"Eliten sind nicht homogen"

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Der Netzwerkforscher Michael Katzmair im Gespräch.

Die Furche: Wie definieren Sie Elite?

Michael Katzmair: Eliten kontrollieren und regeln den Fluss von vier essenziellen Ressourcen: Geld, Wissen, Beziehungen und Reputation. Sie haben einen kostengünstigeren Zugang als andere zu diesen Ressourcen bzw. Kapitalien, weil sie sich im Zentrum des Netzwerkes befinden.

Die Furche: Wie setzen sich die Eliten in Österreich zusammen?

Katzmair: Eliten sind keineswegs abgeschottet. Im Gegenteil, sie sind mitten im Geschehen. Außerdem sind sie nicht homogen, sondern sehr divers. Ein Banker trifft auf einen Mediziner, ein Mediziner trifft auf einen Anwalt, ein Anwalt auf einen Manager. Genau das macht ihre Stärke aus. Sie können ganz unterschiedliche Kanäle anzapfen und sehr flexibel auf Anforderungen reagieren.

Die Furche: Können Sie Beispiele für solche Elitenetzwerke nennen?

Katzmair: Das beste Beispiel dafür sind die Rotarierclubs. Bei denen gibt es die Beschränkung, dass nur zwei Vertreter einer Profession dabei sein dürfen, um die Diversität zu vergrößern. Beispielhaft sind auch die Beiräte von außeruniversitären Forschungsinstitutionen und Organisationen wie WIFO, IWI (Industriewissenschaftliches Institut) und Industriellenvereinigung. In diesen Beiräten treffen Menschen aus getrennten Bereichen aufeinander. Dabei werden die unterschiedlichen Kapitaliensorten konvertiert: Geld wird gegen Wissen, Wissen gegen Beziehungen getauscht. Und es sind wieder dieselben Personen, die da aufeinanderstoßen und fachübergreifende Beziehungen festigen.

Die Furche: Wie viele Personen gehören in Österreich zu diesen Eliten?

Katzmair: Das sind weniger als zehntausend Personen.

Die Furche: Haben Außenstehende eine Chance, in solche Netzwerke hineinzukommen?

Katzmair: Es ist wie im Casino. Um in ein Elitenetzwerk hineinzukommen, braucht man Eintrittskapital. Nur so kommt man als Tauschpartner in Frage und darf mitspielen. Die Zugangskosten zu den Kapitalien sind für Außenstehende aber viel höher. Dementsprechend schwer ist das Ansammeln. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass es jemand von unten nach oben in die Eliten schafft. Die Eliten durchmischen sich bloß neu.

Das Gespräch führte Karl Vogd.

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