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Was Finanzmärkte vermögen und was sie an Krisen und Zusammenbrüchen anrichten, analysieren Herwig Büchele und Erich Kitzmüller.

Täglich werden auf dem Kapitalmarkt Summen verschoben, die etwa 50-mal mehr Geldwerte umfassen, als es weltweit an realem Kapital gibt.

Erich Kitzmüller und Herwig Büchele reflektieren über den spekulativen Kapitalmarkt und seine rasante Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren. Hintergrund ist die wirtschaftspolitische, aber auch philosophisch-ethische Überlegung, wie die Menschheit ein außer Kontrolle geratenes System geistig einfangen und organisieren kann. Nüchtern analysieren die Autoren, was der boomende Spekulationsmarkt leisten kann und was nicht.

"Geld hat Formen von Gegenseitigkeit und Aktivität ermöglicht, eine Verbindung von sozialem Zusammenhalt und Mobilisierung von Energien, die sich bisher jeder anderen Kultur als überlegen erwiesen hat. Der simpel-binäre Code - Zahlung oder Nicht-Zahlung, Zahlungsbereitschaft oder Zahlungsverweigerung - befreit die Beteiligten von den Mühen und Enttäuschungen direkter Verhandlungen mit all ihren Konflikten", analysieren die Autoren.

Aus seiner Leistungsfähigkeit, der Anonymität und Reduktion, erklärt sich jedoch gleichzeitig die Krisenanfälligkeit und Überdrehung des internationalen Finanzsystems. Trickreiche Analysen und Korruption sind allgegenwärtig. Der Erwerb von Aktien oder Fonds-Anteilen ist immer auf Zukunft ausgerichtet: Man erwirbt, wovon man einen künftigen Gewinn, also eine Wertsteigerung erwartet. Dabei spielt der reale Wert eines Unternehmens keine Rolle, es kann florieren, gleichzeitig kann sein Kurs fallen. Insgesamt entsteht eine ständige Beschleunigung, da alle ständig steigern wollen. "Das eigentliche Geschäft der Finanzmärkte ist das Produzieren von Vertrauen. Indem Finanzmärkte das Verhältnis zwischen fiktivem und realem Kapital zu Gunsten des fiktiven Kapitals verschieben, wird darin irriges, zumindest Irrtum-anfälliges Vertrauen erzeugt." Schlussendlich wirkt sich der fiktive Kapitalmarkt aber auf den realen aus. Die Forderung nach Kurssteigerung eines gewinnbringenden Betriebes führt zu Arbeitsplatzverlusten. Finanzkrisen, Zusammenbrüche, Entwertungen führen zu realen Verlusten, Wirtschaftskrisen und Armutskatastrophen, zu Raubbau und Kriegen.

Nach einer Welle der nationalen Deregulierungen braucht die Welt internationale Spielregeln. Viele Akteure, die selbst in den höheren Etagen von Konzernen und Börsen sitzen, sprechen sich für internationale Regulierung aus. Die Autoren selbst schlagen einen Rat transnationaler Akteure vor, in dem neben Regierungen und Weltinstitutionen wie uno und wto auch multinationale Konzerne eingebunden sein sollen, ebenso Gewerkschaften und ngos. Dieser Rat der Global Player hätte die Möglichkeit, Offshore-Zentren zu schließen, Spekulationssteuern oder die Vereinheitlichung der Bilanzlegung und eine effektivere Kontrolle gegen die allgegenwärtige Korruption im Finanzsystem durchzusetzen und andere Maßnahmen von globalem Zuschnitt zu regeln, ohne die neue Krisen und Zusammenbrüche unvermeidlich sind.

DAS GELD ALS ZAUBERSTAB UND DIE MACHT DER INTERNATIONALEN FINANZMÄRKTE

Von Erich Kitzmüller, Herwig Büchele

lit Verlag, Wien 2004

479 S., kart., e 23,60

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