Dicke Luft über Europa

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Der Handel mit CO2-Zertifikaten sollte die Emissionen in Europa eindämmen. Dies blieb allerdings ein frommer Wunsch.

Der dritte Teil des Klimaberichtes der UNO wurde am 4. Mai veröffentlicht. Fazit: Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um die Erderwärmung unter den beherrschbaren Anstieg um zwei Grad zu bringen. Zunächst muss bis 2015 die Emission der Treibhausgase stabilisiert werden, weiters muss bis zur Mitte des Jahrhunderts die Kohlendioxid-Emission um 50 bis 85 Prozent sinken, verglichen mit dem Wert aus dem Jahr 2000. Doch der Bericht gibt auch Hoffnung, denn die für die Reduktion der Treibhausgase notwendigen Maßnahmen würden bis ins Jahr 2030 das Weltwirtschaftswachstum jährlich höchstens um 0,12 Prozentpunkte abschwächen.

Recht auf den Dreck haben

Der Handel mit Emissionszertifikaten, also mit "verbrieften" Rechten zur Verschmutzung der Umwelt mit Kohlendioxid (CO2), soll helfen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Die Idee dahinter ist, dass eine Firma, die zu wenige Zertifikate hat, diese käuflich erwerben muss, sei es von Firmen oder aber über Börsen. In Österreich handelt die Börse EXXA, die Energy Exchange Austria, mit Verschmutzungsrechten. Der Umweltaspekt scheint in der Idee umsetzbar zu sein, vor allem dann, wenn die Staaten den Firmen schrittweise weniger Zertifikate zugestehen. Die Verknappung am CO2-Markt hätte zur Folge, dass der Markt in Bewegung kommt. Die Firmen würden versuchen, im eigenen Betrieb mehr CO2 einzusparen, denn der Kauf von Verschmutzungsrechten wäre nicht billig.

Noch ist der Handel mit CO2 kein gutes Geschäft. Die Betriebe in Europa bekamen in der ersten Zuteilungsphase 2004 bis 2007 zu viele Zertifikate von ihren Regierungen. Es wurde kaum gehandelt und der Preis fiel ins Bodenlose. Bei Redaktionsschluss kostete die Tonne CO2 bei der EXXA 57 Cent. Dass der Handel aber nicht funktioniert, lässt Jürgen Wahl, Vorstand der EXXA, nicht im Raum stehen, schließlich habe es auch Zeiten gegeben, da die Tonne CO2 29,81 Euro gekostet hat (18. April 2006).

Der Handel mit Verschmutzungsrechten ist Teil des Kyoto-Protokolls, dessen Ziel es ist, im Zeitraum von 2008 bis 2012 die Emission von CO2 beispielsweise in Österreich um 13 Prozent zum Basisjahr 1990 zu verringern. In Österreich werden nur drei Prozent der zur Verfügung stehenden Verschmutzungsrechte versteigert, der Rest geht gratis an die Unternehmen. Bereiche wie der Verkehr, der Haushalt oder die Landwirtschaft (laut Umweltminister Pröll allerdings der einzige Sektor, der im Plansoll liegt) müssen keine Zertifikate für die Verschmutzung erwerben. Das Gegenteil ist in Österreich der Fall: Pendler bekommen Kilometergeld und eine Pauschale, wenn sie mit dem eigenen Auto fahren, Heizöl ist steuerbegünstigt und auch das Kerosin ist steuerbefreit. Das spiegeln auch die Zahlen wider. 2005 wurde ein CO2-Ausstoß von 93,2 Millionen Tonnen gemessen. Das Kyoto-Ziel wird also derzeit um 24,5 Millionen Tonnen CO2 verfehlt.

Die Stahlindustrie steht dem Emissionshandel skeptisch gegenüber. Der Klimawandel sei schließlich ein globales Problem und müsse global und nicht national gelöst werden. "Der Emissionshandel bringt nichts, wenn Haupt-Emittenten wie China oder Indien nicht einbezogen werden", sagt Bruno Hribernik, Qualitätsmanager bei Böhler-Uddeholm. Ein Vergleich untermauert die Verhältnisse: Die Voest emittiert zirka elf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr, das entspricht dem des Zuwachses der chinesischen Stahlindustrie in einem Monat.

Grün ist die Hoffnung

Um dem Kyoto-Ziel zumindest nahe zu kommen, will Pröll "grüne" Projekte im Ausland unterstützen, um an Verschmutzungsrechte zu kommen. Dies führt zu einer Verlagerung der Wertschöpfung ins Ausland. Schätzungen gehen davon aus, dass die Kosten dieser "grünen" Projekte sich nur zu 10 bis 20 Prozent in der heimischen Wertschöpfung niederschlagen werden. Das Nichteinhalten der Kyoto-Ziele beziffert Greenpeace auf ein bis drei Milliarden Euro, je nach Preis pro Tonne CO2. Und diese Kosten tragen alle Österreicher gemeinsam.

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