Die internationale Politik neigt in den letzten Monaten sehr dazu, durch mangelnde Aktionsfähigkeit die Kosten von Schuldenkrisen in die Höhe zu treiben, anstatt sie zu senken. Europas Politiker beispielsweise müssen auf sommerlichen Notgipfeln zu Entscheidungen gezwungen werden, die seit mehr als einem Jahr dringend und für alle Welt ersichtlich anstehen. Dass in Brüssel wieder nur ein wackeliger Behelf für Griechenland zustande kam, wird in ein paar Monaten die nächsten Milliarden kosten. Dann nämlich, wenn die Finanzmärkte durch Risikoaufschläge den pleitierenden Staaten noch ein paar Milliarden mehr abpressen werden, die dann Investoren und Gläubigerbanken zufließen. Dieses Geld ist verbranntes europäisches Steuergeld, gespeist aus der eklatanten Unfähigkeit legistische und politische Vorkehrungen zu treffen, welche die Stabilität der Euro-Zone sichern.
Die US-Politik und insbesondere die Republikaner haben sich offenbar daran ein Beispiel genommen. Seit Juni verhandelt man ohne Ergebnis über die Erhöhung der Schuldenobergrenze. Die Risikoaufschläge für US-Staatsanleihen sind wegen dieser Blockade in den vergangenen Tagen über drei Prozent gestiegen. Für den Staat bedeutet das Milliarden an zusätzlichen Kosten.
Bizarrer Streit um Schulden
Es ist ein bizarrer Streit: Die USA haben ihre Schuldenobergrenze in den Jahren seit 1970 um gezählte 79 Mal erhöht. Dass damit nun Schluss sein soll, ist ja ein grundsätzlich nachvollziehbarer Ansatz. Auf dieser Forderung aber ausgerechnet während eines drohenden Konjunktureinbruchs der nationalen Wirtschaft und hysterisch-nervöser Finanzmärkte zu bestehen, hat schon etwas von russischem Roulette mit voller Revolvertrommel.
Eine teilweise Zahlungsunfähigkeit der USA würde Schockwellen durch die globalisierte Wirtschaft schicken, deren negative Effekte unabsehbar sind. Dabei läge die Lösung der "Krise“ auf der Hand. Die USA brauchen nicht nur eine höhere Schuldengrenze, um über die aktuelle Notlage hinwegzukommen. Gleichzeitig müssen sie massiv sparen, wie die Republikaner es fordern und die Steuern auf obere Einkommen erhöhen, wie die Demokraten das planen: Man muss also ohnehin das eine tun ohne das andere zu lassen.
Der Fluch der Tea-Party
Grund für das Blockier-Bestemm der Republikaner ist nicht nur, dass Barack Obama möglichst keine Erfolge zugestanden werden sollen. Die Ursache liegt auch in einem Charakterzug der "Tea-Party-Bewegung“, dem Leitforum konservativer US-Politik: Man schwadroniert jenseits der Realität. Entsprechend ist das Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge in einem erbarmungswürdigen Zustand.
Man braucht nur einmal zu hören, wie Sarah Palin die Einkaufserlebnisse ihres Gatten ("Oh Mann, ist der Schokoriegel teuer!“) mit dem Budgetplan der USA in Beziehung setzt um zu erkennen wie weit der geistige Verfall der Republikaner vorangeschritten ist.
Palin und ähnliche Figuren allein wären dabei gar nicht so sehr das Problem. Populisten dieser Art hat es immer gegeben. Viel schwerer wiegt, dass den Republikanern derzeit eine Autorität fehlt, die der Dummheit Einhalt gebieten könnte. Politiker vom Schlag eines Bob Dole, die wissen, wann der Hang zum Neinsagen zum Bumerang für Partei und Nation wird.
Die Welt lebt derzeit von der Hoffnung, dass die Politik der USA noch vor dem 2. August zur Besinnung kommt. Doch selbst wenn es diese Einigung geben wird - ein Paradigmenwechsel in der Politik ist längst überfällig, in den USA und in Europa. Es sollte sich herumsprechen, dass der Beruf Politiker nicht bloss Freiraum für Geltungssucht und Intrige darstellt, sondern Verantwortungsgefühl erfordert. Bei derart entscheidenden historischen Momenten ist keine Eigenschaft schädlicher als Naivität und Dummheit.
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