Ein blühender Wirtschaftszweig

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Die Schattenwirtschaft wächst in Österreich, der Schweiz und Deutschland dreimal schneller als die offizielle Wirtschaft. Ein Pfuschergesetz hilft da wenig!

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Die Schattenwirtschaft wächst in Österreich, der Schweiz und Deutschland dreimal schneller als die offizielle Wirtschaft. Ein Pfuschergesetz hilft da wenig!

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Das Ausmaß und die Entwicklung der Schwarzarbeit, im Volksmund "Pfusch" genannt, wird heutzutage in den drei deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz sehr intensiv diskutiert. Genaue Daten über die Ausmaße und den Umfang der Schwarzarbeit zu erhalten, ist schwierig, da diese Arbeit ja nicht öffentlich aufscheint, sondern - wie der Name schon sagt - "schwarz" abgewickelt wird. Deswegen werden die Berechnungen des Umfanges der Schattenwirtschaft mit dem sogenannten Bargeldansatz durchgeführt.

Der Bargeldansatz basiert auf der Idee, daß die in der Schattenwirtschaft erbrachten Leistungen bar entlohnt werden, und daß es mit Hilfe einer Bargeldnachfragefunktion gelingt, diese bar entlohnten Leistungen zu schätzen und das Volumen an Schwarzarbeit zu berechnen.

Im Folgenden gehe ich auf den (geschätzten) Umfang der Schattenwirtschaft für das Jahr 1999 und die Sinnhaftigkeit des geplanten "Pfuschgesetzes" ein. Daran anschließend stelle ich eigene Überlegungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Österreich vor.

1. Auch im Jahr 1999 wird die Schwarzarbeit weiter ansteigen In Österreich wird sich die Schwarzarbeit von 233 (1998) auf 251 (1999) Milliarden Schilling erhöhen; dies entspricht einer Steigerung von 7,7 Prozent, und wenn man entsprechend den Prognosen annimmt, daß das offizielle Bruttoinlandsprodukt nur um 2,4 Prozent steigen wird, dann wächst die Schattenwirtschaft dreimal schneller als die offizielle Wirtschaft.

Ein wesentlicher Grund für das stärkere Anwachsen der Schwarzarbeit liegt in der stark gestiegenen Belastung durch Steuern und Sozialabgaben aufgrund der Sparpakete der österreichischen Bundesregierung.

Auch in Deutschland wird das Ausmaß an Schwarzarbeit im Jahr 1999 weiter zunehmen. Hier zeigt sich ebenfalls, daß die Schwarzarbeit dreimal schneller wächst als die offizielle Wirtschaft. Ein wesentlicher Grund dafür wird in den beabsichtigten Plänen der deutschen Bundesregierung liegen, entweder die Sozialversicherungspflicht oder die Besteuerung der sogenannten 620 DM-Jobs einzuführen. Die Auflistung abschließend, kann weiters prognostiziert werden, daß auch in der Schweiz die Schattenwirtschaft dreimal schneller wachsen wird. Der Anlaß für dieses Anwachsen dürfte die steigende steuerliche Belastung (Mehrwertsteuererhöhung) in der Schweiz sein.

Relativiert werden die Daten bei einem Größenvergleich der Ausmaße der Schattenwirtschaft von 18 OECD-Staaten. Die Analyse der Zahlen zwischen 1994 bis 1997 zeigt, daß die Länder Österreich und Schweiz - was die Größenordnung der Schattenwirtschaft betrifft - die Position der Schlußlichter einnehmen. Und auch Deutschland befindet sich in dieser Auflistung im unteren Drittel.

2. Ein "Pfuschgesetz" zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ?

In der österreichischen Bundesregierung gibt es nach wie vor Pläne, ein Gesetz zu verabschieden, daß mit Hilfe des verstärkten Einsatzes der Zollbehörden versucht, das Ausmaß an Schwarzarbeit und hier insbesondere das Ausmaß an Schwarzarbeit durch organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Der Ansatz ist prinzipiell zu begrüßen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieses Gesetz mit den dafür vorgesehenen Mitteln ausreicht; zum Beispiel ob es genügt, die Anmeldepflicht für Ausländer schon am ersten Tag für die meisten Branchen, in denen intensiv schwarz gearbeitet wird, zu verlangen?

Faktum ist, daß zwei Drittel des Pfuschs in Österreich von (in der offiziellen Wirtschaft(!)) beschäftigten Österreichern erwirtschaftet werden. Höchstens ein Drittel des Pfuschs ist der organisierten Kriminalität zuzuschreiben. Weiters zu bedenken gilt der Umstand, daß "der Pfusch im Kleinen" durch dieses Gesetz nicht oder nur unzureichend verfolgt wird. Nachdenklich stimmt auch, daß keine Maßnahmen ergriffen wurden, die die Ursachen der Schwarzarbeit - nämlich die hohen offiziellen Arbeitskosten - bekämpfen. Hierzu wäre eine Senkung der Lohnnebenkosten erforderlich, die mit Hilfe einer Umschichtung des Steuersystems, etwa durch eine ökosoziale Steuerreform, gelingen könnte. Das vorliegende Gesetz wird daher kaum in der Lage sein, das Ausmaß an Schwarzarbeit in Österreich einzudämmen, es mag lediglich dazu dienen, das schlechte (politische) Gewissen zu beruhigen. Abschließend sei daher ein Vorschlag eingebracht, der ohne großen Aufwand einen maximalen Nutzen bringen würde: 3. Ein Vorschlag zur Bekämpfung der Schwarzarbeit am Bau In allen österreichischen Bundesländern gibt es staatliche Subventionen beim Wohnungsbau. Die Summen bewegen sich zwischen 200.000 und 400.000 Schilling. Würden diese Summen dazu verwendet, daß aufgrund von vorgelegten offiziellen Rechnungen nur der Unterschied zwischen den offiziellen Arbeitskosten und den ausbezahlten Löhnen gefördert würde, hätte kein Häuslbauer mehr einen Anreiz, einen Pfuscher anzustellen, da ihm dieser nicht mehr billiger käme.

Mit dieser Maßnahme könnte auf einen Schlag ein Großteil der Schwarzarbeit am Bau legalisiert werden, ohne daß dies viel Verwaltung und Bürokratie benötigen würde und ohne daß man eine eigene Pfuscherpolizei aufstellen müßte.

Der Autor ist Professor für Volkswirtschaft an der Johannes-Kepler-Universität Linz.

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