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Digital In Arbeit

Druck auf Kleine wird stärker

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Immerhin wird es für 90 Prozent der Arbeitnehmer im Einzelhandel aber erstmals einen freien Samstag geben.

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Immerhin wird es für 90 Prozent der Arbeitnehmer im Einzelhandel aber erstmals einen freien Samstag geben.

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Das Ladenschlußgesetz würde 1958 durchgesetzt. Die Diskussion darüber ist nicht neu. Politiker, Gewerkschafter, Unternehmer, Konsumenten und natürlich auch die Medien führen seit einigen Jahren heftige Auseinandersetzungen. 1987 und in der Folge 1989 und

1990 wurde das Gesetz durch den Ver-fassungsgerichtshof aufgehoben. Seit

1991 gibt es das geltende Öffnungszeit engesetz, das auch durch das 1 löchstgericht anerkannt wurde.

Aus der Sicht der Arbeitnehmer im Einzelhandel verbindet sich'mit dem Thema Öffnungszeiten ein hohes Maß an sozialpolitischem Sprengstoff. 1 )abei sind die täglichen persönlichen Wahrnehmungen über die Auswirkung der Öffnungszeiten auf die Lebensumstände der Arbeitnehmer maßgebend. Öffnungszeiten stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Dauer und Lage der Arbeitszeit.

NeieReci itsiage Mit 1. Jänner 1997 wird ein geändertes Öffnungszeitengesetz in Kraft treten. Wesentliche Änderung ist die Offenhalteinöghchkeit an jedem Samstag bis 17 Uhr. Es gibt berechtigte Zweifel, ob die Änderung wirtschaftlich sinnvoll ist. Durch Impulskäufe werden die Umsätze nicht explodie ren. Im Handel wird es (iowinner und Verlierer geben. I )er I )ruck auf Klein-und Mittelbetriebe wird sich verstärken. Die Nahversorgung wird sich nicht verbessern. Große und logistisch gut organisierte Handelsbetriebe rechnen sich neue Marktchancen aus. Insgesamt wird die Kaufkraft gleichbleiben. Es ist fraglich, welche Verbesserungen sich für die Konsumenten ergeben. Finer weiteren Konzentration der Fankaufszentren in die Randgebiete der Ballungsräume werden die schon jetzt bekannten Me-gastaus folgen. Menschen mit geringerem Einkommen und fehlender Mobilität laufen Gefahr, noch teurer einzukaufen.

Was wünsciikn sich dik Mknschen? Nach jüngsten Umfrageergebnissen sehnen sich die Österreicher an erster Stelle nach einer glücklichen und funktionierenden Familie. Geborgenheit, Sicherheit, soziales Umfeld sind also angesagt. Auch Politiker präsentieren sich laufend als Glücksbringer für Familien. Marketingfachleute propagieren das familiäre Einkaufserlebnis. Auch die zirka 250.000 Arbeitnehmer im Einzelhandel haben diese Sehnsucht. Zwei Drittel davon sind Frauen.

Veränderung mcss nicht Verschlechterung sein

Die Arbeitnehmer im Einzelhandel haben traditionell unattraktive Arbeitszeiten. Damit sind sie nicht die einzige Berufsgruppe. Dazu kommt, daß die Arbeitsbedingungen in einigen Branchen besonders prekär sind. Zwei Drittel der Arbeitnehmer erhalten Überstunden und Mehrleistungen nicht oder nur zum Feil abgegolten. Die kapazitätsorientierte Arbeitszeit greift immer mehr um sich. Die tatsächliche Arbeitszeiteinteilung ist bedingt durch die Öffnungszeiten eher dem Zufalle und den betrieblichen Notwendigkeiten überlassen. Lebensqualität ist nicht ausschließlich eine Einkommensfrage. Für die Arbeitnehmer im Einzelhandel ist Arbeitszeitqualität eine der wichtigsten Forderungen.

Endlich Arbeitszeit von den Öffnungszeiten entkoi'l'ei ,n

Nach schwierigen Verhandlungen ist es der Gewerkschaft gelungen, einen wichtigen Schritt zur Entkoppelung der Arbeitszeit von den Öffnungszeiten durchzusetzen. Mit dem neuen Öffnungszeitengesetz wird auch das Arbeitsruhegesetz novelliert. In Zukunft muß bei einer Arbeitsleistung am Samstag nach 13 Uhr der nächste Samstag gesetzlich zur Gänze arbeitsfrei sein. 90 Prozent der Arbeitnehmer haben bisher einen freien Samstag nicht erlebt. Nun wird es den freien Samstag im Einzelhandel geben. Dazu kommt ein neuer Kollektivvertrag, der weiterhin die Kr-schwerniszuschläge während der Normalarbeitszeit sichert. Dieser Kollektivvertrag bringt auch eine neue Qualität bezüglich der Arbeitszeit. Wenn ein Arbeitgeber in Zukunft die betriebliche Arbeitszeit attraktiviert, hat er die Möglichkeit, die Zuschläge zu senken. Bei einer Vereinbarung, wonach Zeitausgleich in Form eines ganzen Kalendertages gewährt wird, sinken die Zuschläge auf 50 Prozent. Wird der Zeitausgleich in Verbindung mit der Wochenendruhe gewährt, beträgt der Zuschlag 30 Prozent. Mit diesem Kollektivvertrag ist es möglich, bei qualitativer Arbeitszeitgestaltung Kosten erheblich zu senken. Das müßte auch für die Arbeitgeber ein Anreiz sein, den-Arbeitnehmern mehr Qualität bei der Arbeitszeitgestaltung anzubieten. Es gibt die berechtigte Chance, das schlechte Arbeitszeitimage des Einzelhandels zu verbessern. Wichtig ist dabei, daß alle neuen Arbeitnehmerschutzbestimmungen aucli für Teilzeitkräfte gelten. Flexibilität muß kein Rückschritt sein, unsere I laupt-arbeit wird sich im kommenden Jahr auf die qualitative Umsetzung der neuen Regelungen beziehen. Bei den abendlichen Öffnungszeiten von Montag bis Freitag wurde das geltende Recht, Öffnungszeit bis 19.30 Uhr, beibehalten. Die Möglichkeit, an ei nem Wochentag bis 21 Uhr zu öffnen, wurde zurückgenommen. Es bleibt zu hoffen, daß die Qualität der neuen Regelungen von den Arbeitnehmern auch erlebt wird.

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