischer ist die Wiederverwertung der biologischen Abfälle, hängt ihre Verwendbarkeit doch davon ab, wie stark der entstandene Kompost mit Giftstoffen belastet ist.

Weitgehend unbewältigt ist aber nach wie vor die Herausforderung, die Mengen an Material, die wir durch unseren Lebensraum schleusen, zu verringern. Jeder merkt es am eigenen Haushalt: Die Menge des Abfalls nimmt laufend zu. Was das für eine Großstadt wie Wien bedeutet, zeigt ein interessanter Überblick in der Zeitschrift „Falter”. 8.000 Tonnen an Abfällen scheidet die Großstadt Wien lag für Tag aus. So viel landet auf der Deponie. Weitere 35.000 Tonnen werden aber in der Stadt eingelagert: Das verdanken wir unserem Wirtschaftssystem, das einen fortgesetzt steigenden Konsum vom Bürger erwartet. Wien nimmt also pro Tag um 35.000 Tonnen in Form von Gebäuden, Investitions- und Konsumgütern an Gewicht zu, werden doch mehr als 50.000 Tonnen an Konsum- und Investitionsgütern sowie an Baustoffen in die Stadt gekarrt. Allein für das „Wohnen” (also für Einrichtungsgegenstände, Bekleidung, aber auch für das Heizen) muß man in Wien jährlich 12.000 Kilo pro Einwohner und Jahr in Rechnung stellen. Nicht weniger als 3.000 Lkw sind täglich am Werk, um all das herbeizuschaffen.

Pro Kopf und Jahr kommen außerdem noch 15.000 Kilometer dazu, die mit dem Personenwagen zurückgelegt gelegt werden, was bei einem Durchschnittsverbrauch von acht Litern 1.200 Liter Treibstoff pro Mann/Jahr bedeutet.

Die eingebrachten Stoffe landen aber nicht nur in den Haushalten und Fabriken, wo sie nützlichen Zwecken dienen, sondern sie reichern zum Teil

auch die Böden der Stadt an. Wien ist daher, so wie viele andere Städte auch mit einer wachsenden Schwermetallverseuchung konfrontiert, etwa wenn es um Blei und Cadmium oder andere Metalle geht.

Beachtlich ist auch der Wasserdurchsatz: 560.000 Tonnen Trink-und Regenwasser kommen in die Stadt. Von diesen gigantischen Mengen verlassen Wien dann wieder 550.000 Tonnen in Form von Abwasser. Auch der Luftverbrauch erreicht beeindruckende Werte: 100.000 Tonnen sind für den täglichen Stoffwechsel der Stadt erforderlich. Weil es sich dabei um Verbrennungsprozesse handelt, ist das mit CÖ2 angereicherte Gasgemisch bei Verlassen der Stadt um 27.000 Tonnen schwerer: Wiens Beitrag zum weltweit steigenden Glashauseffekt. So werden pro Einwohner in einer durchschnittlichen Wiener Wohnung jährlich 600 Liter Heizöl verheizt, um eine angenehme Raumtemperatur herzustellen. Bei dieser Verbrennung wird für jeden Li -ter Heizöl die zehnfache Menge Luft benötigt.

Wie dringend notwendig eine Änderung des weiteren Verbrauchswachstums - besonders bei Energie -ist, zeigen ziemlich gut gesicherte Ergebnisse der Klimaforschung. Bezüglich der Erwärmung der Erdatmo-phäre kommt diese nämlich zu dem Ergebnis: „100 Jahre währende Trends zu globaler Erwärmung (oder Abkühlung) von 0,5 Grad dürfte es in den letzten Jahrtausenden nur selten

gegeben haben - vielleicht ein- oder zweimal pro Millenium ... Das ergibt eine Wahrscheinlichkeit von 80 bis 90 Prozent, daß der im 20. Jahrhundert festgestellte Trend zur Erwärmung von 0,5 Grad nicht gänzlich auf natürliche klimatische Schwankungen zurückzuführen ist.” („Science”)

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