7086606-1994_16_16.jpg
Digital In Arbeit

Die Autos für morgen: kleiner und sparsamer

19451960198020002020

Das Auto der Zukunft: Welche Merkmale wird es haben? Ein Gespräch über die Stoßrichtung der technischen Entwicklung im Automobilbau.

19451960198020002020

Das Auto der Zukunft: Welche Merkmale wird es haben? Ein Gespräch über die Stoßrichtung der technischen Entwicklung im Automobilbau.

Werbung
Werbung
Werbung

DIE FURCHE: Wie kann man die Stoßrichtung der technischen Entwicklung bei den Pkw kennzeichnen^ MARTIN PFUNDNER: Seit dem ersten Olschock 1973 ist das primäre Ziel, den Verbrauch zu senken. Das hat weiterhin höchste Priorität - derzeit sogar verstärkt.

DIEFURCHE: Welche Verbesserungen wurden bisher erreicht? PFUNDNER: Die Entwicklung bei Opel dürfte repräsentativ für die deutsche Autoindustrie sein: Seit 1978 konnte der Durchschnittsverbrauch der Modell-Palette tun 27 Prozent gesenkt werden. Heute gibt es Autos, bei denen man Überland mit fünf bis sechs Litern auskommt. In den fünfziger Jahren haben die 125 Kubikzentimeter Motorräder im Kurzstreckenbetrieb dasselbe verbraucht.

DIEFURCHE: Läßt sich der Verbrauch noch weiter senken? PFUNDNER: Die heutigen Werte sind durchaus nicht das Ende. Die ersten Verbrauchssenkungen wurden relativ leicht erreicht. Je weiter man das Anliegen forciert, umso schwieriger läßt es sich verwirklichen. Die evidenten Verbesserungen sind eben ausgeschöpft. Dermoch geht die Entwicklung weiter.

DIEFURCHE: Aber langsamer? PFUNDNER: Ja, denn neben der Verbrauchssenkung (zur Einsparung von Treibstoff und zur Verringerung des COa-Ausstoßes) muß auch anderes berücksichtigt werden: die Senkung der Schadstoff-Emissionen und die Verbesserung der Sicherheit. Beide Anliegen stehen im Widerspruch zu möglichst niedrigem Verbrauch.

DIEFURCHE: Inwiefern trifft das auf die Schadstoff-Emission zu? PFUNDNER: Der Katalysator verringert die Effizienz eines Motors um drei bis fünf Prozent. Ohne Katalysator könnte heutige Autos schon weniger verbrauchen. Dennoch war die Einführung des Kats notwendig. In Österreich ist es damit gelungen, die Schadstoffe deutlich zu verringern.

DIEFURCHE: Und wie steht es mit der Sicherheit?

PFUNDNER: Höhere Sicherheit ist mit mehr Gewicht verbunden. Dieses muß aus dem Stillstand beschleunigt und wieder heruntergebremst werden, was mehr (Energie-)Verbrauch bedeutet. Aus ' Sicherheitsgründen werden die Autos laufend schwerer: Der jüngste Trend ist beispielsweise, den Seitenschutz zu verbessern.

DIEFURCHE: Kann man Stahl nicht durch leichten Kunststoff ersetzen' PFUNDNER: Im großen Stil körmte man Gewicht sparen, wenn man zwar nicht Kunststoff, wohl aber Kohlefaser einsetzt. In der Formel-1 wird dieses Material schon verwendet. Es bewährt sich dort sehr: uner-hörte Festigkeit bei ausgesprochenem Leichtbau. Würde man den derzeit bei Autos verwendeten Stahl durch Kohlefaser ersetzen, stiegen die Preise tun Größenordnungen.

DIEFURCHE: Zukunfismusik also? PFUNDNFJI: Ja, obwohl die Autoher-steller auch da mit Prototypen experimentieren. Solche Autos kosten Millionen. Eher als Kohlefaser könnte man sich den Einsatz von Aluminium vorstellen. Das würde Mehrkosten höchstens in der Größenordnung einer Verdoppelung bringen.

DIEFURCHE: Kann man Verbrauchswerte von drei Litern erreichen? PFUNDNER: Mit dem Motor allein nicht. Das ginge nur bei extremem Leichtbau und Verzicht auf den Ausstattungsstandard, der heute üblich ist: eine Fensterkurbel ist eben leichter als der E-Motor für das Fenster.

DIEFURCHE: Und Fahrzeuge, die nur für den Stadtverkehr dienen? PFUNDNFJI: Derzeit ist ein Trend zur Entwicklung von Autos die kleiner, billiger, leichter und sparsamer sind als die kleinsten Fahrzeuge, die es heute auf dem Markt gibt. Alle Hersteller beschäftigen sich damit. Aber die Konzepte sind noch unscharf. Soll dieses Kleinstauto ein Miniwagen für den Stadtverkehr in den Industrieländern sein? Oder ein Fami-henauto für die Dritte Welt? Beides ist nicht unter einen Hut zu bringen.

DIEFURCHE: Wie könnte so ein Stadtauto aussehen'

PFUNDNER: Viele meinen, man könnte viel Parkraum gewinnen, würde man 2,2 Meter lange Vehikel bauen. Dem stehen ungelöste Probleme gegenüber: Autos brauchen Knautschzonen auch bei Tempo 30 bis 50. Das bedeutet Mindestlängen von 3,3 bis 3,5 Metern. Weiters: Solche Stadtwägelchen sind für Überlandfahrten ungeeignet.

Bei diesem Konzept vrärden die Leute zwei Autos brauchen.

DIEFURCHE: Also noch mehr Autos? PFUNDNER: Nicht unbedingt. Ein Denkansatz ist der Opel Twin, eine Studie für ein Auto in Modul-Bauweise: ein Antriebsteil mit Benzinmotor für Überlandfahrten und einer mit E-Motor für die Stadt. Man kauft dann den Teil, den man überwiegend braucht und mietet den an-, deren im Bedarfsfall.

DIEFURCHE: Gibt es also ernste Bemühungen um den Elektro-Antrieb? PFUNDNER: Ja, sehr ernste. Aber die Energiespeicherung ist nach wie vor ungelöst. Wer Gegenteiliges behauptet, ist ein Scharlatan. In Kalifornien gibt es schon ein Gesetz, das ab den späten neunziger Jahren ver- . langt, daB zwei Prozent der neuzugelassenen Fahrzeuge null Emission haben. Das hat große Forschungs-bemühungeiiausgelöst. Bisher kaum erfolgreich: Die Batterien sind zu teuer, leben zu kurz, speichern zu wenig. Daher forciert man den Bau ultra-leichter Fahrzeuge. Ergebnisse aus dem SDI-Programm der USA sollen da eingebracht werden.

DIEFURCHE: Also doch kein Elektro-Auto?

PFUNDNER: Schon vor 100 Jahren war es kein Problem, so ein Auto zu bauen. Es ist ausschließlich ein Problem der Energiespeicherung. Folgende Variante ist auch möghch: ein Elektro-Antrieb durch einen kleinen Verbrennungsmotor ergänzt. Dieser läuft mit konstanter Drehzahl (wo er die beste Wirkung hat) und dient ausschheßlich der Stromerzeugung -also eine Art Bordgenerator (siehe Bild). Auch diesen Hybrid-Antrieb gab es schon vor 100 Jahren.

DIEFURCHE: Und wie steht es mit dem Wasserstoff-Antrieb? PFUNDNER: Auf lange Sicht könnte daraus etwas werden. Aber wahrscheinlich geht das nicht ohne massiven Atomstromeinsatz für die Herstellung des Wasserstoffs. Ich will dieser Option nicht das Wort reden.

DIEFURCHE: Werden Autos in Zukunft besser wiederverwertbar sein? PFUNDNER: Wir waren die ersten, die das Material der Kunststoffteile gekennzeichnet haben. Die Bemühungen, Autos für Recycling zu konstruieren, werden verstärkt fortgesetzt.

DIEFURCHE: Werden „Airhags'' zur Standardausrüstuhg? PFUNDNER: Sie einzubauen, ist teurer, als Sitze mit Gurten zu versehen. Daher wird dieser Schutz als Option angeboten und in den teureren Fahrzeugen zimehmend zur Serienausstattung gehören. Es wird noch eine Zeit dauern, bis er ähnlich selbstverständlich sein wird wie der Scheibenwischer. Aber vielleicht fällt jemandem bis dahin auch etwas Besseres ein.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung