Ein Aufstieg ohne Seilschaft

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Anstand, Fachkompetenz und einschlägige Berufserfahrung mögen als Tugenden gute Argumente für die Bewerbung um die Spitzenfunktion der staatlichen Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) sein. Indes, eher selten gelingt politisch unverbandelten Bewerbern der Karrieresprung in den staatsnahen Olymp, ohne Parteibuch, Jagdschein und Golfklub-Mitgliedschaft. Keines dieser Dokumente nennt Wilhelm Rasinger sein Eigen und dennoch: Lass alle Hoffnung fahren, kommt für den unermüdlichen Einzelkämpfer nicht infrage. Der promovierte Betriebswirt hält seit 1999 als Vorsitzender des Interessenverbands für Anleger (IVA) seine schützende Hand über Österreichs Sparer und Einzelinvestoren. Seine Bewerbung für den Vorstandsvorsitz der Verstaatlichtenholding sieht Rasinger als logische Konsequenz seines bisherigen Werdegangs. "Ich will vom Anlegervertreter einiger weniger, zum Anlegervertreter aller österreichischen Steuerzahler werden. Denn auch da muss ich auf das Geld der Menschen aufpassen.“

Mit dem Widerstand steigt die Motivation

Rasinger ging stets seinen Weg. "Ich diente mich niemandem an“, setzt Rasinger auf die Außeneiterrolle eines ausgewiesenen Experten. Dass seine Bewerbung von großer medialer Resonanz begleitet ist, überrascht ihn nicht. "Ich pass’ halt nicht ins Muster des üblichen Name-Droppings.“ Es irritiert ihn auch nicht, dass gemäß österreichischem modus procedendi gerne ausgeschrieben wird, was längst ausgeschnapst zu sein scheint. Der steirische Ex-Landesrat Herbert Paierl (ÖVP) wurde bereits mehrfach als künftiger ÖIAG-Chef genannt.

Gerüchte entmutigen Rasinger aber nicht. Sie spornen ihn an. "Dass im Vorfeld ein Kandidat durch die Medien geistert, gehört dazu. Je mehr Widerstand, desto größer meine Motivation“, gibt sich Rasinger überzeugt, dass er mit seiner fachlichen Qualifikation punkten wird.

Nach 20 Jahren Erfahrung in diversen Aufsichtsräten sind ihm die Kernbeteiligungen der ÖIAG - OMV, Telekom Austria und Post AG - wohl vertraut. "Ich bin davon überzeugt, dass ich zu einem Hearing eingeladen werde. Das ist eine Frage der Höflichkeit und Professionalität. Ich wünsche mir eine faire Chance und dass nach sachlichen und fachlichen Kriterien eine Entscheidung getroffen wird.“

Rasinger regt an, das mittlerweile zu wenigen Beteiligungen geschrumpfte Portfolio der ÖIAG sinnvoll zu erweitern, so dies politisch gewollt wird: "Innerhalb kürzester Zeit hat das Finanzministerium einige Bankenbeteiligung bekommen, wie beispielsweise die ÖVAG und Kommunalkredit. Die müssen zumindest mittelfristig begleitet und betreut werden. Das könnte ein Thema für die ÖIAG werden. Sie ist darauf nicht eingestellt. Man sollte darüber nachdenken, diese Beteiligungen unter den Schirm der ÖIAG zu stellen.“

Rasinger lebt, was er predigt, und ist auch privat bekennender Aktionär. "Ich bin ein Österreicher ohne Sparbuch. Meine langfristige Vorsorge besteht zu über 90% aus österreichischen Aktien und Unternehmensanleihen. Für mich ist Aktienbesitz keine Spekulation. Mein Credo ist: Kaufe und halte. Ich habe als Anleger Unternehmen durch dick und dünn begleitet. Ich möchte nicht mit irgendwelchen Kurzzeitinvestoren in Konkurrenz treten, sondern will ruhig schlafen und meine Gemütsverfassung nicht von steigenden oder sinkenden Kursen abhängig machen.“

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