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Eine teure Brücke in den Norden Europas ALIENS WÜNSCHE AN ÖSTERREICH

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Am 6. Mai wird in Rom ein Symposion „Österreich und ItaHen: gemeinsame Chancen in einem neuen Europa" veranstaltet. Welche Probleme hat Italien mit Österreich?

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Am 6. Mai wird in Rom ein Symposion „Österreich und ItaHen: gemeinsame Chancen in einem neuen Europa" veranstaltet. Welche Probleme hat Italien mit Österreich?

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Sowohl Premier Carlo Azeglio Ciampi als auch Außenminister Nino Andreatta versicherten die Bundesregierung bei ihren jüngsten Arbeitsbesuchen in Wien Mitte und Ende Jänner in überzeugender Weise von der Wichtigkeit, die Itahen dem österreichischen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft Š feeimißt, würde doch dadurch unter anderem die Apenninenhalbinsel aus ihrer Halbrandposition im Süden des Gemeinschaftsraums wesentlich näher an dessen geographischen Zentralplatz rücken.

Der österreichische Botschafter in Rom, Emil Staffelmayr, erklärte jüngst auf einem Österreich-Seminar, es sei wohl keine Übertreibung zu behaupten, „daß ItaHen ein grundsätzliches Interesse (in puncto EU-Beitritt Österreichs) an der Verwirklichung der ,Brücke zum Norden’ habe. Allein schon dank seiner geographischen Lage würde die geo-politische Eingliederung Österreichs in die Gemeinschaft den europäischen Zusammenhalt festigen".

Und es schrieb der Journalist Sandro Ottolenghi in der Zeitschrift „Dossier Europa" über Wiens Aufnahmebestrebungen, „die österreichische Ausdauer sei ein gutes Omen für Europa … Die Tatsache, daß Österreich diesen Drang nach Europa verspürt, ist - unbeschadet aller ökonomischen und politischen Überlegungen - ein wichtiger Punkt zugunsten der Gemeinschaft". Ottolenghi unterstreicht auch die Bedeutung Österreichs in seiner Brücken-funktion nicht nur von Süden nach Norden, sondern ebenso zwischen der EU und dem Osten. Immerhin ist Österreich, so der Journalist, inzwischen zum zweitgrößten Handelspartner des östlichen Teils des Kontinents nach Deutschland aufgestiegen. Irisgesamt jedoch wickeln sich fast 70 Prozent der österreichischen Aus- und Einfuhren mit den Ländern der EU ab, wobei statistisch Italien an zweiter Stelle nach Deutschland rangiert, wie Botschafter Staffelmayr auf dem Seminar darlegte.

Ungeachtet aller noch so glaubhaft und zuverlässig klingenden Lippenbekenntnisse bleiben dennoch die brisanten Sach- themen und Details auf dem Tapet, über die in Brüssel hektisch verhandelt wurde. In erster Linie betrifft dies den Transitverkehr durch Österreich, der für Italiens Exportwirtschaft geradezu lebenswichtig ist. Zwar hat Rom den von Österreich mit der EU 1992 nach dem Ökopunktekriterium geschlossenen Transitvertrag mit zwölfjähriger Laufzeit natürlich mit akzeptiert, und ein Großteil der italienischen, am intereuropäischen Straßenfrachtverkehr beteiligten Fuhrunternehmer rüstete daraufhin die LKW auf umweltfreundlichere Motortechnik um. Aber der Ausgang der am vorletzten Sonntag in der Schweiz stattgefundenen Volksabstimmung, wonach binnen eines Jahrzehnts der Gütertransport von der Straße auf die Schiene verlegt werden sojlj hat hierzulande neuerlichen Unmut ausgelöst, wenngleich Itahen durchaus Verständnis für die österreichischen Umweltsorgen aufbringt. Andererseits aber fragt man sich: Warum Ausnahmeregelungen „nur" für Österreich?

Schon haben die Dachverbände der zirka 40.000 italienischen Transporteure kalkuliert, daß nach Wegfall der Schweiz die Umwege über Österreich beziehungsweise Frankreich eine Kostensteigerung von fast 5,5 Milliarden Schilling jährlich ausmachen würden. Daher regte Verkehrsminister Raffaele Costa bereits eine Generalkonferenz aller einschlägigen Ressortchefs der EU an zur Revision der nach dem Schweizer Volksentscheid wieder strittig gewordenen Transitabkommen, um Diskriminierungen - besonders gegenüber Italien - von vorneherein abzustellen.

Ebenso wehrt sich Italien gegen Sonderabmachungen im Bereich der EU-Agrarpolitik. Auch hier sollten im Zuge des gemeinsamen Binnenmarktes ausnahmslos gleiche Rechte und Pflichten gelten, ist Roms Standpunkt. Weniger bedeutsam für Italien ist hingegen die Frage Grunderwerb und Zweitwohnsitz in Österreich, von der allenfalls Südtiroler oder Friauler betroffen sein würden. Höchstwahrscheinlich wäre Rom mit der von Wien vorgeschlagenen dreijährigen Übergangslösung einverstanden.

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