"Eingeschränkte Globalisierung schafft Elend"

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Regisseur Peter Krieg über die Gründe den Film "Septemberweizen" zu drehen und seine Ansichten zur Globalisierungsdiskussion.

Die Furche: Was hat Sie damals inspiriert, den Film "Septemberweizen" zu machen?

Peter Krieg: Ich habe mich bereits Mitte der 1970er Jahre mit dem Thema Hunger beschäftigt. Das Thema war durch viele Hungersnöte in der Sahel-Zone und in Äthiopien mehr als aktuell. Durch mein Literaturstudium habe ich mich erinnert, dass Bertolt Brecht sagte, dass Hungersnöte nicht ausbrechen sondern veranstaltet werden. Das waren Gründe genug, um einen Film zu machen, der den Weg eines Grundnahrungsmittels vom Farmer bis zum Endkonsumenten aufzeigt.

Die Furche: Sie beschreiben in "Septemberweizen" Fakten, die heute Teil der Globalisierung sind. Hätten Sie damals gedacht, dass Sie derartig hellseherisch veranlagt sind?

Krieg: Ein Hellseher zu sein war nicht notwendig, denn die Globalisierung ist uralt. Es ist nur ein neuer Begriff erfunden worden. Der Film greift ja die Josefsgeschichte aus der Bibel auf (Hungersnot in Ägypten; Anm.) und selbst damals gab es ja schon Handel mit China.

Die Furche: Was hat sich verändert, wenn Sie den Film mit den heutigen Problemen bei der Nahrungsmittelverteilung vergleichen?

Krieg: Der Film entstand aus der Weltanschauung der 68er-Bewegung heraus und teilt sich in zwei Hauptaspekte: den Markt und die Politik. Wobei ich finde, dass die Politik heute stärker eingreift und Globalisierung verhindert als noch 1980. Wenn man sich Josef ansieht, so war er im alten Ägypten sicherlich ein Politiker und kein Marktteilnehmer, der die absolute Staatsherrschaft wollte.

Die Furche: Viele denken aber gerade, dass es zu viel Liberalismus gibt und die Globalisierung schadet …

Krieg: Alles was an Handelseinschränkungen durch Zölle und dergleichen passiert, hat verheerende Auswirkungen auf die Entwicklungsländer und hemmt diese in ihrer Entwicklung. Vom Einschränken der Globalisierung gehen Elend und Not aus, nicht vom Freihandel.

Die Furche: Damit dieses System funktioniert, muss es aber doch Handel zwischen zwei gleich starken Parteien geben …

Krieg: Es war der Finanzminister von Ludwig XIV., der diese Idee des Merkantilismus in die Welt setzte. Seit dem 18. Jahrhundert wissen die Ökonomen allerdings, dass komparative Vorteile dazu führen, dass beide Seiten profitieren. England, das im 19. Jahrhundert einseitig viele Zölle abgeschafft hat, ist hierfür ein gutes Beispiel. Grundvoraussetzung ist, dass der Handel freiwillig zustande kommt, denn man treibt nur Handel, wenn man sich einen Vorteil daraus verspricht. Doch diese Meinung ist nicht weit verbreitet, denn die ökonomische Ignoranz ist zu groß in den Gesellschaften. Auch ich habe begonnen Ökonomie zu studieren und brach schnell ab, um Filme zu machen. Heute denke ich, es wäre besser gewesen, das Ökonomie-Studium vorher abzuschließen.

Die Furche: Wenn allerdings subventionierte Lebensmittel aus der EU nach Afrika gelangen, dann zerstören sie dort den lokalen Markt, oder sehen Sie das anders?

Krieg: Die Subventionen müssen natürlich fallen. Es geht nicht an, dass die EU ihre Lebensmittelproduktion subventioniert und dann mit Dumpingpreisen nach Afrika verschifft, das hat nichts mit echter Globalisierung zu tun.

Das Gespräch führte Thomas Meickl.

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