"Ein entwickelter Staat geht nicht bankrott"

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Markus Marterbauer, geboren 1965, ist Mitarbeiter des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO. Er ist für Konjunkturprognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen zuständig.

Die Furche: Wie viele Konjunkturpakete kann sich Österreich leisten?

Markus Marterbauer: Derzeit sind wir noch weit weg von Defizithöchstgrenzen. Österreich wird drei Prozent im kommenden Jahr verzeichnen, die Amerikaner haben im Vergleich acht Prozent.

Die Furche: Es gibt immer mehr Staaten, die zuletzt ins Schlingern kamen, Griechenland, Spanien.

Marterbauer: Das hat zum einen realwirtschaftliche Gründe. In Spanien beispielsweise gab es einen massiven Immobilienboom, der dann zusammengebrochen ist, der Konsum hat nachgelassen, die Arbeitslosigkeit hat sich verdoppelt. Dazu kommt jetzt die Frage, ob diese Staaten insolvent werden könnten, was wieder zu der Abwertung der Bonität führt.

Die Furche: Ist das eine reale Gefahr?

Marterbauer: Das glaube ich nicht. Der spanische Staat wird nicht in Konkurs gehen. Spanien verzeichnete in den vergangenen Jahren eine massive Senkung der Arbeitslosigkeit von 25 auf sieben Prozent. Die Staatsschuld ist massiv gesunken, beträgt derzeit nur 35 Prozent des BIP. Und selbst wenn sich die Staatsschuld verdoppeln würde, wäre das keine außergewöhnliche Situation.

Die Furche: Woher rühren dann die Sorgen in den Medien und in Brüssel.

Marterbauer: Die Spekulation hat sich auch verlagert auf Staatspapiere. Viele spekulieren auf die höheren Zinsen dieser Papiere. Das ist eine Fortsetzung der Spekulationen in anderen Bereichen. Das Kapital sucht sich ein neues Ziel. Ich sage nicht, dass die Krise nicht schwer wäre in Spanien, aber die Spekulation kommt noch dazu.

Die Furche: Gibt es auch schon Wetten auf den Konkurs von Staaten?

Marterbauer: Zum Teil gibt es die.

Die Furche: Dann hat auch die Debatte um das Zerbrechen des Euroraumes für Sie keinen Hintergrund?

Marterbauer: Ich halte das für eine virtuelle Debatte.

Die Furche: Kann eine Welle der Spekulation einen Staat mit weniger guten Grunddaten wie Griechenland aus dem Lot bringen?

Marterbauer: Griechenland ist ein anderer Fall, weil die Staatsverschuldung dort schon auf 100 Prozent des BIP liegt. Jede Zinssteigerung bei Anleihen führt da zu einer massiven Erhöhung der Kosten. Der Staat braucht einen größeren Teil für Zinszahlungen und hat dieses Geld nicht mehr zur Verfügung, um die Wirtschaft zu stützen. Da geht es um Milliarden.

Die Furche: Ist der Bankrott dadurch möglich?

Marterbauer: Ein Industriestaat kann nicht bankrott gehen, wenn er gut entwickelt ist. Er hat ja immer die Möglichkeit, sich über Steuern zu finanzieren. (tan)

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