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Ein Loch im ASVG

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Mit dem Inkrafttreten des ASVG am 1. Jänner würden sich in der durch das 2. Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland geregelten Versicherung der Heimatvertriebenen in Oesterreich zahlreiche Schwierigkeiten ergeben.

1. Wie soll die Rente eines Heimatvertriebenen, der nach dem 1. Jänner 1956 um dieselbe ansucht, berechnet werden? Das ASVG führt im 543 bei der Aufhebung bisheriger Vorschriften das 2. Sozialversicherungsabkommen zwar nicht an, erklärt aber ausdrücklich, daß alle bis dahin geltenden Bestimmungen, soweit sie ihm selbst widersprechen, außer Kraft treten. Das ASVG errechnet nun die Rente mit einem Grundbetrag von 30 Prozent der Bemessungsgrundlage und Steigerungsbeträgen, die für das erste Jahrzehnt der Versicherung 6 Prozent, für das zweite 9 Prozent, für das dritte 12 Prozent und für das vierte Jahrzehnt 15 Prozent der Bemessungsgrundlage betragen; das zweite Abkommen hingegen setzt für die im Herkunftsland der Vertriebenen erworbenen Versicherungszeiten einheitliche, durchschnittliche Steigerungsbeträge fest, die zum Beispiel in der Angestelltenversicherung bei Männern 2,70 Schilling, bei Frauen 1,90 Schilling pro Monat betragen. Diese beiden Berechnungsarten der Rente widersprechen einander vollkommen. Was ist nun Rechtens?

2. Die vorangeführten Steigerungsbeträge des zweiten Abkommens, die keinerlei Rücksicht darauf nehmen, ob der Versicherte im Herkunftslande Beiträge der niedersten oder höchsten Gehaltsklasse gezahlt hat, sind überdies von den beiden Vertragspartnern viel zu niedrig angesetzt worden, bedeuten also eine schwere Schädigung der Versicherten und müßten, damit eine Gleichstellung mit den übrigen österreichischen Versicherten erreicht wird, zumindest verdoppelt werden. Eine Rente für 25 Versicherungsjahre im Heimatland nur mit knapp 600 Schilling monatlich zu errechnen, geht nicht an, wenn dasselbe ASVG ab 1. Jänner 1956 — allerdings unter Berücksichtigung der neu geschaffenen sozialen Ausgleichszulage — schon nach fünf

Jahren eine Minimalrente von 460 Schilling und, allerdings erst nach 45 Jahren, eine Maximalrente von 2892 Schilling monatlich vorsieht. Daß die Heimatvertriebenen bei allem sonst schuldigen Dank gegenüber den beiden Vertragspartnern diesen .Zustand als durchaus unbefriedigend empfinden und Abhilfe fordern, ist begreiflich.

3. Das zweite Abkommen bestimmte, daß die Anträge auf Vormerkung der im Auslande erworbenen Versicherungszeiten innerhalb eines Jahres nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt gestellt werden müssen; diese Frist lief somit mit dem 26. November dieses Jahres ab. Da es zahlreichen Anspruchsberechtigten aber bisher unmöglich war, ihre Ansprüche urkundlich nachzuweisen, muß diese Frist unbedingt verlängert werden. Im übrigen ist den Versicherungsträgern zu empfehlen, dem Nachweis von Versicherungszeiten durch Zeugenbeurkundung mehr Bedeutung zuzuerkennen, als dies bisher offensichtlich der Fall war.

4. Das ASVG enthält die Bestimmung, daß nichtVersicherte Beschäftigungszeiten, soweit sie auf dem Gebiete der Republik Oesterreich abgedient wurden und vor dem 1. Jänner 1939 liegen, angerechnet werden können. Damit gingen aber die Heimatvertriebenen mit ihren im Auslande verbrachten, nicht versicherten Beschäftigungszeiten leer aus.

Was soll nun geschehen? Das 2. Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland novellieren? Das würde wiederum Jahre dauern; so gibt es nur den einen Ausweg, dem Parlament schon in den nächsten Wochen einen eigenen Gesetzesantrag vorzulegen, der die hier aufgezeigten Mängel beseitigt und gleichzeitig mit dem ASVG, also am 1. Jänner 195 6, in Kraft tritt. Wie wir erfahren, haben die beiden Regierungsparteien auch bereits einen diesbezüglichen Initiativantrag vorbereitet, mit dessen Annahme durch den Nationalrat wohl mit Sicherheit gerechnet werden kann.

sehen Gedankengutes den Neoliberalismus sich der christlichen Naturrechtslehre nähern läßt, auf welche sich manche Ordo-Liberale (Röpke, Otto Veit, Joseph Höffner u. a.) ausdrücklich berufen, vor allem auf das scholastische Ordo-bild des hl. Thomas! Es nimmt daher auch nicht wunder, daß sich diese „Neoliberalen“ ausdrücklich zu wesentlichen Prinzipien der päpstlichen Sozialenzykliken bekennen. — Nur Oswald von Nell-Breuning SJ. glaubt — ebenfalls im Rahmen dieser Tagung — „gegen Kernstücke der neoliberalen Konzeption grundsätzliche Einwendungen“ erheben zu müssen, wie etwa gegen ihren Freiheitsbegriff.

Auf die Auseinandersetzung mit der Idee der Freiheit als Recht und Pflicht kommt es heute

an. nicht deshalb, weil die Neoliberalen hier neben der katholischen Soziallehre bahnbrechende Arbeit geleistet haben, sondern weil dies schlechthin eine Forderung der heutigen Weltsituation ist. Den weltanschaulichen Kerngedanken, der den Neoliberalen zugrunde liegt, hat Theodor Pütz einmal kurz und bündig in die Worte gefaßt: „Die Wiederherstellung der persönlichen Freiheit auf wirtschaftlichem, politischem und kulturellem Gebiet7.“ Gerade für den österreichischen Katholizismus gilt die wahrhaft christliche Katholikentagsparole „F ü r die Freiheit und Würde des Menschen“ nicht nur für den politischen und den kulturellen Bereich, sondern auch für den der Wirtschaft!

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