Die Lösung des kapitalistischen Geldknotens

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Der Staatsschuldenbericht zeigt: Österreichs Pro-Kopf-Staatsverschuldung beträgt 205.000 Schilling. Interessant ist die Kehrseite des Berichts: Dividiert man Österreichs privates Geldvermögen durch die Zahl der Österreicher so liegt das Pro-Kopf-Geldvermögen mit 540.136 Schilling mehr als zweieinhalbmal über der Pro-Kopf-Staatsverschuldung. Das private Geldvermögen ist allein im vergangenen Jahr um 250 Milliarden Schilling(!) gestiegen, das Sechsfache der öffentlichen Verschuldung.

Vom Reichtum haben nur wenige etwas, die Schulden haben alle. Besonders betroffen ist jene Million Österreicher unter der Armutsgrenze, darunter 300.000 Kinder und ihre Familien. Der Weltentwicklungsbericht 1999 zeigt, daß das Vermögen der drei reichsten Einzelpersonen größer ist als das Nationalprodukt der 48 ärmsten Länder der Welt! Nicht von ungefähr kommt diese Auseinanderentwicklung, sondern aufgrund der "zu immer größerer Quantität und Ungleichheit emporschießenden" geldbestimmten Ökonomie, was schon um 1800 der Philosoph Hegel erkannte. Für ihn liegt die entscheidende Existenzaufgabe moderner Humanität im Bezwingen geldbestimmter Fehlentwicklung. Hingegen hält der Vorsitzende des österreichischen Staatsschuldenausschusses Helmut Frisch, im kleinen Kreis befragt, den Kapitalismus für nicht definierbar und die Staatsverschuldung für "nicht lösbar, nicht behebbar, nur behandelbar".

Wer hat recht? Der Ökonom John M. Keynes soll entscheiden. Die Antwort ist aus seiner "Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes". Keynes nennt drei Motive, warum Wirtschaftsteilnehmer Geld nachfragen: das Transaktions-, das Vorsichts- und das Spekulationsmotiv. Während Keynes Geld für persönlichen und geschäftlichen Austausch sowie als Sicherheitspolster unproblematisch ansieht, liegt für ihn der Hund in der Spekulationskasse begraben.

Wirtschaftsgüter: Weizen, Häuser, Stahlwerke, Geld bewirken unter Umständen Erträgnis oder Produktion. Außerdem sind sie - Ausnahme Geld - mit Durchhalte- oder Lagerkosten verbunden. Schließlich "mag die Verfügungsmacht über einen Vermögensgegenstand während eines Zeitabschnitts potentielle Annehmlichkeit oder Sicherheit bieten, die für verschiedene Vermögensgegenstände ungleich ist." Dieser Tauschbarkeitswert ist bei Geld sehr groß. Den Betrag, den Leute dafür zu zahlen bereit sind, nennt Keynes "Liquiditätsprämie". Es folgt: Der Nettoertrag eines Wirtschaftsgutes ergibt sich aus Erträgen minus Kosten plus Liquiditätsnutzen. Dabei zeigt sich die Besonderheit von Geld: Seine Erträge und Durchhaltekosten sind Null, sein Liquiditätsnutzen ist erheblich - dementsprechend die Liquiditätsprämie, der Geldzins.

Um den kapitalistischen Geldknoten zu lösen, zeigte Keynes den richtigen Trick: Die "Erzeugung künstlicher Durchhaltekosten des Geldes" in Form eines Negativzinses auf Liquidität, Guthaben wie Schulden. Keynes ging von einem Prozent Negativzins jährlich aus - ein Plan zur finanziellen Abrüstung. In Folge würden Geldvermögen und Schulden nicht systemimmanent anwachsen, der spekulativen Geld-Willkür wäre die Attraktion entzogen.

Dieser Plan enthält das Gegenteil der unterstellten Politik des Schuldenmachens öffentlicher Hand. Deshalb: Wird Geld gerecht geordnet und verteilt, können Arbeitslosigkeit, Armut und eine krisenschaffende Ökonomie überwunden werden. Wenn nicht, wird die Krise weiter wachsen und Opfer fordern.

Der Autor ist Vize-Vorsitzender undWirtschaftsarbeitskreisleiter des Katholischen Familienverbandes Wien.

Veranstaltungshinweis: INWO (Initiative für gerechte Wirtschaftsordnung)-Kongreß Wien, 25.-28. August; Auskunft: 01 / 3300425

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